Metaverse Dating-App „Nevermet“

Virtuell Love

Die Schallplatte spielt ein Lied von den Beatles – Twist and Shout. Die Damen sitzen mit ihren wippenden Röcken in der einen, die Herren mit wippendem Fuß in der anderen Seite des Saals. Jeder möchte tanzen, der Rhythmus schmerzt fast, wenn sich dazu nicht bewegt wird. Und dann. Ein Mann bricht den Bann: Er geht mit zwei Freunden zu den Damen herüber und in Sekundenschnelle füllt sich die Tanzfläche mit ausgelassenem Tanz, wehendem Haar und schallendem Lachen. Was das mit der neuen Metaverse Dating App „Nevermet“ zu tun hat? Nicht das geringste. Bis auf eines: Unterschiedlicher könnten die Bekanntschaftsmethoden zwischen beschriebener Szenerie und der Dating App des Metaverse nicht sein. Sie brauchen ein wenig virtuelle Auffrischung? Dann los!

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Bild: stock.adobe
Was das Metaverse ist, was diese App kann, welche Unterschiede es zu Tinder & Co. dabei gibt und welche Vor- und Nachteile diese App beherbergt, erfahren Sie, nachdem wir die Schallplatte noch einmal von vorn spielen lassen. 

Hier eine kurz und knackige Definition, auf welchem Spielplatz wir uns überhaupt befinden: Das Metaverse ist ein virtueller Raum, in dem sich Benutzer mit Hilfe von Avataren bewegen und diesen mit virtuellem Handwerkszeug beeinflussen können. Grob gesagt können Sie sich dies wie ein Online-Game vorstellen: Der eigene Avatar verkörpert dabei Sie selbst und macht, was Sie machen wollen: Z.B. anziehen, Beziehungen aufbauen, Meetings abhalten, Blumen gießen, Muffins backen, Poker spielen und noch so einiges mehr. Ein virtueller Marktplatz, auf dem sich digitales Leben und Arbeiten abspielt.

Was ist Nevermet? 

Das Wort darf wörtlich genommen werden: Nevermets sind Paare, die eine Internetbeziehung führen, ohne sich im echten Leben getroffen zu haben (Urban Dictionary). Die Dating-App Nevermet fungiert wie Tinder und Genossen als Plattform für die Partnersuche. Mit dem kleinen Zusatz: Bei Nevermet werden nur Virtual Boyfriends (VBFs) und Girlfriends (VGFs) gesucht. Doch auch hier stehen wir vor dem altbekannten Problem: Wie machen wir den ersten Schritt, bzw. wie wird unser Herzblatt der Wahl auf uns aufmerksam? Insbesondere dann, wenn das Gegenüber in Gestalt einer Kumquat oder eines tropfenden Wasserhahns daherkommt? Nice to know: Eine kleine Schöpfungsgeschichte. Entwickelt wurde Nevermet von Cam Mullen und Solaris Nite, beide Schöpfer der Social-VR-Apps Couch, Somewhere und Cheerio. Letztere ist auf das Kennenlernen und Knüpfen sozialer Kontakte fokussiert, welches für die Start-up-Gründer Mullen und Nite Grund genug war, diese Idee weiterzuentwickeln. Und so entstand die App Nevermet.

Was kann die App? 

Nevermet funktioniert wie Tinder und Konsorten. Sie erstellen Ihr eigenes Profil und legen fest, für welches Geschlecht und welche Altersgruppe Sie sich interessieren. Statt eines physischen Wohnorts (z.B. Augsburg) nennen sie einen Virtuellen. Die Orte tragen Namen wie VRChat, Rec Room und Horizon Worlds. Anschließend kann munter geswipet werden. Im Falle eines Matchs kann sich das angehende Liebespaar Textnachrichten zuschicken und zu einem VR-Date verabreden. Wer Freundschaften sucht, ist laut dem Nevermet-Team ebenfalls willkommen.

Was ist der Unterschied zu Tinder & Co.?

Bei Nevermet spielt das reale Aussehen keine Rolle. Dies betonen auch die Entwickler. Auf Nevermet sind keine Personenfotos zugelassen, nur Bilder von Avataren. Die Profile werden von einem Moderatoren kontrolliert. Auf der Metaverse-Dating App rücken demnach andere Faktoren in den Vordergrund, wie der Klang der eigenen Stimme. Und außerdem ganz klar: Die Paare bei Nevermet werden sich nicht wie bei Tinder & Co. im realen Leben treffen. Die Liebesbandbreite ist einzig auf das digitale Leben reduziert.

Vor- und Nachteile

Diese digitalen Welten sind zunächst gewöhnungsbedürftig. Sie erwecken den Anschein, vom realen Leben zu fliehen und sich in eine Scheinwelt zu flüchten, die leise und unbemerkt abhängig macht und den Horizont der wesentlichen Dinge des Lebens verkürzen kann. Virtuelle Räume können den Blick für das Reale trüben und ein verzerrtes Bild von Liebe und Leidenschaft vermitteln. Schon die Dating-App Tinder musste in den letzten Jahren viel Kritik einstecken. Und nun gibt es all dies auch noch in virtuell, sprich laut dem Wörterbuch „nicht echt, nicht in Wirklichkeit vorhanden, aber echt erscheinend“. Doch einen großen Vorteil haben die digitalen Platzhalter: physische Übergriffe auf Personen sind praktisch unmöglich. 

FAZIT: 

Ob diese Dating-App Zukunftspotenzial hat, ist fragwürdig. Allerdings wachsen junge Menschen in einem digitalen Zeitalter auf und empfinden virtuelle Räume als weniger befremdlich als ältere Generationen. Ob das von Marc Zuckerberg angepriesene Metaverse-Utopia sich tatsächlich umsetzen lässt, steht in den Sternen. Wir halten uns an der Hoffnung fest, dass die Persönlichkeit am Ende doch eine wichtigere Rolle spielt - denn jeder im Metaverse weiß, dass der Avatar nur ein digitales Kleid ist, welches wir wieder ablegen werden. | Text: Stefanie Steinbach

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