Bundesregierung bringt Masern-Impfpflicht auf den Weg

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch die Impfpflicht gegen Masern und eine Reihe von Neuerungen für gesetzlich Versicherte auf den Weg gebracht. Die beschlossenen Gesetzentwürfen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sollen auch die Vor-Ort-Apotheken gegenüber dem Online-Handel stärken und dafür sorgen, dass der Medizinische Dienst unabhängiger von den Krankenkassen wird.

Vor der Aufnahme in Kindertagesstätten, Schulen, anderen Gemeinschaftseinrichtungen und bei der Kindertagespflege müssen ab 1. März 2020 alle Kinder nachweisen, dass sie geimpft sind. Das gilt auch für alle, die an solchen Stellen arbeiten - sowie das Personal in medizinischen Einrichtungen. Auch in Flüchtlingsunterkünften wird die Impflicht für alle eingeführt.

Wer schon vor Inkrafttreten des Gesetzes eine Gemeinschaftseinrichtung besucht oder dort gearbeitet hat, muss den Nachweis bis zum 31. Juli 2021 erbringen. Nichtgeimpfte Kinder können vom Besuch der Kita ausgeschlossen werden. Bei Schulkindern droht in Bußgeld von bis zu 2500 Euro.

Menschen, die vor 1970 geboren wurden oder denen gesundheitliche Schäden drohen, sind von der Impfpflicht ausgenommen. Dies gilt auch für jene, die die Krankheit bereits hatten. "Wir wollen möglichst alle Kinder vor einer Masernansteckung bewahren", erklärte Spahn. "Denn Masern sind in höchstem Maße ansteckend und können einen sehr bösen, teils tödlichen Verlauf nehmen."

Im Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken wird geregelt, dass gesetzliche Versicherte verschreibungspflichtige Medikamente immer zu gleichen Preisen bekommen - egal, ob sie sich die Medikamente in der Apotheke um die Ecke besorgen oder im Internet bestellen.

Gegen diesen Entwurf gibt es rechtliche Bedenken, weil der Europäische Gerichtshof (EuGH) das bisherige deutsche Rabattverbot 2016 gekippt hatte. Spahn werde entweder am EuGH oder der EU-Kommission scheitern, kritisierte die FDP-Gesundheitsexpertin Christine Aschenberg-Dugnus.

Der MDK soll künftig als Körperschaft des öffentlichen Rechts unter dem Namen Medizinischer Dienst (MD) fungieren. Damit soll der Kritik Rechnung getragen werden, der MDK agiere nicht wirklich unabhängig.

Der MDK prüft zum Beispiel Anträge von Versicherten für bestimmte Leistungen und erstellt Gutachten. Er ist auch für die Einstufung von Pflegebedürftigen zuständig. Es gibt immer wieder Kritik, der MDK agiere als "verlängerter Arm" der Kassen und lasse das Patientenwohl außer acht.

Von den Kassen kam Kritik an dem Gesetzentwurf. Mit dem beschlossenen Entwurf des MDK-Reformgesetzes "setzt die Bundesregierung den Kurs zur strategischen Schwächung der sozialen Selbstverwaltung in der gesetzlichen Krankenversicherung fort", erklärte der GKV-Spitzenverband.

Spahn wolle die MDK-Verwaltungsräte "für alle erdenklichen Verbände öffnen und gleichzeitig die engagierten und durch die Sozialwahl legitimierten Selbstverwalter der gesetzlichen Krankenversicherungen herausdrängen", kritisierte auch DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. "Den Vertretern von Ärzten und Patientenorganisationen wird hingegen der rote Teppich ausgerollt, ohne dass diese eine Legitimation hätten."

Buntenbach kritisierte auch die in dem Gesetz ebenfalls enthaltenen Einschränkungen zur Überprüfung von Krankenhausabrechnungen. Kliniken, die ordentlich abrechnen, sollen Spahns Plänen zufolge seltener überprüft werden. "Offensichtlich missliebige Prüfungen der Abrechnung durch die Krankenhäuser soll es nur noch begrenzt geben", erklärte Buntenbach dazu.