ratiopharm ulm siegt im BBL Final-Turnier 2020 gegen Oldenburg

Mit Biss und Leichtigkeit

Mit ganz viel Bock auf Basketball und einer bärenstarken zweiten Halbzeit sicherte sich ratiopharm ulm gegen Oldenburg den zweiten Sieg beim Final-Turnier 2020 in München. Hatte das Auftreten der Lakovic Mannschaft gegen München (95:85) schon für viel Erstaunen gesorgt, war der souveräne Erfolg über den Tabellenfünften der regulären Saison vielleicht noch beeindruckender.

„Unsere Energie hat uns sehr geholfen. Wir haben als Team sehr gut zusammen gespielt und das ist es auch, was wir weiterhin tun wollen“, sagte Archie Goodwin, der mit seiner Athletik voranging. „Wir fühlen uns ziemlich fit. Das sieht man auf dem Feld und das ist es, was solche Spiele entscheiden kann“, erklärte Tommy Klepeisz, der seinen elf Punkten sechs Assists und zwei Steals zur Seite stellte. Topscorer war erneut Tyler Harvey, der mit seinem Dreier aus acht Metern Entfernung einen Oldenburger 11:0-Lauf stoppte und seinem Team so über die kritischste Phase des Spiels half. Eine detaillierte Analyse der entscheidenden Szenen und ein ausführliches Interview gibt es morgen ab 19 Uhr beim Uuulmer Echo live auf Facebook und Youtube.

Im Fokus

Was macht Rasid Mahalbasic – der dominante Oldenburger Center – und was wird Rickey Paulding gelingen, der trotz seiner 37 Jahre gegen ratiopharm ulm immer in Bestform zu sein scheint? Die Antworten – Mahalbasic gelangen 17 Punkte, aber keiner seiner gefürchteten Assists und Paulding blieb mit zwei Treffern bei neun Versuchen blass – hatte nur indirekt mit der Ulmer Dominanz zu tun. Auch Nathan Booth, der von Per Günther als „der am meisten unterschätzte Power Forward“ bezeichnet wurde, konnte bei seinem starken Comeback zwar 19 Zähler auflegen, den Ulmer Spielfluss aber nicht nachhaltig stören. Basierend auf einer enorm aufmerksamen Verteidigung (7 Steals/41 Rebounds) und einer teamorientierten Offensive (14 Assists, 10 Ballverluste) waren die Ulmer wie schon gegen München deutlich schneller als ihre Gegner: Mit seiner hohen Pace erspielte sich ratiopharm ulm deutlich mehr Schnellangriff (11/4) und setzte sich Mitte des dritten Viertels entscheidend ab.

Wer vermutet hatte, nach einer dreimonatigen Corona-Pause bedürfe es einer gewissen Eingewöhnungszeit, der sah sich auch im zweiten Ulmer Turnier-Spiel nicht bestätigt. Mit hohem Tempo und wenig Fehlern begann die Partie auf hohem Niveau (9:12, 5. Min). Doch was für die Ulmer nach ihrem überraschenden Erfolg gegen München galt, das traf auch auf Nathan Booth zu: der Oldenburger legte nach siebenmonatiger Verletzungspause vier Punkte zur ersten Oldenburger Führung auf (13:12, 7. Min). Nur ein Ballverlust in den ersten zehn Minuten spricht darüber hinaus für das Niveau der Partie. Angeführt von einem hochkonzentrierten Derek Willis (7 Punkte im ersten Viertel) und abgeschlossen durch einen Dreier von Tyler Harvey gingen die Ulmer mit einer knappen Führung in die erste Pause (17:19). Und hochklassig ging es weiter – und zwar mit dem Neuzugangs-Duo: Erst assistierte Klepeisz zweimal auf Osetkowski, dann attackierte er selbst die Zone und schloss von der Freiwurflinie zum 20:28 (14.) ab. Dann stotterte der Ulmer Motor ganz kurz: Nach einem deutlich verfehlten Dreier musste Nico Bretzel gegen Mahalbasic, der den 21-Jährigen im Lowpost vernaschte, Lehrgeld bezahlen. Per Dreipunkspiel verkürzte der Österreicher zunächst auf 27:30, ehe er kurz darauf den Ausgleich herstellte (32:32, 17). Nach einem fulminanten Ulmer Startviertel war es den Baskets nun gelungen, das Tempo der Partie etwas zu drosseln. Dann erhöhte ratiopharm ulm die Pace aber wieder: Mit fünf Punkten in Folge war es Archie Goodwin, der kurz vor der Pause das Gaspedal am heftigsten durchdrückte (32:42, 20.). Nachdem der Modelathlet Paulding zuvor schon stehengelassen hatte, attackierte er erneut und konnte vom Oldenburger Routinier nur per Foul am Dunking gehindert werden.

Den besseren Start in Halbzeit zwei erlebten die Oldenburger: Mit einem halbzeitübergreifendem 11:0-Lauf übernahmen sie – erneut durch Booth – in der 22. Minute die Führung (43:42). Mit seinem dritten Dreier – aus gut acht Metern – war es dann Harvey, der den Run stoppte. Jetzt passte die defensive Intensität wieder: Mit flinken Händen und einer Reihe von Schnellangriffen setzte sich ratiopharm ulm wieder ab (44:52). Nutznießer dieser Tempoverschärfung: Archie Goodwin, der immer wieder seine Athletik ausspielen konnte. Dann zeigten die Uuulmer ihre ganze Spielfreude: Erst assistierte Klepeisz Günther für den freien Dreier, dann revanchierte sich der Routinier mit einem feinen Pass, den der Österreicher aus der Distanz zum 50:62 versenkte.
Und der Flow setzte sich auch in den letzten zehn Minuten fort – wobei ratiopharm ulm seinen Schwung weiterhin in der Defensive aufnahm. Mit zwei Steals in Folge erhöhten die Ulmer Mitte des Schlussabschnitts auf 56:73. Dann wurde es so richtig hübsch – oder bitter, aus Oldenburger Sicht: Erst bediente Osetkowski Goodwin mit einem Zuckerpass zum leichten Dunk, dann tanzte der Big Man Mahalbasic an der Dreierlinie aus und ließ es selbst krachen (58:79). So konnten es sich Lakovic leisten, schon zwei Minuten vor dem Ende seine Stars auf die Bank zu schicken und mit Bretzel und Krimmer gleich zwei Youngstern eine Chance zu geben. Bretzel bedankte sich prompt und machte seinen Fehler aus der Anfangsphase mit vier Punkten in Folge wett.

O-Ton

Jaka Lakovic: „Das Ergebnis zeigt nicht, wie schwierig das Spiel für uns war. Wir wussten, wie gut Oldenburg in der Zone ist. Und wir wussten, dass Mahalbasic und Booth ihre Punkte machen würden. Aber den Rest wollten wir ihnen wegnehmen. Wir wollten nicht, dass Mahalbasic das Spiel mit sieben Assist oder mehr beendet. Das war unser Hauptfokus. Jetzt haben wir zwei Spiele gewonnen, freuen uns heute und kümmern uns schon morgen darum, uns so gut wie möglich zu erholen.“
Thomas Klepeisz: „Mit den zwei Siegen haben wir uns in eine gute Ausgangslage für die Überkreuz-Spiele gebracht – mehr aber auch nicht. Wir wollen weiter hart arbeiten und uns im Laufe des Turniers noch verbessern.“