BGH-Urteil erschwert Kontrolle von Beitragserhöhungen für privat Krankenversicherte
Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat zugunsten von Versicherungsunternehmen entschieden und privat Krankenversicherten die Überprüfung von Beitragserhöhungen erschwert. Nach einem am Mittwoch verkündeten Urteil muss der Versicherer nicht im Detail vorrechnen, in welcher Höhe und aus welchen Gründen er auf Rückstellungen zurückgegriffen hat, um anstehende Beitragserhöhungen zu begrenzen. (Az. IV ZR 68/22)
Im Streitfall geht es um Beitragserhöhungen im Tarif Q der Axa Krankenversicherung 2017 im Umfang von knapp 159 Euro monatlich. Der Kläger aus Berlin meint, die Erhöhung sei insgesamt unwirksam, weil dem Treuhänder zur Überprüfung nicht alle Unterlagen vorgelegen hätten.
Hintergrund ist, dass private Krankenversicherer bei Beitragserhöhungen in zwei Schritten vorgehen: Zunächst berechnen sie, wie viel zusätzliches Geld nötig ist, etwa wegen höherer Leistungsauszahlungen oder einer gestiegenen Lebensdauer. Im zweiten Schritt prüfen sie, in welchem Umfang sie auf Rücklagen zurückgreifen können, um die Beitragserhöhungen zu begrenzen, die sich aus der "Nachkalkulation" ergeben. Diesem Zugriff auf die Rücklagen muss ein unabhängiger Treuhänder zustimmen.
Hierzu urteilte nun der BGH, dass in diesem zweiten Schritt "lediglich besonders schwerwiegende Verstöße gegen die schutzwürdigen Interessen der Versicherten" ein gerichtliches Eingreifen rechtfertigen können. Sofern die Nachkalkulation im ersten Schritt den gesetzlichen Anforderungen genügt, bleibe diese bei einem Fehler der Beitragsbegrenzung in zweiten Schritt unberührt.
Als Konsequenz kann sich nach dem Karlsruher Urteil nicht die Unwirksamkeit der ganzen Beitragserhöhung, sondern allenfalls ein Anspruch auf eine stärkere Begrenzung dieser Erhöhung ergeben. Dabei trage der Versicherungsnehmer die Beweislast, dass die "Limitierungsentscheidung" den gesetzlichen Anforderungen nicht genügt. Dabei müsse der Versicherer nur die Parameter vortragen, die zu seiner Entscheidung geführt haben, nicht aber ein konkretes "Limitierungskonzept".
Nach diesen Maßgaben soll nun das Kammergericht Berlin neu über den Streit entscheiden.
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