Journalistenverband besorgt über Auswertung von Handydaten in Corona-Krise

Der Deutsche Journalistenverband (DJV) sieht die Auswertung von Handydaten im Kampf gegen die Corona-Pandemie kritisch. Er sei "besorgt" über eine entsprechende Vereinbarung zwischen der EU und acht großen Telekommunikationsunternehmen, erklärte der DJV am Donnerstag. "Es ist auf jeden Fall problematisch, wenn elektronische Kommunikationsdaten und Bewegungsprofile von Journalistinnen und Journalisten ausgewertet werden", erklärte der Verbandsvorsitzende Frank Überall.

Am Mittwoch war bekannt geworden, dass acht Telekommunikationsbetreiber - darunter die deutsche Telekom, Vodafone und Telefonica - der EU-Kommission Handydaten zur Verfügung stellen werden. Es handle sich um "anonymisierte und aggregierte" Massendaten, sagte ein EU-Vertreter. Wissenschaftler der EU-Kommission sollen damit Algorithmen zur Analyse der Pandemie erarbeiten, um die Verbreitung des neuartigen Coronavirus besser vorhersehen zu können.

"Ob sich mit Hilfe der Datennutzung Corona besiegen lässt, müssen die Spezialisten auf diesem Gebiet beurteilen", erklärte der DJV-Vorsitzende Überall. Handydaten sowie Standort- und Bewegungsprofile von Journalisten müssten aber schnellstmöglich wieder gelöscht werden. Die Pandemie-Bekämpfung bringe bereits eine weitgehende Einschränkung von Grundrechten mit sich. "Das kann nicht grenzenlos so weiter gehen", warnte Überall.

In Deutschland hat die Telekom dem Robert-Koch-Institut (RKI) bereits Massendaten aus der Auswertung von Funkmasten zur Verfügung gestellt. Das RKI will damit die Wirksamkeit der Maßnahmen der Bundesregierung zur Einschränkung sozialer Kontakte untersuchen. Medienberichten zufolge wird dies in Italien, dem am schlimmsten von der Pandemie betroffenen Land der EU, ebenfalls bereits getan.

Viele asiatische Länder und besonders China gehen bei der Auswertung persönlicher Daten mit neuen Technologien zur Bekämpfung von Covid-19 noch deutlich weiter. Die chinesischen Technologie-Riesen Alibaba und Tencent haben Handy-Anwendungen entwickelt, die auf Basis von Bewegungs- und Interaktionsprofilen das Risiko einer Infizierung mit dem Virus bewerten und farblich darstellen. In mehreren Städten müssen sich Menschen mittlerweile mit dieser App "ausweisen", um etwa die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen zu dürfen.

In Singapur und Südkorea wurde die Auswertung von Standortdaten bei der Durchsetzung von Ausgangssperren genutzt. Was die Kommission nun plane, habe aber nichts damit zu tun, was in diesen Ländern getan worden sei, versicherte der EU-Vertreter. "Es ist in keiner Weise ein Versuch, die Bewegung von Menschen individuell nachzuvollziehen." Das Vorgehen stehe zudem im Einklang mit den europäischen Regeln für den Schutz persönlicher Daten.