Versicherungswirtschaft warnt vor Gefahren durch IT-Mängel im Homeoffice

Schon seit März haben Unternehmen und Millionen Beschäftigte in Deutschland Erfahrungen mit dem Homeoffice gesammelt - dennoch warnt die deutsche Versicherungsbranche vor weiterhin massiven IT-Sicherheitslücken beim Arbeiten zu Hause. Das Homeoffice sei Monate nach Beginn der Corona-Pandemie ein "großes Einfallstor für Betrüger oder Cyberkriminelle", erklärte am Mittwoch der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Grund dafür sei etwa, dass laut einer Umfrage derzeit knapp 60 Prozent der Angestellten im Homeoffice berufliche Aufgaben auch mit privaten Laptops, Tablets oder Smartphones erledigten.

Zehn Prozent verschicken demnach geschäftliche E-Mails von ihrer privaten Adresse. 22 Prozent nutzten den Onlinedienst Whatsapp für die berufliche Kommunikation. Private Geräte und E-Mail-Konten seien jedoch "in aller Regel schlechter geschützt als die firmeneigene IT", erklärte Peter Graß, GDV‑Experte für Cybersicherheit. "Dadurch verlieren Unternehmen die Kontrolle über ihre IT‑Sicherheit und damit über die Sicherheit ihrer Daten." Auch Betrügern werde damit das Handwerk erleichtert.

Auch ihre Regeln zu IT-Sicherheit, Datenschutz und Compliance hätten bislang wenige Unternehmen auf das Arbeiten im Homeoffice angepasst. Nur jeder fünfte Befragte berichtete den Angaben zufolge von zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen. Für fünf Prozent der befragten Angestellten seien im Homeoffice sogar Sicherheitsmaßnahmen weggefallen. 14 Prozent sagen, dass sie Compliance- und Sicherheitsregeln im Homeoffice nicht vollständig befolgen könnten und sie daher "flexibel" handhabten.

"Es ist völlig normal, dass mit dem plötzlichen Umzug ins Homeoffice im Frühjahr viele Sicherheitsroutinen erst einmal verlorengegangen sind", kommentierte GDV-Fachmann Graß. "Wer aber bis heute seine Prozesse noch nicht an die neue Situation angepasst hat, handelt fahrlässig." Für die Umfrage wertete das Institut Yougov im Auftrag des GDV Antworten von rund 2000 Arbeitnehmern aus.

Laut einer weiteren Umfrage befürwortet eine knappe Mehrheit der Berufstätigen eine Homeoffice-Pflicht für die Dauer der Pandemie. 52 Prozent der mehr als 1500 befragten Berufstätigen sind der Ansicht, dass ausschließlich im Homeoffice gearbeitet werden sollte, solange die Corona-Krise anhält, wie der Digitalverband Bitkom mitteilte.

Der Digitalverband forderte von den Arbeitgebern stärkere Anstrengungen, den Beschäftigten auch mittelfristig das Arbeiten von zu Hause aus zu ermöglichen. "Die in vielen Unternehmen und vor allem in den Verwaltungen noch weit verbreitete Präsenzkultur ist in Corona-Zeiten ein absoluter Anachronismus", erklärte Bitkom-Präsident Achim Berg. Homeoffice nur von Weihnachten bis Silvester, wie von Bund und Ländern gefordert, sei zu wenig. "Die Politik sollte jetzt Homeoffice nicht nur von den Unternehmen einfordern, sondern vor allem in ihrem originären Verantwortungsbereich - der Verwaltung - in aller Breite einführen."