Vom belächelten Außenseiter zum gefeierten Erfolgstrainer
Es gibt Erfolgsgeschichten, die wohl nur der Fußball schreibt. Ein ehemaliger Amateurfußballer, der dem eigenen Verein auch als Trainer treu bleibt, wird zur scheinbaren Interimslösung beim FC Augsburg, dem in der ersten Liga eigentlich niemand eine Chance gibt. Am (vorläufigen) Ende dieser Entwicklung stehen ein Sieg gegen den FC Bayern und Platz fünf in der Bundesliga-Tabelle, was den direkten Einzug in die Europa League bedeutet.
Markus Weinzierl wurde am 28. Dezember 1974 in Straubing geboren und begann seine aktive Fußballerkarriere in Passau (1993/94), von wo aus er zum SV Lohof (1994/95) wechselte. 1995 ging er dann zu den Amateuren des FC Bayern München und schaffte dort 1998/99 sogar den Sprung in den Profi-Kader. Es blieb jedoch ohne Einsatz bei der ersten Mannschaft in einem Pflichtspiel. Von München aus ging es zu den Stuttgarter Kickers, bei denen er von 1999 bis 2001 insgesamt 40 Partien in der Zweiten Bundesliga spielte und einen Treffer erzielen konnte. Nach einem Jahr in Unterhaching (vier Spiele, ein Tor) wechselte er 2002 zu Jahn Regensburg in die Regionalliga und stieg 2002 in die Zweite Liga auf. In Regensburg spielte er bis 2005, als ihn eine Knieverletzung zwang, seine aktive Spielerkarriere zu beenden. Danach blieb Weinzierl dem SSV Jahn als Co-Trainer erhalten und übernahm im Jahre 2008 die Mannschaft als Cheftrainer in alleiniger Verantwortung. Es gelang ihm, 2012 mit dieser Mannschaft in die Relegation zur Zweiten Liga einzuziehen und diese zu gewinnen. „Ich bin ins kalte Wasser gesprungen, geschwommen und nicht untergegangen“, das sagte der übrigens auch leidenschaftliche Skifahrer einmal über diese Zeit.
Markus Weinzierl wird Cheftrainer des FCA
Im Jahr 2011 nach einer im Jahr zuvor verpassten Chance in der Relegation (gegen 1. FC Nürnberg) hat der FCA den Aufstieg in die Erste Liga geschafft. Nachdem der damalige Erfolgstrainer Jos Luhukay danach dem Ruf der Berliner Hertha in Liga Zwei gefolgt war, verpflichtete der FCA zur großen Überraschung der Fachwelt ab 1. Juli 2012 den weithin unbekannten Markus Weinzierl als neuen Cheftrainer. Mit Stefan Reuter konnte dazu ein ehemaliger Nationalspieler und Weltmeister mit vielen internationalen Kontakten als Manager gewonnen werden. Weinzierl erhielt auch eine weitgehende Jobgarantie neben der Chance, den FCA weiterzuentwickeln. Eine seiner Stärken ist die Ehrlichkeit. Dazu kommt Ehrgeiz und Erfolgsorientiertheit. Seine Schwächen: Ungeduld und Impulsivität. So sieht er es zumindest. Gleich in seiner ersten Bundesligasaison wurde Weinzierls Geduld gehörig strapaziert. Denn der FCA stand lange Zeit auf einem Abstiegsrang und erst nach einer großen Aufholjagd blieb die Mannschaft in der Ersten Liga. Die Geduld der Vereinsführung zahlte sich aus: Weinzierl schaffte nicht nur den Klassenerhalt. Mit Reuter gemeinsam verstärkten sie den FC Augsburg seither Jahr um Jahr punktuell mit erschwinglichen Spielern, die hier Höchstleistungen abriefen. Weinzierls Spielsystem der Offensive machte den Verein zudem für junge Spieler interessant, die wie etwa André Hahn hier den Durchbruch schafften und zu wesentlich finanzkräftigeren Klubs wechseln konnten. Der Familienvater wollte sich nicht an diesen Lorbeeren ausruhen: „Wir wollen attraktiven und erfolgreichen Fußball spielen und das in der kommenden Saison wiederholen“.
Gemeinsam in die Europa League
In der vergangenen Saison nun schaffte Augsburg erstmals in der Klubgeschichte den Sprung in den europäischen Wettbewerb, wobei lange Zeit sogar von der Champions League geträumt werden durfte, was indes laut Weinzierl um einige Jahre zu früh gekommen wäre. Die Geduld und Ruhe der Vereinsoberen, ein glückliches Händchen bei Transfers, was sowohl Reuter als auch Weinzierl anzurechnen ist, und ein Spielsystem, das auf die Stärken der vorhandenen Spieler aufbaut, sind die Garanten für den im Grunde nicht überraschenden Erfolg des FCA.
Noch nie entlassen worden
Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal von Weinzierl: Er ist als einer der wenigen Trainer in der Bundesliga noch nie entlassen worden. Es verwundert daher nicht, dass er Angebote von stärkeren Vereinen wie kürzlich erst dem Schalke 04 dankend abgelehnt hat, nachdem er sich mit seiner Familie beraten hat. Sein größtes Hobby ist nämlich nicht der Fußball, sondern seine Familie, die weiterhin in Straubing wohnt. Weinzierls Vertrag wurde im April 2015 bis 2019 verlängert und darin ist auch keine Ausstiegsklausel.
Sehr bodenständig und ein Familienmensch
Weinzierl ist verheiratet und hat zwei Söhne mit acht und zehn Jahren, die er leider nur unregelmäßig sieht, sofern es sein Job zulässt. Das ist ihm klar gewesen, als er als Trainer beim FCA angefangen hat. „Trainer zu werden, spielte in seinen Planungen nach eigenem Bekunden lange keine Rolle. Eine Aussage, die zu seinem bodenständigen Auftreten passt“, so schreibt der FCA. „Ich bin ins kalte Wasser gesprungen, geschwommen und nicht untergegangen“, sagt der Trainer des Jahres 2014 selbst bescheiden über seinen erstaunlichen Werdegang.