Gesetz zum EU-Emissionshandel ETS-II

Was der neue CO2-Preis für Verbraucher bedeutet

Ein Gesetz, das den Alltag vieler Menschen erheblich verteuern wird, wurde fast unbemerkt verabschiedet. Während die öffentliche Debatte von anderen Themen dominiert wurde, hat der Bundestag Ende Januar die Umsetzung von ETS-II beschlossen – mit drastischen Folgen für Heiz-, Sprit- und Lebenshaltungskosten. Was genau ändert sich nun und wer ist davon besonders betroffen?

Während in den vergangenen Monaten fast ausschließlich über Migration und Asylpolitik diskutiert wurde, hat der Bundestag am 31. Januar 2025 einen weitreichenden Beschluss gefasst. Der erhielt zwar nur wenig öffentliche Aufmerksamkeit, wird aber enorme Auswirkungen auf den Alltag vieler Menschen haben. Mit der Umsetzung des EU-Emissionshandelssystems ETS-II wird ein neues Kapitel in der Klimapolitik aufgeschlagen – und das mit spürbaren finanziellen Folgen.

Das Gesetz setzt nämlich eine EU-Richtlinie in nationales Recht um, was tiefgreifende Änderungen mit sich bringt: Der Seeverkehr wird erstmals in den CO₂-Handel einbezogen, strengere Regeln gelten für den Luftverkehr, energieintensive Importe werden teurer und ab 2027 wird ETS-II für Verkehr und Gebäude verpflichtend. Ziel ist es, die CO₂-Emissionen drastisch zu senken. Doch während die Bundesregierung auf marktwirtschaftliche Mechanismen setzt, stellt sich die Frage, wer am Ende die Hauptlast tragen muss.

Was ist ETS II?
Das Emissionshandelssystem ETS-I gibt es bereits seit 2005 – es betrifft vor allem große Industrieanlagen und Kraftwerke. ETS-II weitet dieses Prinzip auf Verkehr und Gebäude aus. Unternehmen, die fossile Brennstoffe bereitstellen, müssen künftig CO₂-Zertifikate erwerben. Die EU legt fest, wie viele Zertifikate es gibt und reduziert die Menge schrittweise, was den Preis nach oben treibt. Zuvor gab es einen festen Preis von 55 Euro pro Tonne CO₂ (seit 1. Januar 2025) beziehungsweise 55 bis 65 Euro pro Tonne CO₂ (ab 1. Januar 2026). Ab dem 1. Januar 2027 greift dann der neue CO₂-Preis, der sich quasi an einer Art Börse für Emissionen bildet. Wer dann weiterhin auf Benzin, Diesel, Gas oder Heizöl setzt, wird tief in die Tasche greifen müssen – wie tief, lässt sich schwer voraussagen. Das Forschungsinstitut MCC leitete etwa aus den EU-Klimazielen ab, dass der CO₂-Preis bis zum Jahr 2030 auf bis zu 275 Euro steigen könnte, andere Experten sprechen eher von 200 Euro. 

Nichtsdestotrotz: Unternehmen werden die zusätzlichen Kosten in der Regel an ihre Kunden weiterreichen, was Haushalte, Pendler und Mieter finanziell belasten dürfte. Was genau sind also die spürbaren Auswirkungen?

Steigende Heizkosten
Millionen Haushalte nutzen nach wie vor Gas- oder Ölheizungen. Gerade Mieter haben oft keine Wahl, da sie auf die Entscheidungen ihrer Vermieter angewiesen sind. Förderprogramme für klimafreundlichere Heizsysteme existieren, doch die Umstellung kostet Zeit und Geld. In älteren Gebäuden ohne ausreichende Dämmung dürften die Heizkosten spürbar steigen. Zusätzlich könnten Energieanbieter höhere Gebühren verlangen, da die Nachfrage nach klimafreundlichen Lösungen ihre Kapazitäten übersteigt. Schon jetzt mit 55 Euro pro Tonne CO₂ verteuern sich die Preise für Gas und Heizöl – ein Vier-Personen-Haushalt, der mit Gas heizt, könnte ab 2027 mit zusätzlichen Heizkosten von bis zu 1000 Euro pro Jahr rechnen. Bei Heizöl droht eine Verdopplung der Kosten.

Höhere Spritpreise
Auch Autofahrer werden deutlich mehr bezahlen müssen. Besonders betroffen sind Menschen in ländlichen Regionen, die auf ihr Auto angewiesen sind. Eine Erhöhung des CO₂-Preises bis 2030 auf 200 Euro pro Tonne würde den Liter Benzin laut Schätzungen des Forschungsinstituts für Wärmeschutz e.V. um rund 38 Cent verteuern, andere Quellen sprechen sogar von bis zu 60 Cent. Bereits jetzt würde Berechnungen zufolge der Liter Benzin 2026 durch die CO2-Abgabe insgesamt um 18,6 Cent teurer werden, Diesel um 20,8 Cent pro Liter.

Doch es geht noch weiter: Aus heutiger Sicht – ohne Berücksichtigung der Inflation und weiterer preistreibender Faktoren – müsste der Liter Benzin nach einer wissenschaftlichen Prognose des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) ab dem Jahr 2050 allein wegen des CO2-Gehaltes drei Euro kosten. Das entspräche jährlichen Mehrkosten in Höhe von 1170 Euro für durchschnittliche Autofahrer (bei einem Verbrauch von 7,5 Litern/100 km und einer Jahresfahrleistung von 13.000 km). Sollte der Liter Benzin durch die Abgabe auf vier Euro verteuert werden, läge die Mehrbelastung bei stolzen 2145 Euro pro Jahr.

Hinzu kommt: Die höheren Spritpreise betreffen nicht nur Pendler, sondern auch Lieferketten, die auf Lkw-Transporte angewiesen sind. Dadurch könnten nicht nur Fahrkosten steigen, sondern auch Lebensmittel und Konsumgüter teurer werden. Landwirte und Spediteure, die stark auf Diesel angewiesen sind, sehen sich vor enorme Herausforderungen gestellt. Ob die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen dadurch zunimmt, bleibt abzuwarten – denn nicht überall ist die Ladeinfrastruktur ausreichend ausgebaut.

Mietnebenkosten steigen
Mit steigenden Energiekosten wächst auch die Belastung für Mieter. Zwar gibt es Vorschriften, die Vermieter verpflichten, sich an den CO₂-Kosten zu beteiligen, doch bisher ist unklar, wie genau dies geregelt wird. Besonders betroffen sind Mieter in schlecht gedämmten Gebäuden, wo ein höherer Energieverbrauch besteht. Eigentümergemeinschaften werden wiederum damit konfrontiert sein, energetische Sanierungen zu finanzieren, die oft Jahre dauern. Ohne klare Regelungen zur Kostenaufteilung droht eine soziale Schieflage, da einkommensschwache Haushalte die zusätzlichen Ausgaben kaum stemmen können.

Wirtschaftliche Folgen für Unternehmen
ETS-II wird nicht nur für Verbraucher, sondern auch für Unternehmen herausfordernd sein. Höhere Energiekosten bedeuten steigende Produktions- und Transportkosten, was sich auf Preise in vielen Bereichen auswirken könnte. Besonders energieintensive Branchen wie die Bauwirtschaft, Logistik oder das verarbeitende Gewerbe müssen mit erheblichen Mehrbelastungen rechnen.

Kleine und mittelständische Unternehmen könnten zudem besonders betroffen sein, da sie oft weniger finanzielle Spielräume haben als Großkonzerne. Einige Firmen werden eventuell dazu gezwungen, ihre Produktion ins Ausland zu verlagern, um die Kosten zu senken. Langfristig könnte dies negative Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft haben. Unternehmen müssen daher neue Wege finden, ihre Energieeffizienz zu steigern und auf erneuerbare Energien umzusteigen.

Gibt es auch Entlastungen?
Die Bundesregierung hat zur Entlastung einkommensschwacher Haushalte einen Klimasozialfonds beschlossen. Dieser soll mit 65 Milliarden Euro ausgestattet werden und soziale Härten abfedern, allerdings muss das Gesetz noch durch den Bundesrat. Damit Vielfahrer, die beruflich auf das Auto angewiesen sind, nicht unverhältnismäßig belastet werden, wurde zugleich die Pendlerpauschale als Ausgleich für die CO2-Abgabe erhöht – von 30 auf 35 Cent pro Kilometer. Ein Klimageld steht außerdem in einigen Parteiprogrammen, jedoch ist eine zeitnahe Umsetzung aufgrund der vorzeitigen Bundestagswahl aktuell noch nicht absehbar.

Wie lassen sich die Mehrkosten abfedern?
Da die steigenden Energiekosten absehbar sind, können Verbraucher bereits jetzt Maßnahmen ergreifen, um sich auf die Mehrbelastung vorzubereiten. Eine der effektivsten Strategien ist die Investition in energieeffiziente Heizsysteme und eine bessere Gebäudedämmung. Wer über eine eigene Immobilie verfügt, sollte prüfen, ob Förderprogramme für den Umstieg auf erneuerbare Energien genutzt werden können. Wärmepumpen, Solarthermie und moderne Pelletheizungen könnten langfristig nicht nur die Heizkosten senken, sondern auch unabhängiger von CO₂-Preissteigerungen machen.

Auch im Bereich Mobilität gibt es Einsparpotenziale. Der Umstieg auf sparsame Fahrzeuge oder Elektroautos wird von verschiedenen Programmen finanziell unterstützt. Weil neuartige Kraftstoffe wie künstlich erzeugte E-Fuels oder HVO aus Pflanzenöl-Abfällen CO2-neutral erzeugt werden, sind diese von der Abgabe befreit. Auch Flüssiggas schlägt mit weniger Kosten zu Buche, da dessen CO2-Gehalt um 21 Prozent niedriger im Vergleich zu Benzin liegt.

In Städten kann die verstärkte Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs helfen, steigende Spritpreise zu umgehen. Fahrgemeinschaften oder flexible Arbeitsmodelle wie Homeoffice könnten ebenfalls langfristig die Kosten reduzieren. Neben technischen Lösungen hilft es natürlich auch, das eigene Verbrauchsverhalten anzupassen: Durch eine effizientere Nutzung von Heizenergie, bewussteren Stromverbrauch und eine gezieltere Nutzung von Mobilitätsangeboten lassen sich Kosten spürbar senken.

Kritik und Alternativen
Einige Experten argumentieren, dass eine CO₂-Steuer mit festen Preisen planbarer wäre als das ETS-II-System, das auf Marktmechanismen setzt. Andere fordern stärkere Investitionen in klimafreundliche Technologien und gezielte Fördermaßnahmen für einkommensschwächere Haushalte. Kritiker bemängeln zudem, dass energieintensive Unternehmen durch die steigenden Kosten ins Ausland abwandern könnten, was der europäischen Wirtschaft langfristig schaden würde.

Ausblick: Ein teurer, aber notwendiger Schritt?
ETS-II wird ab 2027 das Leben in Deutschland spürbar verteuern. Während das Ziel des Klimaschutzes klar ist, bleibt die Frage, wer am Ende die Hauptlast trägt. Verbraucher müssen sich auf steigende Heiz- und Spritkosten einstellen, Unternehmen auf höhere Produktionsausgaben. Ohne wirksame soziale Abfederung könnte diese Reform besonders einkommensschwache Haushalte belasten. Ob die gewünschten Klimaeffekte schnell genug eintreten, bleibt abzuwarten – doch eines steht fest: Der Beschluss ist gefallen und die finanziellen Auswirkungen werden bald spürbar sein.

FAZIT: 
ETS-II ist ein neues Emissionshandelssystem der EU, das ab 2027 für Verkehr und Gebäude gilt. Unternehmen müssen CO₂-Zertifikate erwerben, wodurch fossile Brennstoffe wie Benzin, Diesel, Gas und Heizöl teurer werden. Die steigenden Kosten belasten Haushalte, Mieter und Unternehmen gleichermaßen. Unklar bleibt aktuell, wie sehr die Ausgaben steigen werden und ob der Staat dem ausgleichend entgegenwirken kann und will. |Text: Vera Mergle