ratiopharm ulm: Unentschieden im Halbfinale gegen Ludwigsburg

Mehr Spannung geht nicht

45 Jahre lang gab es in der Basketball Bundesliga kein Unentschieden mehr. Der Modus aus Hin- und Rückspiel war eigentlich ausgestorben, ehe er beim Finalturnier 2020 ein Comeback in München feierte. Was die Spannung anbelangt, war es ein gute Entscheidung, das „Altertümchen“ wieder reaktiviert zu haben. Denn nach dem 71:71-Unentschieden im ersten Halbfinale erwartet ratiopharm ulm am Dienstag ein „Do-or-die“-Spiel. Wer gewinnt, steht im Finale – wer verliert, muss abreisen. In einem umkämpften ersten Halbfinale mit vielen Rebounds und wenig Treffern, hatte ratiopharm ulm sechs Minuten vor dem Schluss mit acht Punkten geführt, ehe Ludwigsburg mit einem Run den 13. Führungswechsel der Partie erzwang. Der überragende Derek Willis brachte sein Team mit seinem zweiten Dreier zwar noch einmal in Front, ehe der ansonsten unauffällige Thomas Wimbush den Ausgleich erzielte. Sollte es am Dienstag nach 40 Minuten immer noch unentschieden stehen, geht das Spiel in die Verlängerung. Weitere Details und Analysen gibt es im Uuulmer Echo am Montag um 19 Uhr live auf YouTube und Facebook.

Im Fokus:
Normalerweise würde Jaka Lakovic sich über 42 Rebounds seiner Mannschaft – 19 am offensiven Brett – nicht beschweren. Auch Ludwigsburgs Trainer John Patrick könnte mit der bloßen Anzahl an Rebounds, die seine Spieler eingesammelt hatten – nämlich ebenfalls 42 – zufrieden sein. Dass beide Trainer das eigene Rebounding trotzdem kritisierten, lag an der jeweiligen Stärke des Gegners. Während Derek Willis (14), Patrick Heckmann (8) und Archie Goodwin (7) für drei Viertel der Ulmer Rebounds verantwortlich waren, sammelten Marcos Knight (11) und Jonas Wolfarth-Bottermann (9) zusammen die Hälfte der Ludwigsburger Boards ein. In Spiel zwei verfolgen beide Teams dasselbe Ziel: Die Rebounds der Gegner reduzieren und gleichzeitig die Anzahl der Rebounder im eigenen Team erhöhen. „Allein Wobo hatte sieben Offensivrebounds. Wenn wir das besser machen, haben wir eine gute Chance, das zweite Spiel zu gewinnen“, sagt Patrick Heckmann.

Geheimnisse gibt es in Serien gegen Ludwigsburg ja nicht, das hatte Per Günther bereits vor der Partie bei MagentaSport gesagt: „Die Frage ist, wie schnell wir uns auf die Intensität der Ludwigsburger einstellen.“ Im ersten Viertel war das dann auch der Punkt, der die Ulmer am meisten beschäftigte. Die aggressive Ludwigsburger Verteidigung ließ ratiopharm ulm zunächst in keinen Rhythmus kommen, was sich auch an den ersten sechs verworfenen Dreiern ablesen ließ. Ganz im Gegensatz dazu Nick Weiler-Babb: Mit seinem dritten Dreier hob er den Vorsprung auf plus zehn (17:7, 7. Minute). Wenngleich ratiopharm ulm bis zum Viertelende auf 14:21 verkürzen konnte, war es die Ludwigsburger Athletik, die den Riesen nicht nur auf dem Scoreboard, sondern auch beim Rebounding (14:10) einen Vorsprung verschaffte. In Punkto Härte hielt Patrick Heckmann mit Vehemenz dagegen: Defensiv machte er einen guten Job gegen Wimbush und offensiv verkürzte er den Rückstand mit vier Punkten in Serie auf 22:23. Als dann die Dreier auf Ulmer Seite zu fallen begannen (Klepeisz, Willis), führte ratipharm ulm erstmals nach der ersten Minute (28:25, 16.). Doch Ludwigsburg gelang es weiterhin, das Tempo zu drosseln: Angeführt von Weiler-Babb, der sowohl von außen, als auch per Dunk abschloss, legten die Riesen einen 6:0-Run hin und gingen mit einer Zwei-Punkte-Führung in die Halbzeit (36:34). Dass ratiopharm ulm trotz einer 32-prozentigen Feldwurfquote gut im Spiel war, lag auch an den zehn Rebounds, die Willis nach zehn Minuten gesammelt hatte.

„Hoffnung macht mir, dass viele der Leistungsträger unter ihren Möglichkeiten geblieben sind“, sagte Sportdirektor Thorsten Leibenath in der Halbzeitpause. Das änderte dann direkt Andreas Obst mit einem Dreier, ehe die Partie durch viele Offensivfouls ihren Rhythmus verlor. Während die Intensität auf beiden Seiten enorm hoch war, wechselte die Führung im dritten Viertel hin und her, ehe ratiopharm ulm gegen Ende des Viertels als erstes Team wieder seinen Rhythmus fand: Nachdem Ludwigsburg zunächst zum Überschreiten der 24-sekündigen Angriffszeit gezwungen wurde, gelang den Ulmern ein 9:3-Run zum 56:52 nach 30 Minuten. Der erste Punch im Schlussviertel gehörte erneut ratiopharm ulm. Unermüdlich am offensiven Brett arbeitend fischte sich Goodwin den 20. Ulmer Offensivrebound und stellte von der Freiwurflinie die höchste Führung her (66:57, 34.). Doch Ludwigsburger setzten zum Gegenschlag an: Mit einem 8:0-Run verkürzten sie zunächst auf minus eins, ehe sie in der 37. Minute die Führung übernahmen (69:68). Der überragende Willis, der an seinem 23sten Geburtstag mit 19 Punkten Topscorer war, brachte sein Team mit einem Dreier ein letztes Mal in Führung, ehe Ludwigsburg ausglich und ratiopharm ulm bei noch 2,6 Sekunden erneut in Ballbesitz kam, das Spiel aber nicht mehr gewinnen konnte.

O-Ton:
Jaka Lakovic: „Wir haben solide gespielt, gut verteidigt, aber unsere Chancen in der Offensive zu wenig genutzt. In Spiel zwei müssen wir also besser treffen, weiter stark verteidigen und vor allem besser rebounden.“
Derek Willis: „Es war eines der Spiele, die dich an ein Football- oder Rugby-Match erinnern: Wer den Sieg mehr will, gewinnt. In diesem Bereich haben beide Teams einen guten Job gemacht. Wir müssen in Spiel zwei besser rebounden – hier hat uns Marcos Knight gekilled.“

Und sonst?
„Support von Dahoim“ nennt Fan Attack Ulm seine Kampagne, bei der der Ulmer Fanclub die Fans dazu aufruft, Selbstportraits von den Wohnzimmerspielen zu posten. „Da wir leider keine Heimspielatmosphäre in München verbreiten können und so keine große Aktion unter den aktuellen Umständen starten können, wollen wir unseren Support mit einer Aktion von zu Hause aus zeigen“, schreibt der Fanclub auf seiner Facebookseite. Unter den virtuellen Unterstützern ist auch Karin Eigenmüller, die ihren Bildschirm mit zwei Flaggen und einer großen Trommel aus der ratiopharm arena geschmückt hat.