WWF beklagt "Stillstand" der Speiseeis-Hersteller bei der Nachhaltigkeit

Der Großteil der in Deutschland verkauften Eiscreme ist laut Studie der Naturschutzorganisation WWF weiterhin nicht nachhaltig. Auch "minimalste Anforderungen an ökologische und soziale Nachhaltigkeit" würden von den meisten Herstellern ignoriert, kritisierte der WWF am Freitag. Die Umweltschützer bemängelten insbesondere für die Herstellung genutztes Kokosöl und Kokosfett, das aus den Tropen ohne Zertifizierung und Anforderungen importiert werde.

Für die Studie befragte der WWF 17 große Eisproduzenten und Händler, davon antworteten zwölf Unternehmen. Elf davon nutzten nach eigenen Angaben Kokosfette für ihr Eis - "kein einziges Unternehmen achtete bei Kokos allerdings auf ökologische und soziale Anforderungen bei dessen Produktion". Zertifizierte Ware werde nicht nachgefragt, obwohl der Aufpreis vor dem Hintergrund stark schwankender Preise für konventionelle Öle und Fette "kein großes Hindernis" sei.

Die Umweltschützer kritisierten einen "absoluten Stillstand" seit der vergangenen Unternehmensbefragung vor zwei Jahren. "Es scheint den deutschen Eisproduzenten schlichtweg egal zu sein, wie und wo ihr Kokosfett hergestellt wurde", sagte Ilka Petersen, WWF-Verantwortliche für Landnutzung und nachhaltige Biomasse.

Neun der befragten Unternehmen verwenden der Studie zufolge auch Palmöl bei der Eisproduktion - dabei achten jedoch alle auf eine entsprechende Zertifizierung. Hier sei umgedacht worden, lobte Petersen.

Bei Kokos hingegen fehle der nötige gesellschaftliche Druck. "Unternehmen tauschen Palmöl gegen Kokos aus, da dieses als 'grüner' und weniger belastet beim Verbraucher gilt." Das öffentlich kritisierte Palmöl schlicht durch nicht lizenzierte Kokosbestandteile als vermeintlich grüne Alternative zu ersetzen, sei aber "Augenwischerei".

Die Naturschützer verwiesen unter anderem auf den im Vergleich mit Palmöl um etwa 80 Prozent geringeren Flächenertrag von Kokospalmplantagen. Außerdem schätzen sie, dass auf den Philippinen - dem Hauptproduktionsland von Kokosöl und -fett - sechs von zehn Kleinbauern unter der Armutsgrenze leben.

Auch Raps- und Sonnenblumenöl sind aus Sicht des WWF indes nicht immer eine nachhaltige Alternative zu Tropenfetten im Eis: Oft würden die Pflanzenöle nicht in Deutschland angebaut, sondern kämen aus Australien, Mittelamerika, China oder Kanada.

"Ohne großen Druck von Zivilgesellschaft und Verbrauchern bleibt das Produktions- und Einkaufsverhalten unverändert", erklärte der WWF. Er forderte eine baldige Umsetzung des von Entwicklungs- und Arbeitsministerium angekündigten Lieferkettengesetzes.

Industrielle Hersteller produzierten laut WWF den Großteil der 557 Millionen Liter Speiseeis, die 2019 in Deutschland verzehrt wurden. Verbraucher können demnach auf die Bio- oder Fairtrade-Zertifizierung einzelner Eisprodukte im Supermarkt achten. Alternativ produzieren laut WWF auch nach wie vor zahlreiche Eisdielen ihr Eis selbst und mit Bio-Zutaten.