Missbrauchsbeauftragter erschüttert über Dimension im Komplex Bergisch Gladbach

Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, hat sich erschüttert von der Dimension des Missbrauchsfalls in Bergisch Gladbach gezeigt. Im Bayerischen Rundfunk (BR) forderte Rörig am Dienstag die Ministerpräsidenten der Bundesländer auf, das Thema zur Chefsache zu machen.

"Jede Landesregierung sollte sich selbst ins Stammbuch schreiben: Wenn sie nicht das Maximale tut, um diese abscheulichen Verbrechen zu verhindern, dann setzt sie sich im Ergebnis der Duldung dieser scheußlichen Verbrechen aus", sagte Rörig. Deswegen müsse das Thema auf der Prioritätenliste nach ganz oben.

Nordrhein-Westfalen sieht Rörig als Vorbild für alle anderen Länder. "In Nordrhein-Westfalen ist der Kampf gegen sexuelle Gewalt an Mädchen und Jungen jetzt zur Chefsache erklärt worden." Er sprach von einer "nationalen Daueraufgabe". Als er die Zahlen zum Fall Bergisch Gladbach gehört habe, sei er "erschüttert" gewesen, "obwohl ich mich tagtäglich mit diesen dunklen Kapiteln unserer Gesellschaft befassen muss".

Im Zusammenhang mit dem Missbrauchskomplex Bergisch Gladbach gibt es nach Angaben des NRW-Justizministeriums inzwischen mehr als 30.000 unbekannte Tatverdächtige. Namentlich identifiziert sind bisher etwas mehr als 70 Tatverdächtige in ganz Deutschland.

Die Missbrauchsermittlungen hatten im vergangenen Oktober mit der Festnahme eines mutmaßlichen Täters in Bergisch Gladbach bei Köln begonnen - schnell wurde klar, dass der Fall größere Dimensionen haben könnte. Im Mai war ein erster Täter - ein 27 Jahre alter Soldat - zu zehn Jahren Haft verurteilt und auf unbestimmte Zeit in der Psychiatrie untergebracht worden.