Menschen in Deutschland telefonieren in Corona-Zeiten deutlich mehr

In Corona-Zeiten telefonieren die Menschen in Deutschland deutlich mehr. Nicht nur im Inland, sondern auch ins Ausland wurden merklich mehr Anrufe registriert, wie das Vergleichsportal Verivox anhand der Angaben von Netzbetreibern und alternativen Anbietern am Dienstag feststellte. Denn viele in Deutschland lebenden Menschen haben Verwandte und Freunde in stark von der Corona-Krise betroffenen Ländern wie Italien, Spanien, Frankreich oder Österreich.

So beobachtete die Deutsche Telekom den Angaben zufolge rund doppelt so viele Telefonate im Festnetz und im Mobilfunknetz wie üblich (Stand 31.03.). Zu Beginn der Corona-Krise sei ein "kurzzeitiger Anstieg" bei der Anzahl und der Dauer von Auslandsgesprächen verzeichnet worden, und zwar für alle Länder gleichermaßen. Diese Entwicklung sei nach wenigen Tagen wieder rückläufig gewesen und habe sich dann "auf einem leicht erhöhten Niveau" eingependelt, zitierte Verivox die Auskunft einer Konzernsprecherin vom 2. April.

Bei Telefonica telefonieren die Kunden im Festnetz derzeit anderthalb Mal bis doppelt so viel ins Ausland, verglichen mit einer normalen Woche (Stand 31.03.). Eine Verdoppelung der Minuten gibt es laut Verivox nach Spanien. Die Telefonminuten nach Italien, Frankreich, Österreich und Schweiz nahmen um 75 Prozent zu. Zudem gingen auch mehr Anrufe ein, etwa aus der Türkei nach Deutschland, wo Zuwächse um bis zu 70 Prozent verzeichnet wurden.

Vodafone zählte demnach 26 Prozent mehr Telefonate im Festnetz als üblich in der vergangenen Woche, im Mobilfunk war es ein Plus von 25 Prozent. Die Werte aus den Tagen zuvor waren teilweise noch höher. Das Unternehmen nannte auf Anfrage keine spezifischen Werte für Gespräche ins Ausland.

Überraschend stark nahm die Nutzung von Call-by-Call-Diensten (CBC) zu. Diese Vorwahlen können ausschließlich von Telekom-Kunden über deren Festnetzanschlüsse genutzt werden. Trotz digitaler Dienste wie Skype, Facetime oder Whatsapp werden Call-by-Call-Vorwahlen laut Verivox gerade verstärkt gewählt - nachdem deren Nutzung in den vergangenen Jahren um über 80 Prozent rückläufig war.

Ein Anbieterpool, der mehrere Vorwahlnummern betreut, berichtete auf Verivox-Nachfrage für März 2020 im Vergleich zum Februar von einer Verdopplung der Inlandsgespräche ins Festnetz und von einem Anstieg der Telefonminuten ins Ausland von 35 Prozent. Andere Anbieter nannten Steigerungen um 25 Prozent (Stand 02.04.).

Die verstärkte Nutzung von CBC sei überraschend, weil in fast allen heutigen Festnetz- und Internettarifen eine Flatrate ins deutsche Festnetz inkludiert sei, erklärte Verivox-Telekommunikationsexperte Eugen Ensinger.

Auch im Handybereich sind Allnet-Flats seit Jahren gang und gäbe. Zudem könnten verschiedene Auslands-Flatrates bei Festnetzanbietern gegen einen geringen monatlichen Aufpreis hinzugebucht werden. Wer allerdings keine Flatrate hat, ist mit CBC gut bedient und kann im Vergleich zum Telekom-Standardtarif meist erheblich sparen.

Ein Grund für die deutliche Zunahme von Call-by-Call-Diensten könnte laut Verivox sein, dass derzeit vermehrt ältere Menschen telefonieren, die solche Datendienste üblicherweise nicht nutzen oder die keinen Zugang zu einem stabilen Internetanschluss haben. Denkbar sei ferner, dass sich die Kundengruppe zwar nicht wesentlich geändert hat, aber die Dauer der Gespräche gestiegen sei.