Erster Speichel-Schwangerschaftstest

Spucke statt Pipi

Nach monatelangem Üben und nächtlichem Training ist der glorreiche Moment gekommen: Der Moment, in dem jede Frau sich einen zweiten Streifen erhofft, sich windet vor minutenlanger Qual des Wartens hinter verschlossener Badezimmertür – verschanzt und einsam, während der Mann an der selbigen Tür kratzt und klopft, mit pochendem Herz, schweißgebadet. Bislang konnte die Probenentnahme für einen Schwangerschaftstest meist nur hinter verschlossenen Badezimmertüren durchgeführt werden. Doch bald soll dieser epochale Moment auch auf der gemeinsamen Couch mit dem Partner möglich sein. 

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Ein neu gegründetes Unternehmen hat einen Schwangerschaftstest entwickelt, der mit dem weiblichen Speichel eine Schwangerschaft erkennen kann: Den „Salistick“. Wie dieser funktioniert, wo er herkommt und was es sonst noch dazu zu sagen gibt, berichten wir Ihnen auf diesen schmucken Seiten. Einmal in die Hände gespuckt – und los.

Wo wurde der Schwangerschaftstest entwickelt?
Wir befinden uns im Nahen Osten: Das israelische Start-up „Salignostics“ hat die Vision, in Europa einen Schwangerschaftstest per Speichel zur Eigennutzung daheim auf den Markt zu bringen. Der sogenannte „Salistick“ sei weltweit der erste Schwangerschaftstest auf Speichelbasis, lautet der O-Ton des Unternehmens. Das Team des 2016 gegründeten Konzerns besteht aus Experten in den Bereichen Speichelforschung, Technologieentwicklung und Geschäftsentwicklung. Nach Angaben von Salignostics kann der neue Test das Schwangerschaftshormon Beta-hCG (β-hCG ) mit großer Genauigkeit im Speichel identifizieren. Das Unternehmen habe außerdem klinische Tests mit mehr als 300 Frauen in Israel und mehrere tausend analytische Tests durchgeführt und abgeschlossen. Das Start-up vertritt den Standpunkt, dass die Speichelprobenahme eine zugängliche, nicht-invasive, sichere und einfache Benutzererfahrung ermögliche, die sich ideal für Heim- und Selbstdiagnoseanwendungen eigne.

Wie funktioniert der Test?
Das Produkt arbeitet ähnlich wie ein herkömmlicher Urin-Schwangerschaftstest. Doch anstatt dezent auf der Toilette zu verschwinden und wird der neue Speicheltest einfach zuerst mit dem saugfähigen Stäbchen am rosa Griff in den Mund genommen und danach in den schmalen, weißen Testbehälter gesteckt. Nun wird das Schwangerschaftshormon β-hCG erfasst. Binnen Minuten erscheinen auf einer Anzeige ein Streifen für ‚nicht schwanger‘ oder zwei Streifen für ‚schwanger‘. Nice to know:  Speichel enthält laut dem Start-up über 5.000 identifizierte Proteine. Mit ausgeprägter Überlappung mit Blut gilt er als zweitwichtigste Körperflüssigkeit für die Diagnostik.

Wie sicher ist der Test?
Nach Herstellerangaben kann der Test vom ersten Tag der ausbleibenden Periode verwendet werden. Nach früheren Angaben hat er eine Sensitivität von 95 Prozent und eine Spezifität von 97 Prozent. Was bitte sehr ist eine Sensitivität? Berechtige Frage: Diese gibt an, wie gut ein Test eine Schwangerschaft erkennt. Die Spezifität besagt, wie viele Frauen, die nicht schwanger sind, als solche erkannt werden. Das Produkt habe eine CE-Kennzeichnung erhalten, so hieß es. Was bedeutet das genau? Mit dem CE-Zeichen versichern Hersteller die Einhaltung europäischer Schutz- und Qualitätsstandards. Obacht: Für sichere und unverfälschte Ergebnisse sollen die Damen vor der Nutzung des Salisticks mindestens 30 Minuten keine Nahrung oder Getränke zu sich nehmen.

Gibt es ähnliche Schwangerschaftstests?
Nein. Der Salistick ist – sollte er in diesem Jahr auf den Markt kommen – bisher der Pionier auf diesem Gebiet. Es gibt etliche Marken an Schwangerschaftstest. Alle verwenden bei der Testung Urin oder Blut. Die gängigsten Markennamen sind Clearblue mit einer ansehnlichen Palette an Auswahlmöglichkeiten: Über eine Nutzung von fünf Tagen vor Ausbleiben der Periode bis hin zur genauen Wochenanzeige bietet das bekannte Unternehmen eine großzügige Produktauswahl an. Die stabilen und großen Tests werden meist einzeln verkauft und liegen preislich im Bereich von ungefähr Zehn Euro, je nachdem wie ausführlich oder genau die Anzeige (k)einer Schwangerschaft ist. Merkmal dieser Tests: Die Testspitze, mit welcher der Urin aufgefangen werden soll, ist großzügig und breit um die Handhabung auf dem hiesigen Lokus zu erleichtern. 

Die Marke One+Step verfolgt eine andere Strategie und hat sich auf Frühschwangerschaftstests mit einer hohen Teststreifenbreite spezialisiert. Hier gibt es meist zehn Teststreifen oder mehr in einer Verpackung. Bei diesem Produkt wird der Urin in einem sterilen Behältnis aufgefangen und der Teststreifen bis zur Markierung hineingeführt. Da es sich um einfache, aber wirkungsvolle Tests handelt, liegen diese zum Beispiel im Zehner-Pack bei ca. vier Euro (je nach Anbieter). Aber eines haben tatsächlich alle gemeinsam, auch der neue Speicheltest: Das Warten.

Die Kosten
Der Salistick soll zwischen zehn und 13 Euro kosten. Das würde ihn etwas teurer als herkömmliche Urin-Tests machen, jedoch befindet sich der Stick fast im selben Preissegment und sei somit wettbewerbsfähig, laut Salignostics.

Der Markt der Schwangerschaftstests
Sollten Sie dem weiblichen Geschlecht angehören: Welchen Tests würden Sie persönlich bevorzugen? Einen Urin- oder einen Speicheltest? Nach einer Marktumfrage des Unternehmens Salignostics würden 68 Prozent der Frauen einen Speicheltest gegenüber dem herkömmlichen Urintest bevorzugen. Nur elf Prozent der befragten Damen würden zum bisherigen Prozedere für die Toilette greifen. Ganze 21 Prozent zeigten keine Präferenz. Laut der Herstellerseite des Salisticks werden global jedes Jahr rund 840 Millionen Schwangerschaftstests verkauft. Damit ist dieser Markt ca.  zwei Milliarden US-Dollar schwer. 

Wann wird der Test veröffentlicht?
Nach Angaben des Herstellers soll der Salistick 2023 in Europa auf den Markt kommen. Wir sehen auf unser Kalenderblatt – April. Ein paar Monate sind demnach noch Zeit.

FAZIT:
Es wird interessant: Speichel scheint eine unterschätze Körperflüssigkeit zu sein, die nun – sollte der darauf basierte Test auf dem Markt erscheinen – den Benutzerinnen in der Handhabung eine neue Freiheit verschaffen könnte. Der Salistick scheint eine Lücke im mächtigen Schwangerschaftstest-Markt gefunden zu haben. Erste Umfragen zeigen reges Interesse an der neuen und innovativen Form der Speicheltestung. Da läuft uns bereits das Wasser im Mund zusammen. Und wieder heißt es: Warten. |Text: Stefanie Steinbach