Berlin und Bonn: Steuerzahlerbund kritisiert Doppelstandort für Digitalministerium als "absurd"
Der Bund der Steuerzahler hat die Entscheidung des neu geschaffenen Bundesdigitalministeriums kritisiert, sowohl in Berlin als auch in der ehemaligen Bundeshauptstadt Bonn Dienstsitze einzurichten. Verbandspräsident Reiner Holznagel nannte die Entscheidung für zwei Standorte in der "Bild"-Zeitung vom Dienstag "absurd". "Ausgerechnet das neue Digitalministerium kommt mit zwei analogen Standorten daher – und das, obwohl Schwarz-Rot doch sparen will", kritisierte er.
Holznagel verwies darauf, dass Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag noch angekündigt hätten, beim aufgeblähten Verwaltungsapparat zu sparen. "Wer es mit Effizienz wirklich ernst meint, holt alle Ministerien ganz nach Berlin", mahnte er. Am Montagvormittag hatte ein Ministeriumssprecher vor Journalisten bestätigt, dass das neue Bundesdigitalministerium neben dem Standort Berlin auch einen Dienstsitz in Bonn erhalte.
Mehr als 30 Jahre nach seiner Verabschiedung gehöre das Bonn-Berlin-Gesetzes abgeschafft, betonte Verbandspräsident Holznagel. "Die Musik spielt längst in Berlin, die Ministerien arbeiten fast komplett an der Spree – obwohl das Gesetz genau das Gegenteil verlangt". Die Zweiteilung der Ministerien habe damals "eine Brücke zwischen Ost und West" sein sollen. "Aber heute ist sie nur noch teuer, umständlich und überflüssig."
Im April 1994 war das sogenannte Berlin-Bonn-Gesetz erlassen worden, das neben Ausgleichszahlungen vom Bund in die Region Bonn unter anderem den Umzug von Parlament und Teilen der Bundesregierung sowie einiger Bundesbehörden im Jahr 1999 in die neue Hauptstadt Berlin regelte.
Sechs Ministerien haben ihren Erstsitz aber weiterhin in Bonn und alle Berliner Ministerien unterhalten dort noch Dependancen. 6600 Ministerialbeschäftigte arbeiten in der alten westdeutschen Hauptstadt. Folge sind tausende innerdeutsche Dienstreisen des Behördenpersonals pro Jahr, darunter im Jahr 2022 einem Bericht des Magazins "Spiegel" zufolge auch 5330 Inlandsflüge.
Die Verteilung der Regierungsarbeit auf zwei Städte kostet den Staat jährlich eine Millionensumme. Laut dem bisher letzten veröffentlichten Teilungskostenbericht des Bundesfinanzministeriums waren es im Jahr 2019 rund 9,2 Millionen Euro.
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