Neu-Ulmer Kunstflieger Johann Britsch mit dabei im Kinodrama „Wolke unterm Dach“

Höhenflug mit Frederick Lau

Am 17. Dezember 2020 fiel die letzte Klappe zum Drama „Wolke unterm Dach“ und lockte die letzten Wochen schon zahlreiche Zuschauer in die deutschen Kinosäle. Der erfolgreiche Schauspieler Frederick Lau begeistert mit seiner emotionalen Rolle und auch weitere bekannte Gesichter wie Hannah Herzsprung oder Kida Khodr Ramadan sind mit dabei. An die Drehtage erinnert sich der Neu-Ulmer Kunstflieger Johann Britsch gerne zurück, denn er durfte im Film mit seinen atemberaubenden Flugkünsten eine wichtige Rolle übernehmen und ist sogar im Abspann als Stuntman namentlich aufgeführt worden.

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Johann Britsch mit Schauspieler Frederick Lau bei der Premiere des Kinofilms "Wolke unterm Dach"Bild: Ulmer Pressedienst
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Johann Britsch hat schon mehrere nationale und internationale Meisterschaftstitel mit waghalsigen Loopings und Turns am Himmel gewonnenBild: Ulmer Pressedienst
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"Man hat mich in der Maske komplett verändert, sodass Fliegerkameraden mich gar nicht mehr erkannt haben"Bild: Ulmer Pressedienst
Die Produktion begann am 20. Oktober 2020 und entstand an insgesamt 35 Drehtagen. Inspiriert von einer wahren Geschichte erzählt „Wolke unterm Dach“ von einem tragischen Familienschicksal, bei welchem der Verlust eines Elternteils beziehungsweise einer Ehefrau von einer Sekunde auf die andere die Welt ins Wanken bringt. Neben dem Tod, dem Verlust und der Liebe geht es im Film auch viel ums Fliegen. So will die Hauptfigur Paul, gespielt von Frederick Lau, erkunden und erspüren, warum seine verstorbene Frau kurz vor ihrem Tod noch Flugstunden genommen hat. Johann Britsch war an einer der Schlüsselszenen des sehr emotionalen Films, der vor der Pandemie gedreht wurde und deshalb erst jetzt in die Kinos kam, beteiligt. Gedreht wurde unter anderem in Jessenwang sowie in Günzburg.
 
Wir trafen den sympathischen Kunstflieger und sprachen mit ihm über seine spannenden Eindrücke und über die Erfüllung seines größten Kindheitstraums.
 
 
TRENDYone: Wie kam es dazu, dass Sie als Stuntman beim Kinofilm „Wolke unterm Dach“ mitwirken durften?

Johann Britsch: Fakt war, dass Angie Rau, eine sogenannte „Stuntwoman“ und Fallschirmspringerin aus Berlin, einen Bekannten aus meiner Gegend bei den Weltmeisterschaften nach einem Kunstflugpiloten gefragt hat. Dieser sollte ein zweisitziges Flugzeug besitzen und auch in der Lage sein, dieses sicher zu steuern – So bekam ich von Angie Rau eines Tages einen Anruf aus Berlin und war schlussendlich ein Teil in der Produktion des Kinofilms „Wolke unterm Dach“. Besonders gefreut hat es mich dabei, dass man mich unbedingt für diese Rolle haben wollte und man meine Leidenschaft für das Kunstfliegen so geschätzt hat. 
 
Wie zeitintensiv waren die Drehtage, an denen Sie mit dabei waren?

Dahinter steckt tatsächlich noch so viel mehr: Vor dem Dreh haben wir uns am Flugplatz getroffen und ich habe meine Flugshow vorgeführt. Einige Tage später begangen die Vorbereitungen mit den Kameraleuten und den Licht- sowie Tontechnikern. Alles wurde genauestens betrachtet, um für die entscheidenden Drehtage dann auch wirklich genau die richtigen technischen Einstellungen zu finden. Produziert wurde im Herbst, da mussten selbstverständlich auch Witterungsprobleme mit einkalkuliert werden – Das alles war ein wahnsinniger Aufwand. Ich habe insgesamt zwölf Tage mit den ganzen Vorbereitungen miterleben dürfen und darin waren drei Drehtage enthalten. Besonders interessant fand ich, wie oft einzelne Szenen gefilmt werden mussten: Zum Teil wurde eine kleine Sequenz sogar bis zu 25-mal gedreht, weil zum Beispiel eine Wolke die Lichtverhältnisse verändert hat. Filmproduktionen sind einfach unglaublich zeitintensiv und ja auch teuer. 
 
Was war es denn für ein Gefühl, mit so hochrangigen Schauspielern am Set zu sein und wie war insbesondere das Zusammenspiel mit Frederick Lau?

Ich hatte zuvor noch nie mit Schauspielern zu tun, war jedoch positiv überrascht, wie bodenständig und herzlich alle waren. Frederick Lau ist ein total toller Typ – er ist ein kerniger, in sich ruhender, aber auch aktiver Mensch. Bei ihm muss man schon richtig Gas geben, um mithalten zu können, da er sportlich sehr fit ist – das hat mir einfach sofort zugesagt. In besonders guter Erinnerung behalte ich auch seine humorvolle Art. Bei einer Szene hätte er mit einem eher traurigen oder ernsten Gesichtsausdruck neben mir im Flieger sitzen sollen. Ihm hat das Ganze aber so unglaublichen Spaß gemacht, dass er ein strahlendes Lachen nicht unterdrücken konnte. Das hat mich dann sofort angesteckt.
 
Welche Eindrücke konnten Sie bei den Dreharbeiten sammeln? 

Ich war teilweise echt sprachlos: Das ganze Dorf war voller Schauspieler sowie Mitwirkenden und alles musste genau auf die Minute funktionieren. Ich hatte von morgens bis abends eine Person an meiner Seite, die mich gesteuert hat. In einer 40-minütigen Pause habe ich beim Blick hinter die Kulissen mal die Zeit vergessen und war deswegen nicht rechtzeitig zurück – Da habe ich schon etwas Ärger bekommen, weil der Zeitplan streng eingehalten werden musste. Ansonsten ist es absolut faszinierend zu sehen, wie viele Menschen auch hinter den Kameras stehen: Am Set waren schon in etwa 60 bis 70 Personen, die immer alles umgebaut oder sich um all die wichtigen Dinge gekümmert haben. 
 
Stimmt es, dass Sie für die Rolle als Stuntman gebeten worden sind, Ihren Schnurrbart zu opfern?

Ja, denn der Pilot, den ich doubeln sollte, hatte keinen Bart und deswegen hätte mein Schnauzer abrasiert werden sollen. Das wollte ich aber definitiv nicht in Betracht ziehen – mein Schnurrbart gehört nämlich zu mir und ist quasi mein Markenzeichen. So hat man diesen dann mit Hautfarben ganz eng angelegt – also fast unsichtbar geschminkt – und mich nur von der Seite oder von hinten gefilmt. Wie die Szenen dann schlussendlich mit dem richtigen Schauspieler kombiniert und zusammengeschnitten wurden, fand ich klasse: Man denkt wirklich, dass es ein und dieselbe Person darstellt!
 
Für Ihren Part wurden Sie aufwendig „in Maske gesetzt“. Haben Sie sich danach wiedererkannt?

Ich hatte einen eigenen Container, indem mein ganzes Gewand hergerichtet wurde und zusätzlich alles für meine Maske bereitlag. Darunter auch eine Perücke – ich habe normalerweise eine Glatze. Man hat mich in der Maske komplett verändert, sodass Fliegerkameraden mich gar nicht mehr erkannt haben. Auch ich mich selbst nicht mehr, wenn ich in den Spiegel geschaut habe.
 
Haben Ihnen Ihre Szenen im Film gefallen und würden Sie öfter mal bei Produktionen mitwirken und vor der Kamera stehen wollen?

Kurz nach dem Dreh hätte ich geantwortet, dass die Erfahrung unglaublich schön gewesen ist, eine weitere Produktion aber eher nicht in Frage kommen würde. Ich bin ein freiheitsliebender Mensch und wenn ich fremdbestimmt werde, habe ich damit einfach meine Schwierigkeiten. Jetzt hat sich meine Einstellung dazu aber geändert: Ich wurde zur Premiere nach München eingeladen, habe dort den Film gesehen und war ganz überwältigt, wie toll das alles verarbeitet wurde. Meine Rolle und die ganze Geschichte an sich haben mich total fasziniert. Aus diesem Grund würde ich jetzt sofort wieder zusagen, wenn ich ein Angebot bekäme.
 
Wie entdeckten Sie eigentlich ganz allgemein Ihre Leidenschaft für das Kunstfliegen?

Ich bin in Finningen bei Neu-Ulm aufgewachsen und über unser Haus sind die Militärflugzeuge von den Amerikanern geflogen, weil in Schweighofen ein Militärflugplatz gewesen ist. Mit fünf Jahren bin ich von zu Hause abgehauen, einfach um diesen Flugplatz zu sehen. Die Leute dort waren total lieb zu mir und haben mir Schokolade in rauen Mengen und eine Orange geschenkt, die es bei uns damals eigentlich nur zu Weihnachten gab. Das Größte jedoch war, dass ich in den Flugzeugen herumsteigen durfte. Nach diesem tollen Abenteuer hat mich die Polizei wieder zu Hause abgeliefert und ich musste meinen Eltern versprechen, dass ich nicht mehr weglaufe. Ein halbes Jahr später hat am Militärflugplatz ein amerikanischer Kunstflieger für eine Flugshow trainiert und das hat mich derart fasziniert: Von da an war für mich eines klar: Dies ist mein Kindheitstraum! Ich hätte nicht gedacht, dass es irgendwann einmal klappen wird, aber dann habe ich es ermöglichen können und neben meinem Beruf eine Flugausbildung absolviert. Im Anschluss wurde ich dann noch Kunstflieger und dieses ganz besondere Hobby bereitet mir bis heute großen Spaß. Ich bin im Flieger einfach ein anderer Mensch und genieße es in vollen Zügen!