EU-Gipfel ruft vor Europawahl zur Abwehr von Falschinformationen auf

Die Gefahr politischer Manipulation durch Falschinformationen im Internet bereitet den EU-Chefs zwei Monate vor der Europawahl weiter Sorge: Private Anbieter wie Online-Plattformen und soziale Netzwerke müssten "höhere Standards von Verantwortung und Transparenz gewährleisten", heißt es in einem Beschluss, den die Staats- und Regierungschefs am Freitag auf ihrem Gipfel in Brüssel verabschiedeten. Sie riefen darin zu "anhaltenden und abgestimmten Anstrengungen zum Schutz der demokratischen Systeme in der EU" auf.

Die EU-Chefs drängten die Internetunternehmen in dem Beschluss, einen im vergangenen Jahr vereinbarten Verhaltenskodex "vollständig umzusetzen". Dieser Kodex fordert die Internet-Firmen insbesondere auf, Verbreitern von Falschinformationen in Online-Angeboten Werbeeinnahmen zu entziehen, politische Werbung klar zu kennzeichnen und gegen den Missbrauch automatisierter Bots zur Verbreitung von Fake News vorzugehen.

Bei der Abwehr von Falschinformationen sei in den vergangenen Monaten "wichtige Arbeit" geleistet worden, heißt es in den Schlussfolgerungen des Brüsseler Gipfels. Es bedürfe aber weiterer "koordinierter Anstrengungen", um "europäische und nationale Wahlen in der EU zu schützen". Desinformationskampagnen stellten für die EU eine "unmittelbare und langfristige Bedrohung" dar.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte zum Abschluss des Gipfels, das Bewusstsein für Manipulationsversuche sei inzwischen "geschärfter". In Deutschland würden Bundesbehörden und Bundeswahlleiter "aufpassen, dass hier keine Wahlbeeinflussungen stattfinden".

Die EU-Kommission hatte den freiwilligen Verhaltenskodex gegen Fake News im September mit Google, Facebook und Twitter vereinbart. Erst vor drei Wochen allerdings warf die Kommission den großen Online-Netzwerken unzureichende Bemühungen im Kampf gegen Falschinformationen und politische Beeinflussung vor.

Der aus Estland stammende Vize-Kommissionspräsident Andrus Ansip hatte im Dezember vor allem vor Einflussversuchen Russlands gewarnt. Dort sei Desinformation "Teil der Militärdoktrin und seiner Strategie, den Westen zu spalten", sagte er.

Seit der US-Präsidentschaftswahl 2016 stehen die Online-Netzwerke unter verstärktem Druck: Die US-Geheimdienste gehen davon aus, dass Russland auch über sie eine koordinierte Manipulationskampagne zur Beeinflussung der Wahl führte.

Ähnliche Vorwürfe gab es auch im Zusammenhang mit dem Brexit-Referendum von 2016 in Großbritannien und der britischen Parlamentswahl im Juni 2017. EU-Vertreter gehen davon aus, dass es solche Manipulationsversuche auch in Zusammenhang mit der bevorstehenden Europawahl gibt.