Spahn will Apotheken-Gesetz trotz europarechtlicher Zweifel ins Kabinett bringen

Das Bundeskabinett will am Mittwoch wichtige Neuregelungen in der Gesundheitspolitik auf den Weg bringen: Neben der Masern-Impflicht will die Ministerrunde auch die Gesetzentwürfe zu den Vor-Ort-Apotheken und zum Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) verabschieden. Dabei geht es unter anderem um das europarechtlich umstrittene Rabattverbot für ausländische Online-Apotheken, mit dem Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nach eigenen Angaben für einen fairen Wettbewerb sorgen will.

Für verschreibungspflichtige Medikamente gilt in Deutschland eigentlich eine Preisbindung. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte Online-Apotheken aus dem EU-Ausland aber 2016 erlaubt, deutschen Kunden Rabatte einzuräumen. Spahns Entwurf sieht nun vor, ein Rabattverbot im Sozialgesetzbuch zu verankern, für das die EU nicht zuständig ist.

Dem "Handelsblatt" zufolge hat das Justizministerium seine europarechtlichen Bedenken gegen den Entwurf allerdings nicht fallen gelassen. Wenn der Gesundheitsminister das Gesetz unbedingt ins Kabinett bringen wolle, liege das in seiner Verantwortung, heiße es im Ministerium. "Spahn geht das volle Risiko", sagte SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach der Zeitung.

Das Gesetz sieht auch eine bessere Vergütung von Nacht- und Notdiensten der Apotheker vor. Außerdem soll ihnen die Möglichkeit eingeräumt werden, im Rahmen von regionalen Modellvorhaben Erwachsene gegen Grippe zu impfen. "Die Apotheke vor Ort ist für viele Menschen ein Stück Heimat", verteidigte Spahn gegenüber dem "Handelsblatt" seinen Entwurf.

Insgesamt drei Gesetzesentwürfe will Spahn dem Kabinett am Mittwoch vorlegen. Sein Gesetz zur Reform des MDK sieht vor, dass dieser organisatorisch von den Krankenkassen abgekoppelt wird und als Körperschaft des öffentlichen Rechts unter dem Namen Medizinischer Dienst (MD) fungiert. Von der Neuerung erhofft sich der Minister mehr Orientierung am Patientenwohl.

Damit soll der Kritik Rechnung getragen werden, der MDK agiere nicht wirklich unabhängig. Der MDK prüft zum Beispiel Anträge von Versicherten für bestimmte Leistungen und erstellt Gutachten. Er ist auch für die Einstufung von Pflegebedürftigen in die verschiedenen Pflegegrade zuständig.

Spahn erhofft sich von der Neuregelung eine Stärkung der Patientenrechte. "Durch die organisatorische Unabhängigkeit von den Kassen wird der Medizinische Dienst an Glaubwürdigkeit gewinnen", sagte er den Zeitungen des Redaktionsnetzwerkes Deutschland (RND) vom Dienstag. "Denn Patienten haben ein Recht auf neutrale und transparente Prüfung ihrer Leistungsanträge."

Spahns dritter Entwurf betrifft die Einführung einer Impfpflicht gegen Masern. Sie soll in Kitas und Schulen ab März kommenden Jahres gelten. Für bereits aufgenommene Kinder sollen ärztliche Nachweise bis 31. Juli 2020 vorgelegt werden müssen. Das gilt auch für Erzieher und Lehrer.

Bei Impfverweigerern drohen ein Ausschluss vom Kita-Besuch und Bußgelder von bis zu 2500 Euro bei Schulkindern - wegen der Schulpflicht kann hier kein Ausschluss angeordnet werden. Eine Impfpflicht soll es dem Entwurf zufolge auch in Flüchtlingsunterkünften sowie für Tagesmütter geben.