Scheitern. Aufstehen. Weitermachen.

Die Fuckup Night im Gaskessel Augsburg zeigt, warum genau das wahre Stärke ist

Augsburg, 16. Oktober 2025. – Der Gaskessel bebt. Schon vor Beginn ist jeder Platz besetzt, Menschen stehen dicht gedrängt bis in den hinteren Bereich. Das Interesse an der Fuckup Night der IHK Schwaben ist riesig. Kein Wunder: An diesem Abend geht es nicht um Erfolgsgeschichten, glänzende Karrieren oder perfekte Lebensläufe – sondern um das, was uns alle verbindet: Scheitern. Und Weitermachen.

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Die Fuckup Night in Augsburg bewegt durch beeindruckende GeschichtenBild: Nina Königs
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Großer Andrang bei der Fuckup Night 2025
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Das Brauhaus Riegele sorgt für die Erfrischung zwischendruch
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Jürgen Windisch von TRENDYOne war natürlich vor Ort
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Sebastian Priller und der Spezi-Streit: Marke unter Beschuss
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Die Macher des Abends
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Anregende Gespräche nach den Vorträgen
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Fuckup Night in Augsburg
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Fuckup Night in Augsburg
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Isabell Espig – Rosa Krokodil: Gründung mit Crashkurs
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Der Gaskessel bricht aus allen Nähten
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Ingmar Hoerr – mRNA als Geschäftsmodell: eine Pionierleistung mit hohem Risiko
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Über zwei Jahrzehnte kämpfte der Gründer von CureVac und Pionier der mRNA-Technologie für eine medizinische Revolution
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Die Tochter von Isabell Espig ist stolz auf Ihre Mama - zu Recht
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Ingmar Hoerr bewegt durch seine Geschichte
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Bis in die hintersten Reihen stehen die Menschen und hören aufmerksam zu
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Das Publikum lauscht gebannt
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Darius Braun im Gespräch mit Ingmar Hoerr

Die charmante Moderatorin führt mit Witz, Empathie und klaren Worten durch den Abend – sie schafft es, gleich zu Beginn den Druck aus dem Wort „Fuckup“ zu nehmen. Stattdessen geht es um Mut, Menschlichkeit und darum, was passiert, wenn Pläne schiefgehen – und man trotzdem wieder aufsteht.

Bier, Ehrlichkeit und Augenzwinkern – Sebastian Priller über die Kunst, weiterzumachen

Er steht mit einem Bier auf der Bühne – sympathisch, echt, mit angeschlagener Stimme, aber voller Präsenz: Sebastian Priller, Geschäftsführer der Brauerei Riegele. Seine Geschichte ist eine, die in Augsburg jeder kennt – der Streit um die Marke Spezi, ein Stück Tradition, das zum Rechtsstreit wurde. Doch an diesem Abend erzählt er nicht mit Bitterkeit, sondern mit Humor und Haltung.

„Was wir gemacht haben, war vielleicht ehrbar – aber clever war es nicht,“ sagt er mit einem Lächeln. Das Publikum lacht, doch hinter dem Satz steckt etwas Tieferes: die Erkenntnis, dass Gutgläubigkeit teuer sein kann, aber kein Makel ist. „So etwas zieht einem den Boden unter den Füßen weg,“ gibt er offen zu – und genau das macht ihn so greifbar. Statt zu klagen, macht er weiter.

„Jammern hilft nicht. Aufstehen. Weitermachen.“ Dieser Satz – in seiner Familie DNA – wird zum Motto des Abends. Einer aus dem Publikum ruft: „Du bist der Beste heute!“ – und viele nicken zustimmend.

Von der Verzweiflung zur Vorbildrolle – Isabell „Bella“ Espig und ihr Rosa Krokodil

Danach betritt Bella Espig die Bühne – leuchtende Augen, ruhige Stimme, spürbare Stärke. Ihre Geschichte beginnt in der Corona-Pandemie: raus aus der sicheren Festanstellung, rein in die Selbstständigkeit – als Mutter, als Frau, als Gründerin. Sie brennt für ihre Idee, eine Plattform für Familien. Doch was so vielversprechend startet, wird zur Achterbahnfahrt. Rückschläge, Erschöpfung, Selbstzweifel. Das Publikum hängt an ihren Worten, als sie erzählt, wie sie sich zeitweise völlig verloren hat. Und dann kommt ihre Parabel vom Marathonlauf mit ihrem Vater:

„Ich bin zu schnell losgerannt, hab mein eigenes Tempo verloren.“

Ein Satz, der tief trifft. Denn viele im Saal nicken – sie kennen das Gefühl. Bella erzählt, wie sie sich neu sortierte, wie sie lernte, auf sich selbst zu hören, und ihr Tempo wiederfand. Heute steht da eine Frau, die strahlt, die bewegt – und Mut macht, besonders anderen Frauen. Ihre Kinder und ihr Mann sitzen in der ersten Reihe und sind so spürbar stolz, wie es nur Familienangehörige sein können. Ihre Botschaft: „Wenn du für etwas brennst, bleib dran. Aber vergiss nicht, dich selbst dabei mitzunehmen.“

Der Forscher, der das Koma überlebte – und an seine Vision glaubt

Als Letzter betritt ein Mann die Bühne, dessen Geschichte kaum zu glauben ist: Ingmar Hoerr – mRNA als Geschäftsmodell: eine Pionierleistung mit hohem Risiko. Über zwei Jahrzehnte kämpfte der Gründer von CureVac und Pionier der mRNA-Technologie für eine medizinische Revolution – mit bahnbrechenden Ideen, Millioneninvestments und weltweiter Aufmerksamkeit.

Doch der große Durchbruch ließ lange auf sich warten.

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Und als er kurz vor dem Durchbruch stand passierte etwas: Ein Monat Koma nach einem Hirnaneurysma, ein Leben auf der Kippe. Doch er gibt nicht auf. Er kämpft sich zurück, spricht heute über Rückschläge, die keine Karriere, sondern ein ganzes Leben verändern.

„Man muss nur glauben – denn Glauben versetzt tatsächlich Berge,“ sagt er ruhig. Er verhandelte später mit Banken und sogar mit Elon Musk – aber die wahre Leistung liegt nicht in den Deals, sondern darin, nach jedem Sturz wieder aufzustehen.

Scheitern verbindet – im Saal, auf der Bühne, im Leben

Das Publikum ist bewegt, applaudiert lange. Zwischen den Sitzreihen entstehen Gespräche, Menschen erzählen spontan ihre eigenen Geschichten. Auch der Augsburger Darius Braun ist im Publikum – bekannt dafür, dass er nach einem Hirntumor die legendäre Panamericana gefahren ist. Heute spricht er darüber, wie ihn solche Abende inspirieren. „Ich will das weitergeben – Mut, Zuversicht, das Vertrauen, dass es immer weitergeht,“ sagt er.

Und er ist nicht der Einzige. Unternehmerinnen, Gründer, Studierende – sie alle teilen nach den Vorträgen, was sie schon erlebt haben. Es wird gelacht, gestaunt, gelauscht – kein Abend der Fehler, sondern ein Abend der Stärke. Fazit: Aufgeben gilt nicht. „Ich hab heute mehr gelernt als in drei Jahren Wirtschaftsstudium“, sagt ein junger Gründer und blickt noch immer beeindruckt Richtung Bühne. „Vor allem, dass man Fehler nicht verstecken, sondern teilen sollte.“ Eine Unternehmerin nickt zustimmend: „Ich dachte, ich bin die Einzige, die manchmal zweifelt. Jetzt weiß ich – das gehört einfach dazu.“ Ein älterer Handwerksmeister, der selbst schon Rückschläge erlebt hat, fügt hinzu: „Früher galt Scheitern als Schwäche. Heute weiß ich: Das ist Erfahrung, verpackt in Mut.“ Und eine Studentin lacht, während sie ihr Handy zückt, um ein letztes Erinnerungsfoto zu machen: „Ich will auch mal bei einer Fuckup Night auf der Bühne stehen – aber bitte erst, wenn’s wieder gut ausgegangen ist.“ Zwischen ehrlichen Gesprächen, offenen Geständnissen und vielen neuen Kontakten wird klar: Scheitern ist kein Makel – es ist der Anfang von etwas Neuem.

Als sich der Gaskessel langsam leert, bleibt etwas hängen, das größer ist als jede Erfolgsgeschichte: Ehrlichkeit.

Scheitern betrifft mehr Menschen, als man denkt – man redet nur zu selten darüber. Die Fuckup Night zeigt, wie wichtig es ist, genau das zu tun.

Denn das Leben ist kein gerader Weg.

Und wer fällt, kann trotzdem führen.

Scheitern. Aufstehen. Weitermachen.

Das ist nicht das Ende – das ist der Anfang.