„Frieden gestalten“ - Zweiter Teil des Kulturprogramms zu 375 Jahre Augsburger Friedensfest

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Bild: Friedensfest Augsburg
  • Themenfeld von 16. bis 29. Juni
  • Vorträge, Lesungen und Diskussionen zur Gestaltbarkeit des Friedens
  • Interaktive Kunstprojekte und Stadtraumformate schaffen Begegnung
  • Musik, Theater und Film öffnen neue Perspektiven auf Frieden
  • Informationen auf friedensfest-augsburg.de
Mit „Frieden gestalten“ (16. bis 29. Juni) ist das zweite Themenfeld des Kulturprogramms zum 375-jährigen Jubiläum des Augsburger Hohen Friedensfests überschrieben, dessen zentraler Titel „Frieden riskieren“ lautet. Der Programm-Schwerpunkt im Juni fragt, wie Frieden heute gedacht, gelebt und gestaltet werden kann – in einer Welt, die sich mit gesellschaftlichen Rissen, demokratischen Herausforderungen und geopolitischen Spannungen konfrontiert sieht.

Globale Perspektiven, lokale Impulse und kreative Friedensideen

Was hält uns als Gesellschaft zusammen? Wie sichtbar sind die Bruchlinien – lokal wie global? Und welche Stimmen zeigen neue Wege auf? Diese Fragen durchziehen das vielfältige Programm aus Kunst, Wissenschaft, Diskurs und Beteiligung, das sowohl lokale als auch internationale Perspektiven einbindet.

Eric Nikodym, Künstlerischer Leiter des Jubiläums-Programms, erklärt mit Blick auf die Veranstaltungen im Juni: „Wir wollen zeigen, welche Kraft in unseren Stadtgesellschaften stecken, gemeinsam ein friedvolles Miteinander zu gestalten. Welches Potenzial darin liegt, wenn man auf den anderen zugeht, dem Fremden in gewohnten Situationen begegnet und sein Umfeld einmal mit anderen Augen sieht. Aber wir wollen auch den Finger in die Wunde legen und über Themen, Regionen und Menschen sprechen, die wir bewusst oder unbewusst ausklammern und so auf Risiken und Herausforderungen aufmerksam machen. Dadurch entsteht ein Netz aus lokalen und internationalen Perspektiven, die das Friedensfest im Juni prägen werden.“

Interaktive Kunst- und Stadtraumprojekte

Besonders erfahrbar wird „Frieden gestalten“ im öffentlichen Raum: „Street Ride Alchemy“ lädt auf klangvolle Fahrradtouren durch Augsburg ein. Die britische Soundkünstlerin Kaffe Matthews hat gemeinsam mit Augsburgerinnen und Augsburgern spezielle „Sonic Bikes“ entwickelt. Diese Fahrräder mit integriertem Soundsystem spielen eine Komposition aus Musik, Rap, Erzählungen und Stadtklängen – eine mobile Friedensreise durch Augsburg. Die Räder können von 19. bis 28. Juni kostenlos am Rathausplatz ausgeliehen werden. Die Tour dauert rund 45 Minuten. Infos zur Buchung sind auf friedensfest-augsburg.de zu finden.

Mit „Herald – The Messenger“ rollt ein außergewöhnliches Kunstobjekt durch das Stadtgebiet: ein mobiles Ensemble aus 270 echten Metall-Briefkästen, das Friedensbotschaften sammelt und versendet – analog, digital, spielerisch. Die Interaktion bestimmt, was diese Botschaften sein können. Der erste größere Einsatz des wundersamen Kunstobjekts ist beim Modular-Festival Anfang Juni. Mehr Informationen dazu sind auf heraldthemessenger.de zu finden.

Auch das Projekt „Golden Record Studios“ nimmt Fahrt auf und sammelt persönliche Friedensbotschaften und Erinnerungen für die Nachwelt oder Außerirdische ein – an wechselnden Orten in Augsburg, online und live etwa zur Langen Kunstnacht am Samstag, 28. Juni. Das Projekt antwortet damit auf eine Aktion der NASA, die 1977 mit den Raumsonden Voyager 1 & 2 ihre „Golden Records“ in die dunklen Tiefen des Weltraums entsandte - Datenplatten, ähnlich wie Schallplatten, mit Bild- und Audio-Informationen. Die Platten wurden als Botschaften an Außerirdische erstellt – in der Hoffnung, dass diese irgendwann von den Menschen erfahren würden. Aber wer entscheidet, was auf diese Datenträger gehört? Wie wollen wir erinnert werden? Darum geht es bei diesem ersten partizipativen Kunstprojekt im Orbit. Denn diese neuen Botschaften, die aus dem Friedensfest-Kontext heraus entstehen, werden per Rakete ins All befördert. Mehr dazu unter goldenrecordstudios.earth

Vorträge, Diskussionen und Lesungen

Die geopolitische Dimension des Friedens steht bei „Frieden gestalten“ mehrfach im Fokus. Am Dienstag, 17. Juni analysiert Dr. Michael Paul, Stiftung Wissenschaft und Politik, in seinem Vortrag „Die Arktis – Der Klimawandel unddie Rivalität der Großmächte“ die neuen Konfliktlinien am nördlichsten Punkt der Erde.

Asha Hedayati, Anwältin und Autorin, beleuchtet am Donnerstag, 19. Juni unter dem Titel „Die stille Gewalt“ die strukturelle Gewalt gegenüber Frauen im Rechtssystem – eine erschütternde, aber notwendige Friedensdebatte im Inneren unserer Gesellschaft. Das Gespräch mit Asha Hedayati und Romy Stangl von der Initiative One Billion Rising führt Jutta Prediger, Journalistin, Redakteurin und Moderatorin beim Bayerischen Rundfunk (Bayern 2). Bayern 2 sendet das Gespräch.

Mit den strategischen Interessen der USA in Grönland beschäftigt sich der Politikwissenschaftler Ingmar Niemann am Montag, 23. Juni, bevor am Donnerstag, 26. Juni der Journalist und Faktenchecker Thomas Laschyk in einem Gespräch über Feindbilder, Social Media und Wahrheitssabotage aufklärt: „Triggerpunkte – Wir und die Anderen“.

Performance, Theater und Musik

Auch das performative und musikalische Programm öffnet neue Räume für Friedensfragen: Das Theaterkollektiv theter lädt ab Mittwoch, 18. Juni zur partizipativen Performance „Peace Out – Spiel ums Ende“ in den City Club – ein experimenteller Abend zwischen Spiel, Realität und Selbstwirksamkeit.

Mit „Unbreak! Aufbrüche in die Versöhnung“ bringt das Kölner Kollektiv Polar Publik am Freitag, 20. Juni und Samstag, 21. Juni in einer Musik-Theater- Produktion zerrissene Narrative und versöhnliche Neuanfänge auf die Bühne –unterstützt von einem „Chor der gebrochenen Stimmen“ und auf der Basis von wissenschaftlichen Impulsen des Instituts für Gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Die Lange Kunstnacht am 28. Juni: #friedengestalten

Ein besonderer Höhepunkt im Themenmonat ist die Lange Kunstnacht am Samstag, 28. Juni, die unter dem Motto #friedengestalten mit über 200 Programmpunkten an rund 50 Orten die Vielfalt des Friedens sichtbar macht: mit Performances, Ausstellungen, Installationen, Führungen und Musik.
Von mittelalterlichen Burgfrieden über familiäre Friedensarbeit bis zu globalen Freiheitskämpfern – die Kunstnacht zeigt Friedensgestalterinnen und -gestalter in vielen Facetten. In einem gesellschaftlichen Klima, in dem Populismus und Ausgrenzung zunehmen, setzt sie ein deutliches Zeichen für Dialog, Respekt und Miteinander. Informationen dazu sind auf langekunstnacht.de zu finden.

Wissenschaft, Film und mehr: Frieden aus anderer Sicht

Im Rahmen der Ringvorlesung „Frieden riskieren?“ werfen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Kooperation mit dem Lehrstuhl für Friedens- und Konfliktforschung der Universität Augsburg neue Blicke auf Friedensfragen. Am Mittwoch, 18. Juni beleuchtet Prof. Dr. Johannes Kaspar die Rolle des Strafrechts für den Friedensschutz, Prof. Dr. Timothy Williams thematisiert am Mittwoch, 25. Juni Erinnerungspolitik nach dem Völkermord in Ruanda.

Die Themen des Friedensfests greift auch eine eigene Filmreihe auf, die unter dem Titel „Blicke riskieren“ jeweils passende und außergewöhnliche Filme vorstellt. Blueberry Dreams zeigt am Donnerstag, 19. Juni, wie junge Menschen in Georgien zwischen Umbruch und Hoffnung ihren Weg suchen. My stolen Planet am Donnerstag, 26. Juni erzählt von mutigem Erinnern im Iran und der Kraft des persönlichen Widerstands.

Manchmal reicht ein anderer Blickwinkel, um festgefahrene Konflikte neu zu bewerten und unerwartete Lösungswege zu entdecken. Mit diesem Anliegen laden die City Seelsorge Moritzkirche und das Friedensbüro der Stadt Augsburg zur Gesprächsreihe Perspektivwechsel in den Klostergarten von St. Stephan. Die musikalische Reihe Orgelmusik zu Marktzeit wird im Festivalzeitraum zur Orgelmusik zur Friedenszeit und präsentiert Orgelwerke, die den Frieden auf unterschiedliche Weise ins Zentrum stellen. Die Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinden Heilig Kreuz, St. Ulrich, St. Anna und Zu den Barfüßern thematisieren in einer Reihe von Gottesdiensten und Gebeten die Schwerpunkte des Friedensfests. Informationen hierzu sind auf friedensfest-augsburg.de zu finden.

Das Jubiläumsprogramm zu 375 Jahre Augsburger Hohes Friedensfest

Das Augsburger Hohe Friedensfest blickt 2025 auf eine 375-jährige Geschichte zurück. Es erinnert an das Ende des Dreißigjährigen Kriegs 1648 und wurde in Augsburg zu einem konfessionsübergreifenden Symbol für gesellschaftlichen Frieden. Im Jubiläumsjahr, das zugleich 80 Jahre Ende des Zweiten Weltkriegs und 30 Jahre Ende des Bosnienkriegs markiert, steht das gesamte Kulturprogramm unter dem Titel „Frieden riskieren“.

Von Mai bis August 2025 finden rund 140 Veranstaltungen in vier Themenblöcken statt: Frieden erinnern, Frieden gestalten, Frieden bewahren und Frieden feiern. Im Mittelpunkt steht die zentrale Frage: Wie kann Kultur zu einer friedlicheren Gesellschaft beitragen – lokal, global, heute?