Bauch über Herz: Kolumne über Familie und andere Abenteuer

Schicksale.

Dass es mit Kindern nicht ganz so romantisch abläuft wie die Werbung uns das verkaufen möchte, haben wir uns schon gedacht. Das Kleine kreischt morgens vor Lachen, weil die Windel 12 Stunden!!! (Echt, hat das mal wer getestet?) trocken gehalten hat. Und der erste Brei ist ein Fest – Logo kein Problem, Onkel Klaus hat die Möhrchen vorher ja alle probiert und die Flecken, die vor lauter Lachen (natürlich) auf Mamas Shirt gelandet sind, gehen jetzt auch im Kaltwaschgang und mit weniger Waschmittel und Energieverbrauch wieder raus. Jupi!!!

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Bild: Dora Rauch
Aber manchmal kommt es eben anders und vor allem anders als gedacht.
 
Mein Kleiner war gerade einmal sechs Wochen alt, als er anfing, im Schlaf ungewohnte Geräusche von sich zu geben. Ich fand das jetzt nicht so beunruhigend. Auch die darauffolgende Heiserkeit nicht – Hat sich wohl erkältet. Kein Fieber, kein Husten, wie schlimm kann’s dann schon sein? Ich werde meiner Freundin ewig danken, die meinte, der Kleine klingt echt nicht so gut. Deine Große klagt doch seit gestern über Halsweh? Mein Sohn nämlich auch. Ich fahre mit euch jetzt mal in die Praxis, wir lassen allen in den Hals schauen und dann geht´s zum Restaurant mit dem großen M am Anfang.
 
Leider wurde aus dem großen M nichts, denn dann ging es direkt ins große N wie Notaufnahme. Und einem unerwarteten Krankenhausaufenthalt. Mit K wie Kinderstation bis hoch zum I für intensiv. Noch ein I für intubiert, E für extubiert – Diesmal ein echter Notfall, Ratlosigkeit.
 
Einzige Option Luftröhrenschnitt? Mit dem Hinweis entscheiden Sie sich schnell, es ist ernst. Vermutlich hat der Arzt sich riesig gefreut, als die Schwester mir erklärte, woran ich am Monitor erkennen würde, wenn sie der Zustand bessert und man besagte OP absagen könne. Also wurde diese Zahl nun beschworen und besungen und hypnotisiert. Jeder, der heult, rausgeschickt –Schlecht für den Energiefluss. Und ich würde euch jetzt gerne erzählen, plötzlich wurde alles gut!
Aber das ist es nicht.
 
Und dann kam der Moment, an dem ich wusste, es wird auch nicht passieren – Alle Wunder sind leider momentan vergriffen. Also machten wir unseren Frieden mit der Situation sowie allen Konsequenzen und ich wusste einfach, es ist das einzig Richtige.
 
Keine 24 Stunden später sollte der Eingriff stattfinden und ich wollte nur kurz einen Kaffee holen, als mir ein bekanntes Gesicht im Aufzug gegenüberstand. Der Mann einer Freundin, die mir erst zwei Wochen zuvor überhaupt von ihrer Schwangerschaft erzählt hat. Wir sahen sicherlich beide aus wie aus einem schlechten Film, während ich versuchte, meine Gedanken zu sammeln und er mir eine Spritze unter die Nase hielt und etwas stammelte „Frühstück für meinen Sohn“.
 
Ok, es gibt keine Zeugen dieser mit Sicherheit verstörenden Begegnung und ob das wirklich genauso abgelaufen ist, kann heute keiner von uns mehr mit Sicherheit sagen. Nur eines ist sicher, eine Nacht zuvor hatten die beiden ihren Sohn bekommen – 23. Woche 520 Gramm. Ein Extremfrühchen, Ausgang ungewiss...