Landkreis Neu-Ulm: Streuobstwiese als Gedenkstätte für früh gestorbene „Sternenkinder“
Eltern bei der Trauer helfen
„Du bist nicht mehr hier und doch bist du bei uns – immer!“ Diesen Satz hat Anna-Maria Böswald aus Tapfheim (Landkreis Donau-Ries) auf das Deckblatt eines Flyers des Vereins „Ster-neneltern Schwaben“ geschrieben, den sie zusammen mit ihrem Mann Bernd gegründet hat. Vier Kinder haben die bei-den kurz vor oder nach deren Geburt verloren. Sie sind soge-nannte Sterneneltern von Sternenkindern. Für sie gibt es nun westlich von Biberach (Gemeinde Roggenburg) einen Erinne-rungswald mit Sternchenbäumen.
Bei dem Grundstück handelt es sich um eine Ausgleichsfläche, die das Staatliche Bauamt Krumbach im Auftrag des Freistaates Bayern angekauft hat. Hier ist das Ehepaar Böswald bei ihrer Suche nach einem neuen Erinnerungswald fündig geworden. Nachdem die 148 Sternchenbäume im ersten Erinnerungswald der „Sterneneltern Schwaben“ in Wemding (Donau-Ries) innerhalb von nur zwei Jahren alle vergeben waren, war für Anna-Maria und Bernd Böswald schnell klar: „Es muss weitergehen.“
Auf seiner Suche nach einem geeigneten Grundstück wandte sich der Verein „Sterneneltern“ auch an das Landratsamt Neu-Ulm. Dort wurde Rudolf Siehler mit der Angelegenheit betraut. Er schaltete Klaus Burkart ein, den Leiter des Sachgebiets Naturschutz und Landschaftsplanung im Staatlichen Bauamt Krumbach. Und so nahmen die Dinge ihren Lauf.
Das Ehepaar Böswald hat auch zwei lebende Kinder - Lean (12) und Jorin (2), den man „Regenbogenkind“ nennt, weil er nach Sternenkindern geboren wurde. Vom neuen Erinnerungswald sind sie alle vier begeistert. Das wellige, abschüssige Gelände „spiegelt den Verlauf der Trauer nach dem Tod des eigenen Kindes schön wider“, erklärt Anna-Maria Böswald. „Total passend“ sei auch die „idyllische Lage“ am Waldrand.
Dort finden Sterneneltern aus dem Landkreis Neu-Ulm und der Umgebung einen Ort der Trauer und des Gedenkens für ihre Sternenkinder. Sie werden dort jedoch nicht bestattet. „Bis auf zwei Exemplare der Weißenhorner Birne ist jede der seltenen Apfel- oder Birnensorten einmalig auf der neu angelegten Streuobstwiese, ebenso einmalig wie jedes einzelne verstorbene Kind“, erläutert Rudolf Siehler.
„Jeder gepflanzte Baum wächst symbolisch für ein verstorbenes Kind, das wir nicht aufwachsen oder weiterwachsen sehen dürfen. Und jedes einzelne Bäumchen trägt somit zur Trauerbewältigung im Einklang mit dem Naturschutz bei“, ergänzt Anna-Maria Böswald.
Wer die Sternenkinder-Streuobstwiese künftig pflegt und die Früchte erntet, ist noch nicht ganz geklärt, aber der einheimische Obst- und Gartenbauverein Biberach-Asch hat positive Signale ausgesendet. Vorsitzende Agnes Meichelböck zeigte sich bei einem Ortstermin „sehr interessiert“.
In den ersten zwei Jahren wird noch Kreisgartenfachberater Rudolf Siehler den Schnitt übernehmen. Danach soll die Pflege der Streuobstwiese weiter aus einer Hand erfolgen. Am Obst-Ertrag, der laut Siehler nach etwa zehn Jahren erstmals anfällt, sollen die Sterneneltern beteiligt werden.
Wer ebenfalls Mutter und Vater eines totgeborenen oder kurz nach der Geburt verstorbenen Kindes ist, kann sich beim Verein „Sterneneltern Schwaben“ melden und sich für einen Sternchenbaum im neuen Erinnerungswald in Biberach bewerben. Die Sterneneltern erhalten dann jeweils ein Bäumchen, auf dem eine Plakette mit dem Vornamen des Sternenkindes angebracht wird und das sie individuell schmücken können.