ratiopharm ulm beendet seine Niederlagenserie

Mit Willen und Heckmann zum Sieg

So kann das Jahr 2021 beginnen! Head Coach Jaka Lakovic, der nach seinem in Crailsheim erlittenen Muskelfaserriss in der Wade auf Krücken coachte, hätte sich wahrscheinlich ein bisschen weniger Dramatik gewünscht, dafür waren die Emotionen nach dem hart umkämpften sechsten Ulmer Erfolg in der easyCredit BBL um so größer.

Kapitän Per Günther brüllte seine Freude Kollege Klepeisz ins Gesicht und auch Lakovic war erleichtert. „Der Sieg gibt uns die Möglichkeit, kurz durchzuatmen. Ich glaube, dass wir aus den drei vorangegangenen Partien, zwei Spiele hätten gewinnen können. Der Schlüssel zum Erfolg heute lag in meinen Augen im vierten Viertel. Dort ist es uns gelungen, gut zu verteidigen und Energie und Siegeswillen zu zeigen“, so der Slowene. Besonders glücklich konnte der Coach darüber sein, dass sein Team – das insgesamt auf starke 21 Assists kam – den Ball insbesondere bei der Aufholjagd im vierten Viertel teamdienlich laufen ließ. Angeführt von Tommy Klepeisz und Isaiah Wilkins, die beide vier Assists zustellten, brachte sich ratiopharm ulm immer wieder in gute Wurfpositionen. Der spielentscheidende Wurf von Patrick Heckmann – ein Dreier 17 Sekunden vor dem Ende zum finalen 73:72 – war freilich so nicht geplant. „Den letzten habe ich einfach geworfen. Tommy hat mich super freigespielt und ich wusste, dass die Shotclock kurz vor dem Ende war. Der musste einfach drauf“, so Heckmann über seinen erst vierten erfolgreichen Dreier (4/14) der aktuellen Saison.

Es gibt viele Gründe, warum die Partie zwischen den Telekom Baskets und ratiopharm ulm an diesem 11. Spieltag Zuschauer verdient hätte. Da wären die Playoff-artige Intensität der zweiten Halbzeit, oder die fast nicht auszuhaltende Spannung der Schlussphase. Die Rückkehr von Chris Babb – der schließlich Teil der Ulmer Rekord-Mannschaft von 2017 war – ist nur einer dieser Gründe. Dabei hätte dieser Babb seinem Ex-Team fast den Abend versaut. Mit sechs von zehn Dreiern – zwei davon in Folge – erwischte der Scharfschütze einen blendenden Abend. Deutlich besser als in der vergangenen Saison, als die Fans bei Babbs erster Rückkehr an alter Wirkungsstätte noch dabei sein durften. Damals traf der Amerikaner im Trikot von Promitheas Patras keinen einzigen seiner neun Dreierversuche und die Griechen gewannen im EuroCup dennoch. Wenngleich die Fans beim 150sten Uuulmer Erfolg in der ratiopharm diesmal nicht dabei sein durften, können sie mit einem starken Babb und einem Sieg von ratiopharm ulm sicher besser leben.

Den Rucksack von drei Niederlagen in Folge sah man den Spielern in der Anfangsphase deutlichen an (5:14, 6. Minute). Mit nur einem Erfolg bei acht Versuchen aus dem Feld machte es ratiopharm ulm den Gästen zu einfach. Insbesondere Demitrius Conger hatte zu Beginn (0/5) überhaupt kein Fortune. Ganz anders Bonns Topscorer Strahinja Micovic (4/5), der das erste Viertel (13:22) dominierte und zehn seiner insgesamt 15 Punkte erzielte. Doch je länger die Partie dauerte, desto lockerer wurde das Handgelenk der Gastgeber – was bei Geisterspielen ja nicht ungewöhnlich ist. Mit zwei schnellen Dreiern (Obst, Holman) brachte sich ratiopharm ulm wieder in Reichweite (21:26, 13.). Und als dann Klepeisz einen weiteren Distanzwurf versenkte und Günther im Fastbreak ebenfalls gewissenlos aus der Distanz abdrückte – und traf – lag ratiopharm ulm in der 14. Minute erstmals in Führung (27:26). Wenngleich die Führung bis zum Viertelende noch dreimal wechselte und die Bonner mit einem 35:41-Vorsprung in die Halbzeit gingen, hatte Jaka Lakovic im zweiten Viertel deutlich häufiger Gelegenheit, seine verletzte Wade zu entspannen.

Die zweite Halbzeit begann ratiopharm ulm mit einem anderen Gesicht – nämlich mit vier defensiven Stopps in Folge. So war es die gute Ulmer Verteidigung, die Klepeisz in der 23. Minute von der Freiwurflinie zur erneuten Führung seiner Mannschaft ummünzte (42:41). Dann war auf einmal richtig Alarm. Nach einem unsportlichen Foul von DiLeo an Günther und dem erneuten Ausgleich (46:46), begleiteten die Bonner Bankspieler jede Aktion auf dem Parkett mit frenetischem Applaus. Und der vierte und fünfte Dreier von Babb lieferte den Gästen Grund zum Jubeln (46:52, 27.). Und der Bonner Run hielt an: Zunächst durch einen weiteren Dreier, dann durch eine Offensiv-foulverdächtige Aktion, die in einem Dreipunkt-Spiel für die Gäste endete (48:58). So musste ratiopharm ulm – wie schon nach dem ersten Viertel – erneut einem deutlichen Rückstand hinterherlaufen. Allerdings unter erschwerten Bedingungen bzw. mit nur noch zehn Minuten auf der Spieluhr. Und die Ulmer nahmen die Herausforderung an! „Creating by sharing the ball“ hatte Lakovic vor dem Spiel gefordert und in den folgenden zwei Angriffen setzten seine Spieler das par excellence um: So war es ein 10:0-Run, der das Spiel bei sieben Minuten auf der Uhr noch einmal ganz knapp machte. Und auch als Babb seinen sechsten Dreier versenkte, hatten die Ulmer jetzt die Antwort – nämlich ebenfalls aus der Distanz durch Klepeisz (63:63). Als dann Osetkowski nach einem ganz langen Schritt den nächsten Ausgleich markierte – und Bonns Coach Jovovic auf Schrittfehler plädierte und mit einem technischen Foul belangt wurde, versenkte Obst den fälligen Freiwurf zur ersten Ulmer Führung seit Anfang des 3. Viertels (66:65, 37). Doch die Crunch Time hatte ja noch gar nicht begonnen. Nach dem achten Ausgleich und dem anschließenden achten Führungswechsel der Partie (70:72), unterlief den Ulmern zunächst ihr 12. Ballverlust, ehe Osetkowski 30 Sekunden vor dem Ende einen wichtigen Rebound sicherte. Dann war es Heckmann, der vom linken Flügel und im 90 Gradwinkel Maß nahm und seinen ersten Game-Winner im Ulmer Trikot versenkte.