Frieren für die Gesundheit: Was bringen Kältekammern und Co.?

Zahlreiche Effekte...

In den letzten Jahren hat die Kältetherapie, auch Kryotherapie genannt, zunehmend an Popularität gewonnen. Von Spitzensportlern bis hin zu Wellness-Enthusiasten – viele schwören auf die heilende Kraft der Kälte. Doch was steckt hinter diesem Trend? Welche gesundheitlichen Vorteile verspricht die Kältetherapie und für wen ist sie geeignet?

cropped-1732444634-bildschirmfoto-2024-11-24-um-11.36.33
Bild: stock.adobe
Was ist Kältetherapie?
Die Kältetherapie umfasst eine Reihe von Behandlungsmethoden, bei denen Kälte gezielt eingesetzt wird, um gesundheitliche Vorteile zu erzielen. Dabei kann die Kälte lokal auf bestimmte Körperbereiche angewendet werden, etwa durch Eisbeutel, Kältesprays oder spezielle Kältepackungen. Eine modernere und intensivere Form ist die Ganzkörper-Kältetherapie (GKKT), bei der der gesamte Körper für kurze Zeit extrem niedrigen Temperaturen ausgesetzt wird – typischerweise in einer Kältekammer bei Temperaturen von bis zu -120 Grad Celsius.

Die Idee, Kälte für therapeutische Zwecke zu nutzen, ist jedoch keineswegs neu: Bereits in der Antike setzten Ärzte wie Hippokrates Kälte ein, um Schmerzen zu lindern und Entzündungen zu behandeln. Diese frühen Anwendungen, wie Kälteumschläge oder Eisbäder, legten den Grundstein für die moderne Kältetherapie, die heute in verschiedenen Bereichen der Medizin und im Wellness-Sektor Anwendung findet.

Wie wirkt die Kältetherapie?
Der Effekt der Kälte auf den menschlichen Körper ist durchaus beeindruckend und gleichzeitig sehr vielfältig. Durch die schnelle Abkühlung der Haut kommt es zu einer sogenannten thermalen Schockreaktion. Die Blutgefäße verengen sich, was zu einer Verringerung des Blutflusses in die betroffenen Körperbereiche führt. Gleichzeitig verlagert sich der Stoffwechsel in den Körperkern, um die lebenswichtigen Organe zu schützen. Dieser Mechanismus bewirkt eine Reihe von positiven Effekten:

1. Schmerzlinderung: Die Kälte verringert die Aktivität der Nervenzellen und damit die Schmerzempfindlichkeit – besonders hilfreich ist das bei akuten Verletzungen wie Prellungen oder Verstauchungen.

2. Entzündungshemmung: Durch die Verengung der Blutgefäße und die Reduzierung des Stoffwechsels in den betroffenen Gebieten wird die Produktion von Entzündungsmediatoren gehemmt, was zu einer deutlichen Abschwächung von Entzündungen führen kann.

3. Muskelentspannung: Die Kälte senkt die Muskelspannung, was vor allem bei Muskelverspannungen oder Krämpfen wohltuend wirkt.

4. Anregung der Durchblutung: Nach der anfänglichen Verengung der Blutgefäße kommt es zu einer verstärkten Durchblutung, sobald der Körper wieder auf Normaltemperatur erwärmt wird. Das fördert die Heilung und Regeneration von Gewebe.

5. Stärkung des Immunsystems: Darüber hinaus können regelmäßige Kälteanwendungen das Immunsystem stimulieren und die Widerstandskraft des Körpers gegen Infektionen erhöhen.

Über die akuten Effekte hinaus soll das Ganze aber auch langfristige Vorteile für die Gesundheit haben. Studien deuten darauf hin, dass der Körper durch wiederholte Kälteeinwirkung seine Stressresistenz erhöht. Das liegt daran, dass sich der Organismus mit der Zeit an extreme Temperaturen gewöhnt, was die sogenannte Kälteanpassung fördert. Diese Anpassung führt zu einer verbesserten Regulierung des Nervensystems und einer gesteigerten Fähigkeit, auf Stressfaktoren – wie zum Beispiel Temperaturwechsel – zu reagieren. Ebenso soll der Fettstoffwechsel langfristig gesehen dadurch in positiver Weise beeinflusst werden.

Einsatzgebiete der Kältetherapie
Kältetherapie findet in verschiedenen Bereichen Anwendung: von der Sportmedizin über die Rheumatherapie bis hin zur Behandlung von Hauterkrankungen und psychischen Beschwerden.

Sportmedizin und Regeneration
Im Leistungssport ist die Kältetherapie längst etabliert. Nach intensiven Trainingseinheiten oder Wettkämpfen nutzen Athleten die Kälte, um die Regeneration zu beschleunigen und Muskelkater zu lindern. Mehrere Studien haben gezeigt, dass die Kältetherapie die Entzündungsprozesse, die nach körperlicher Belastung auftreten, deutlich reduzieren kann. Auch vor dem Training kann die Kälte sinnvoll eingesetzt werden, um die Durchblutung zu fördern und die Gefäße auf die bevorstehende Belastung vorzubereiten.

Rheuma und chronische Schmerzen
Für Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Rheuma oder Arthritis kann die Kältetherapie eine erhebliche Erleichterung bringen. Durch die entzündungshemmende Wirkung der Kälte lassen sich Schmerzen lindern und die Beweglichkeit verbessern. Besonders bei schubartigen Verläufen, wie sie bei rheumatischen Erkrankungen häufig vorkommen, ist die Kältetherapie eine sinnvolle Ergänzung zur medikamentösen Behandlung.,

Hauterkrankungen
Auch bei der Behandlung von Hauterkrankungen wird Kälte erfolgreich eingesetzt. So kann beispielsweise die lokale Kältetherapie bei der Entfernung von Warzen, Akne oder Pigmentstörungen helfen. Durch die gezielte Vereisung werden die betroffenen Hautpartien zerstört, sodass sie nach und nach abheilen.

Psychische Gesundheit
Interessanterweise wird Kälte zunehmend auch zur Unterstützung der psychischen Gesundheit genutzt. Die extreme Kälte in Kältekammern löst die Freisetzung von Endorphinen und Adrenalin aus – das hebt die Stimmung und lindert möglicherweise depressive Verstimmungen. Des Weiteren berichten viele Anwender von einem gesteigerten Energielevel und einer besseren mentalen Fokussierung nach einer Kältetherapie-Sitzung.

Wie funktioniert eine Kältekammer?
Eine besondere, in den letzten Jahren immer populärer gewordene Form der Kältetherapie ist die Kältekammer, die besonders von Sportlern nach intensiven Aktivitäten genutzt wird. In einer solchen Kammer wird der Körper für kurze Zeit extrem niedrigen Temperaturen von bis zu -120 Grad Celsius ausgesetzt. Kältekammern sind oft in zwei bis drei Räume unterteilt, wobei man schrittweise in immer kältere Bereiche gelangt. Zwingend notwendig dabei ist Schutzkleidung für empfindliche Körperstellen, wie Handschuhe, Socken und eine Gesichtsmaske, um Erfrierungen zu vermeiden.

Die Sitzung dauert in der Regel nur zwei bis drei Minuten, da längere Aufenthalte schädlich sein könnten. Bereits durch diese kurze Zeit sorgen die extrem niedrigen Temperaturen für eine schnelle Schmerzlinderung und eine Verringerung von Entzündungen, indem die Schmerzrezeptoren betäubt und der Stoffwechsel verlangsamt wird. Zudem fördert ein Aufenthalt in der Kältekammer die Regeneration und verbessert das psychische Wohlbefinden durch die Freisetzung von Endorphinen. In vielen Städten gibt es mittlerweile mehrere Anbieter dafür – die Kosten für eine Sitzung in der Kältekammer liegen im Durchschnitt bei etwa 20 bis 50 Euro pro Sitzung, oft möglich und günstiger sind Mehrfachkarten oder Abonnements.

Tipps zur Vorbereitung und Nachsorge
Für eine erfolgreiche Kältetherapie ist es wichtig, sich gut vorzubereiten. Vor einer Sitzung in der Kältekammer sollte man etwa sicherstellen, dass man gesund ist und keine Kontraindikationen vorliegen – also etwa Diabetes, schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder ein Raucherbein. Mental kann es helfen, sich auf die extremen Temperaturen einzustellen, indem man sich vor Augen führt, dass der Aufenthalt in der Kälte nur wenige Minuten dauert und positive gesundheitliche Effekte haben kann.

Während der Sitzung ist es wichtig, ruhig zu bleiben und sich bewusst zu machen, dass die Kälte schnell vorbei ist. Nach der Therapie gilt es, den Körper langsam wieder aufzuwärmen, etwa durch leichte Bewegung oder warme Kleidung. Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr nach der Sitzung hilft zudem, den Stoffwechsel anzuregen und die Regeneration zu unterstützen.

Kältetherapie im Alltag: Auch ohne Kammer möglich?
Für alle, die die Kältetherapie ausprobieren möchten, gibt es auch einfache Methoden für den Alltag. Schon das Eintauchen der Hände in kaltes Wasser oder eine kurze kalte Dusche können ähnliche Effekte wie eine Sitzung in der Kältekammer hervorrufen. Besonders in der Kneipp-Therapie werden kalte Bäder und Wechselbäder seit Jahrhunderten erfolgreich eingesetzt, um das Immunsystem zu stärken und den Kreislauf zu aktivieren. Auch Kältesprays und Eispackungen, die bei Prellungen oder Verstauchungen eingesetzt werden, nutzen das Prinzip der Kältetherapie. Sie bieten eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit, lokal Schmerzen zu lindern und Schwellungen zu reduzieren.

Eisbaden: Der Trend zur natürlichen Kältetherapie
Ein weiterer Trend, der in den letzten Jahren an Popularität gewonnen hat, ist das Eisbaden. Dabei taucht man für kurze Zeit in eiskaltes Wasser ein, oft bei Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt. Eisbaden nutzt die gleichen Prinzipien wie die Kältetherapie in der Kammer und kann die Durchblutung fördern, das Immunsystem stärken und das allgemeine Wohlbefinden steigern – und ist dabei auch für so gut wie jeden leicht und kostenlos umsetzbar.

Vergleich mit anderen Therapien
Neben der Kältetherapie gibt es auch andere Therapien, wie beispielsweise die Wärmetherapie. Während Kälte vor allem bei akuten Entzündungen, Schwellungen und Schmerzen effektiv ist, eignet sich Wärme besonders bei chronischen Muskelverspannungen und zur allgemeinen Entspannung. Beide Methoden haben ihren festen Platz in der modernen Medizin und werden oft ergänzend eingesetzt. Ebenso könnten regenerative Verfahren wie Massagen, Akupunktur oder Elektrotherapie als Alternativen zur Kältetherapie betrachtet werden, wobei jede Methode spezifische Vor- und Nachteile hat – ganz abhängig von der jeweiligen Erkrankung oder dem Behandlungsziel.

FAZIT:
Die Kältetherapie hat sich als vielseitige Methode etabliert, um Schmerzen zu lindern, Entzündungen zu hemmen und das Wohlbefinden zu steigern. Ob in Kältekammern, als Kältespray, durch Eisbaden oder einfache Anwendungen im Alltag – die heilende Wirkung der Kälte bietet viele Vorteile. Mit entsprechender Vorsicht und Beratung kann sie eine wertvolle Ergänzung zu herkömmlichen Therapien sein und Körper sowie Geist nachhaltig stärken. |Text: Vera Mergle