Zölle und der EZB-Entscheid: Weitere Leitzinssenkung in Sicht

Nach der März-Sitzung des Rats der Europäischen Zentralbank (EZB) schien eine Zinspause beim Treffen am Donnerstag nicht ausgeschlossen. In der Zwischenzeit allerdings ist viel passiert: US-Präsident Donald Trump hob die Zölle für ausländische Importe an, senkte sie für vorerst 90 Tage wieder ab und erhöhte sie für China weiter. Gleichzeitig schwächte sich die Inflation im Euroraum im März auf 2,2 Prozent ab. Eine weitere Leitzinssenkung ist daher wahrscheinlicher geworden.

Trump hat mit seinem Zickzackkurs weltweit Unsicherheit ausgelöst: Börsen brachen ein, Wachstumsprognosen wurden gesenkt. Auswirkungen hat das auch auf die Arbeit der obersten Währungshüter. "Mit Trumps 'Tag der Befreiung' ist die Aufgabe der EZB um einiges komplizierter geworden", erklärt Dirk Schumacher, Chefvolkswirt der KfW. Es bestehe kein Zweifel daran, dass sich die Zölle auf das Wachstum auswirken - für eine angemessene Bewertung des Ausmaßes indes sei es noch zu früh.

Trump hat zwar sehr hohe Zölle für eine Reihe von Ländern für zunächst 90 Tage auf zehn Prozent reduziert. Für die EU bedeutet das eine Halbierung des zuvor angekündigten Zollsatzes. Es ist dennoch einen bedeutend höheren Aufschlag auf Exporte in die USA als zuvor.

Gleichzeitig ging die Inflation im Euroraum zuletzt weiter zurück, das Zwei-Prozent-Ziel der EZB ist in greifbarer Nähe. "Die Entwicklung zeigt, dass mögliche inflationäre Tendenzen aufgrund der US-Zollpolitik aktuell nicht im Vordergrund stehen", erklärt Florian Pfaffinger, der dem Expertenrat des Darlehensvermittlers Dr. Klein angehört. Auch er rechnet damit, dass die höheren Zölle eher die Konjunktur ausbremsen.

Beide Experten gehen von einer weiteren Leitzinssenkung um 0,25 Prozentpunkte aus. Danach müsse die EZB die Entwicklung abwarten. "Sollte es beispielsweise einen Deal zwischen den USA und der EU geben, würde dies die Ausgangslage für weitere Zinsentscheide womöglich verändern", sagt Pfaffinger.

Bis Oktober 2023 hatte die EZB die Leitzinsen als Reaktion auf die hohe Inflation schrittweise angehoben. Der zentrale Einlagezins, der auch für Sparerinnen und Sparer wichtig ist, lag zwischenzeitlich bei 4,0 Prozent. Im vergangenen Juni senkte die Notenbank die Leitzinsen dann erstmals. Nach einer Pause im Juli folgten dann im September, Oktober, Dezember und auch bei den ersten Sitzungen in diesem Jahr die nächsten Schritte nach unten. Aktuell liegt der zentrale Leitzins bei 2,5 Prozent.