Klöckner will eigenes Modell zur Nährwertkennzeichnung entwickeln lassen

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) will ein eigenes Modell zur vereinfachten Darstellung des Nährwertgehalts in Nahrungsmitteln entwickeln. Wie das Ministerium am Donnerstag mitteilte, beauftragte Klöckner das Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel (Max-Rubner-Institut) damit. Die Ernährungsforscher sollen das neue System dann zusammen mit bestehenden Modellen in einer Verbraucherbefragung testen.

Klöckner begründete den Vorstoß damit, dass die EU-Kommission bei der Erarbeitung einer europäischen Lösung nicht vorankomme. Sie bringe den Prozess deshalb nun auf nationaler Ebene voran.

Die aktuelle Situation sei nicht befriedigend. "Denn umfangreiche Nährwerttabellen können zwar detailliert Informationen für den Kenner liefern, aber im Verbraucheralltag ist das für viele zu kompliziert, verwirrend und nicht praktikabel", erklärte sie. "Kaum ein Konsument studiert beim Einkauf ausführlich die Verpackungsrückseite. Dabei kann eine optisch klare und einfache Kennzeichnung auf der Vorderseite helfen."

Die Lebensmittelindustrie und Verbraucherverbände streiten schon seit Jahren über die Einführung von Lebensmittelampeln. Erst am Donnerstag hatte der Industrieverband Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL) ein eigenes Modell vorgestellt: Einfarbige Kreisdiagramme sollen die Mengen an Kalorien, Fett, Zucker und Salz eines Produkts im Verhältnis zur empfohlenen Tagesmenge für einen durchschnittlichen Erwachsenen darstellen.

Den Unternehmen ist wichtig, dass ihr Modell Lebensmittel nicht in gut und schlecht unterteilt. "Eine subjektive Bewertung, beispielsweise durch die Verwendung von Ampelfarben, die den Verbrauchern eine Empfehlung suggerieren, lehnt der BLL angesichts unterschiedlicher Ernährungsgewohnheiten und -vorlieben ab".

Die Verbraucherorganisation Foodwatch kritisierte, dass die Industrielobby damit Verwirrung stiften wolle. Eine einfarbige Kennzeichnung habe laut einer Studie der französischen Regierung "praktisch keinen Einfluss auf das Einkaufsverhalten." Die Lösung für eine verbraucherfreundliche Nähwertkennzeichnung liege mit der Nutriscore-Ampel längst auf dem Tisch.

Der Nutriscore ist ein fünfstufiger Farbcode von Grün nach Rot, den etwa Frankreich, Belgien und Spanien unterstützen. Dabei werden verschiedene Inhaltsstoffe wie Salz, Zucker und Fruchtgehalt mit Punkten bewertet und zu einem Score verrechnet. In Deutschland haben die Hersteller Danone und Iglo angekündigt, künftig den Nutriscore auf ihren Verpackungen abzubilden.

Laut Klöckner ist keines der Modelle gut. Das BLL-System sehe "wichtige Informationen optisch vereinfacht vor, aber die schnelle Orientierung und Bewertung ist dadurch noch nicht gegeben". Umgekehrt liefere aber auch der Nutriscore verwirrende Ergebnisse: "Hier irritiert, dass ein Menü aus Pommes-Frites, Schnitzel und einem Light-Softgetränk durch den dahinterstehenden Nutriscore-Algorithmus eine positive, grüne Bewertung (B) bekäme."

Sie habe sich mit dem Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) und dem BLL nun darauf geeinigt, die Verbraucher durch eine Befragung "mitentscheiden zu lassen, was ihnen im Alltag am meisten Orientierung geben könnte". Klöckner ist bei jeder Form einer Lebensmittelampel auf die Mitwirkung der Industrie angewiesen, weil sie die Unternehmen nach derzeitigem EU-Recht nicht dazu verpflichten kann, diese auch auf ihre Packungen zu drucken.