Onlinezugangsgesetz: Bundeskabinett ruft Vermittlungsausschuss an
Im Streit zwischen Bund und Ländern über die Reform des Onlinezugangsgesetzes zur Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung hat das Bundeskabinett den Vermittlungsausschuss angerufen. "Mir ist es wichtig, jetzt im Vermittlungsausschuss gemeinsam mit den Ländern schnell zu einer Lösung zu finden", erklärte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Mittwoch nach der Kabinettssitzung. Nachdem das Vorhaben im Bundesrat Ende März nicht die nötige Mehrheit bekommen hatte, stockt der Gesetzgebungsprozess.
"Ich setze auf eine konstruktive Zusammenarbeit, denn wir brauchen dieses Gesetz – im Bund, genauso wie in Ländern und Kommunen", fuhr Faeser fort. "Damit können wir Bürgerinnen und Bürgern den Gang zum Amt ersparen, einheitliche digitale Verfahren ermöglichen und endlich die Zettelwirtschaft beenden." Auch Unternehmen könnten von Bürokratie befreit werden, betonte Faeser. "So stärken wir auch die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands."
Mit der Gesetzesnovelle soll die Verwaltung bürgernah und moderner werden. Ab 2028 sollen Bürgerinnen und Bürger über ein digitales Bürgerkonto einen verbindlichen Zugang zu Behördendienstleistungen des Bundes bekommen. Das Onlinezugangsgesetz sei "Antreiber" der Digitalisierung von Verwaltungsverfahren, heißt es in dem Gesetzentwurf. Behördliche Anliegen sollen vollständig elektronisch erledigt werden können.
Der Bundestag hatte die Novelle Ende Februar beschlossen. Im März stimmte der Bundesrat dagegen. Da es sich um ein Zustimmungsgesetz handelt, kann die Reform ohne eine Zustimmung in der Länderkammer nicht in Kraft treten.
Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz und die Grünen-Abgeordnete Misbah Khan erklärten: "Eine bürgernahe digitale Verwaltung ist längst überfällig. Sie hat das Potential, die Kommunikation zwischen Bürgern und Staat grundlegend zu verändern." Das reformierte Onlinezugangsgesetz sei "ein wichtiger Meilenstein, um den seit Jahren bestehenden Reformstau anzugehen und das schleppende Tempo in der Verwaltungsdigitalisierung endlich zu erhöhen".
Nachdem die unionsgeführten Länder im Bundesrat das Gesetz "ohne wirkliche inhaltliche Debatte" abgelehnt hätten, stehe die "Frage des weiteren Vorgehens offen im Raum", erklärten die Grünen-Politiker weiter. Bund und Länder stünden nun in der gemeinsamen Verantwortung, "schnellstmöglich in ein konstruktives Verfahren einzusteigen". Sie mahnten: "Eine erneute Blockadehaltung der unionsgeführten Länder wäre rein parteitaktisch motiviert und auch angesichts der großen politischen Versäumnisse der Vergangenheit inakzeptabel."
Das Onlinezugangsgesetz war 2017 während der großen Koalition unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in Kraft getreten und hatte das Ziel, die knapp 600 Verwaltungsdienstleistungen zu digitalisieren. Als Frist waren dafür fünf Jahre bis Ende 2022 vorgegeben. Die Umsetzung kam aber nur langsam voran, das Ziel wurde klar verfehlt. Bisher können nur wenige Behördengänge digital erledigt werden.
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