Einführung EU-weiter Sammelklagen endgültig beschlossen

Die Einführung von EU-weiten Sammelklagen ist final beschlossen. Das EU-Parlament billigte am Dienstag eine Einigung mit den Mitgliedstaaten vom Sommer, wonach Verbraucher künftig überall in der EU gemeinsam juristisch gegen Unternehmen vorgehen können. Die neue Richtlinie tritt damit in einigen Wochen in Kraft, die 27 EU-Staaten haben anschließend zwei Jahre Zeit, um ihre nationale Rechtslage entsprechend anzupassen, und weitere sechs Monate um sie anzuwenden.

Die Richtlinie sieht vor, dass künftig "qualifizierte Stellen" stellvertretend für Verbraucher Ansprüche auf Schadenersatz, Preisminderungen oder Ersatzlieferungen auch grenzüberschreitend einklagen können. Dafür müssen die Mitgliedstaaten mindestens eine kompetente Stelle benennen und finanziell ausstatten. In einigen Ländern bestand die Möglichkeit für Verbraucher, kollektiv gegen Unternehmen vorzugehen, bislang grundsätzlich nicht

In Deutschland können Verbraucherschützer zwar bereits mit einer Musterfeststellungsklage stellvertretend für tausende Verbraucher vor Gericht ziehen. Doch anschließend muss jeder Einzelne erneut klagen und eine konkrete Summe Geld einfordern. Die neuen EU-Regeln gehen darüber hinaus: Bei einheitlichen Ansprüchen können die Verbraucherschützer künftig direkt auf Zahlungen oder andere Leistungen klagen. Die Bundesregierung wird also nachbessern müssen.

"Ab jetzt müssen Verbraucherinnen und Verbraucher nicht mehr jahrelang auf Entschädigung warten", erklärte der SPD-Europaabgeordnete Tiemo Wölken. Demnach sollen die neuen Regeln auch helfen, missbräuchliche Handelspraktiken wie massenhafte Preiserhöhungen etwa im Energiebereich zu unterbinden.

Die EU-Kommission hatte die Möglichkeit grenzüberschreitender Sammelklagen im April 2018 als Reaktion auf den VW-Abgasskandal vorgeschlagen. Zuvor hatte es bereits mehrmals derartige Vorhaben gegeben, die sich aber nie konkretisierten. Auch den nun final beschlossenen Vorschlag hatten die Mitgliedstaaten lange blockiert.

Kritiker insbesondere aus der Wirtschaft führten häufig das Beispiel der USA an, wo die Möglichkeit für Verbandsklagen zu einer Klagehäufung und hohen Anwaltskosten geführt hätten. Verbraucherschützer sehen dieses Risiko mit den neuen EU-Regeln nicht, weil nur geprüfte und zugelassene Verbände klagen können. Missbrauch soll dem EU-Parlament zufolge zudem dadurch vorgebeugt werden, dass die Prozesskosten immer von der unterlegenen Partei getragen werden.