SSV Ulm: Der große Rückblick - Die Sensations-Saison im Schnelldurchlauf

Sportliche Höchstleistungen

Der SSV Ulm hat es tatsächlich geschafft: Nach dem Aufstieg in die 3. Liga im vergangenen Jahr gelang den Spatzen der glatte Durchmarsch in die 2. Bundesliga – das hatten zuvor nur wenige Teams geschafft. Alles über die entscheidenden Partien, die wichtigsten Spieler und einen Ausblick auf alles, was noch kommt, gibt es in unserem großen Rückblick!

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Bild: Christoph Bruder
Vom Regionalligisten zum Zweitligisten
Noch vor einem Jahr spielte der SSV Ulm 1846 in der Regionalliga Südwest gegen Mannschaften wie FC Astoria Walldorf, Wormatia Worms oder den Bahlinger FC. Die Spatzen hatten sich dann den Aufstieg in die 3. Liga gesichert und standen vor einer spannenden Saison – doch niemand konnte ahnen, dass der Verein innerhalb eines Jahres einen historischen Durchmarsch hinlegen würde und sich für die 2. Bundesliga qualifizieren würde. Vielmehr war man zumindest zu Beginn der Saison noch davon ausgegangen, sich erst einmal in der Liga zu etablieren und vor allem alles daranzusetzen, nicht direkt wieder abzusteigen. Bekanntlich kam es anders und so wird man in der kommenden Spielzeit gegen Traditionsvereine wie Schalke 04, Hertha BSC Berlin und den Hamburger SV antreten. Doch wie verlief nun der Weg dorthin genau?
 
Saisonbeginn: Wohin geht die Reise?
Die Saison 2023/24 in der 3. Liga begann für den SSV am 6. August 2023 mit einem Heimspiel gegen den 1. FC Saarbrücken, das 1:1 endete​. Am zweiten Spieltag traf Ulm auf die SpVgg Unterhaching: In einem turbulenten Spiel führten die Spatzen zweimal, mussten sich aber schließlich mit 2:3 geschlagen geben, nachdem Unterhaching in der Schlussphase das Spiel doch noch drehen konnte. Es folgte eine erste Serie mit fünf ungeschlagenen Partien in Folge, ehe es gegen Ingolstadt eine bittere 0:4-Niederlage gab. Ein 1:0 gegen 1860 München machte die Pleite ein Stück weit wieder gut, doch die Ulmer blieben weiterhin nicht ganz konstant in ihren Leistungen – an den Spieltagen 13 bis 15 gingen die Spatzen beispielsweise immer als Verlierer vom Platz.
 
Nach dem Jahreswechsel geht es nur noch bergauf
Doch dann folgte die Winterpause und plötzlich lief es wie am Schnürchen: Im Januar besiegte man Unterhaching und Bielefeld, nach zwei Punkteteilungen gegen Duisburg und Lübeck folgten weitere Siege, einige Unentschieden und vor allem: keine Niederlage mehr. Tatsächlich hielt diese Serie in der Liga bis zum Schluss an – und wer nie verliert und oft sogar den Dreier einfährt, erarbeitet sich zwangsläufig Punkt für Punkt. Spätestens nach den Siegen gegen die direkten Konkurrenten Preußen Münster und Jahn Regensburg im April 2024 wurde der Aufstieg in die 2. Bundesliga zu einem greifbaren Ziel.
 
Das Aufstiegsspiel gegen Viktoria Köln
Der Höhepunkt der Saison war dann das entscheidende Spiel gegen Viktoria Köln am 4. Mai. In diesem Match ging es nicht nur um den Aufstieg, sondern auch um den möglichen vorzeitigen Meistertitel in der 3. Liga. Vor ausverkauftem Haus im Donaustadion zeigte der SSV Ulm eine herausragende und gleichzeitig souveräne Leistung und gewann mit 2:1 – unter anderem dank eines schmeichelhaften Elfmeters, doch das interessiert im Nachhinein natürlich niemanden mehr. Die Fans feierten stattdessen den historischen Moment ausgelassen mit einem Platzsturm und die Spieler sowie auch der Trainer und das gesamte Team wurden für ihre harte Arbeit und Hingabe belohnt.
 
Die entscheidenden Akteure
Doch wer von ihnen war besonders entscheidend für die Erfolgsgeschichte? Auf Spielerseite wären neben Dennis Chessa und Romario Rösch vor allem der langjährige Kapitän Johannes Reichert zu nennen, dessen Kindheitstraum mit dem Aufstieg in Erfüllung gegangen war. Mit seinen zwölf Toren und 17 Vorlagen sticht auf dem Feld aber Leonardo Scienza heraus. Der Stürmer war einer der herausragenden Akteure der Saison, ein sicherer Elfmeterschütze und gleichzeitig einer der Top-Scorer der Liga – so verwundert es nicht, dass der Brasilianer auch im Fan-Voting der 3. Liga auf Platz 1 der besten Spieler gewählt wurde. Ein sicherer Rückhalt war außerdem Christian Ortag im Tor: Er glänzte mit zahlreichen Paraden und hielt in 16 Spielen die Null. Ebenso wie Scienza wurde auch Trainer Thomas Wörle als bester Trainer der Liga ausgezeichnet. Auch er war maßgeblich am tollen Durchmarsch beteiligt, fand immer die richtigen Worte und kann als Architekt des Erfolgs betrachtet werden.
 
Historische Meisterfeier auf dem Münsterplatz

Am 18. Mai fand dann die große Meisterfeier statt: Der Münsterplatz in Ulm verwandelte sich in ein wahres Festgelände. Die Feierlichkeiten begannen bereits im ausverkauften Donaustadion, wo der Deutsche Fußball-Bund den Meisterpokal überreichte. Von dort aus setzte sich die Mannschaft auf einem offenen Truck in Bewegung, begleitet von einer jubelnden Menge, die den Zug über die neue Straße in Richtung Münsterplatz folgte. Vor dem imposanten Hintergrund des Ulmer Münster erreichte das Team gegen 18 Uhr den Münsterplatz. Auf einer großen Bühne präsentierten sich die Spieler den zahlreich erschienenen Fans und der Stadt Ulm, wo sie von einer Welle der Begeisterung empfangen wurden. Das Fanfest bot den perfekten Rahmen für die Feierlichkeiten. Geschätzt rund 8.500 Fans, die entweder direkt aus dem Stadion kamen oder später zum Münsterplatz strömten, genossen bei freiem Eintritt die festliche Atmosphäre. Für das leibliche Wohl und ein abwechslungsreiches Unterhaltungsprogramm war dabei bestens gesorgt.
 
Kleiner Wehrmutstropfen: Der Pokal
Einzig und allein die Pokalsaison des SSV Ulm im Landespokal Württemberg war nicht bis zum Ende hin von Erfolg gekrönt. Mühelos durch die ersten Spieltage gekommen, machten die Ulmer im Achtelfinale noch kurzen Prozess mit den Sportfreunden Schwendi aus der Bezirksliga Riß und erzielten einen überwältigenden 12:1-Sieg. Im Viertelfinale trafen die Spatzen auf die Stuttgarter Kickers und sicherte sich mit einem souveränen 2:0-Sieg den Einzug ins Halbfinale. Dort unterlagen sie etwas überraschend und gleichzeitig unglücklich trotz langer Überzahl am 1. Mai gegen die SG Sonnenhof Großaspach mit 0:2 – allerdings lief auch eine Art B-Elf auf, da am Wochenende darauf die entscheidende Partie gegen Viktoria Köln in der Liga wartete.
 
Ausblick auf die kommende Saison
Nach diesem historischen Aufstieg steht der SSV Ulm 1846 nun vor der großen Herausforderung, sich in der 2. Bundesliga zu behaupten. Doch mit dem Schwung aus der Aufstiegssaison und der Führung durch Trainer Thomas Wörle ist der SSV Ulm 1846 gut gerüstet, um auch in der 2. Bundesliga eine gute Rolle zu spielen.
 
Kontinuität im Trainerteam
Erfolgscoach Thomas Wörle, der den SSV Ulm in den letzten zwei Jahren erst in die 3. Liga und nun in die 2. Bundesliga geführt hat, bleibt dem Verein vermutlich erhalten. Wörle hat einen Vertrag bis 2025 und genießt sowohl das Vertrauen des Vereins als auch der Fans. Trotz Interesse anderer Klubs ist ein Wechsel erst einmal unwahrscheinlich, da Wörle weiterhin die Erfolgsgeschichte bei den Spatzen fortführen möchte. Zudem besteht auch bei ihm wohl ein gewisses Gefühl der Dankbarkeit, da er beispielsweise zuvor auch schon einmal zwei Jahre lang vereinslos gewesen war.
 
Kaderplanung: Fokus auf gezielte Verstärkungen
Allzu große Umbrüche soll es laut Geschäftsführer Markus Thiele erst einmal nicht geben. Der aktuelle Stand sieht vor, dass 15 Spieler für die kommende Saison unter Vertrag stehen. Bei Romario Rösch hat sich etwa der Vertrag durch den Aufstieg automatisch verlängert, auch wichtige Leistungsträger wie Felix Higl, Tom Gaal oder Max Brandt bleiben dem Team erhalten. Leonardo Scienza hingegen wird in die Bundesliga zum 1. FC Heidenheim wechseln, was natürlich ein schmerzhafter Verlust ist, dafür aber auch Geld in die Kasse spielt – der Brasilianer soll eine auf 600.000 Euro bezifferte Ausstiegsklausel in seinem Vertrag gehabt haben. Im Gegenzug werden wohl einige gezielte Verstärkungen erfolgen, um die Mannschaft punktuell zu verbessern.
 
Modernisierung des Donaustadions
Für den Zweitliga-Betrieb muss außerdem das Donaustadion an einigen Stellen modernisiert werden. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) hat hier glücklicherweise ihr Go gegeben und Ulm die Lizenz für die 2. Bundesliga erteilt, allerdings müssen bis zum 17. Juli diverse bauliche Maßnahmen abgeschlossen sein. Dazu zählen eine hellere Flutlichtanlage, die Einrichtung eines Glasfasernetzes, eine stabile Stromversorgung, die Installation der Torlinientechnologie und eine Rasenheizung. Sollte das Zeitfenster nicht ausreichen, müsste der SSV Ulm zu Beginn der Saison auf ein anderes Stadion ausweichen, wobei die Auswahl des Ausweichstadions und die Finanzierung der Maßnahmen noch unklar sind. Langfristig sind umfassendere Umbauten im Stadion nötig, die rund zehn Millionen Euro kosten werden. Allerdings hat hier auch die Stadt Ulm bereits ihre Unterstützung zugesagt.
 
Finanzielle Aussichten und Herausforderungen
Durch den Aufstieg in die 2. Bundesliga wird das Budget des Vereins deutlich ansteigen. Allein aus TV-Einnahmen wird der SSV Ulm über sieben Millionen Euro erhalten – im Vergleich zu 1,2 Millionen Euro in der 3. Liga. Durch den Aufstieg steigen zudem die Einnahmen aus Ticketverkäufen, Sponsoring und Merchandise. Gleichzeitig erhöhen sich aber auch die Kosten, insbesondere die Spielergehälter. Der Verein plant dennoch vorsichtig und hat von der DFL keine wirtschaftlichen Auflagen erhalten. Hinzu kommt, dass nun auch ein großer US-amerikanischer Investor als Geldgeber beim SSV Ulm eingestiegen ist und einen einstelligen Millionenbetrag (laut Südwest Presse liegt dieser bei etwa 3,4 Millionen Euro) investiert. Es handelt sich dabei um einen Ur-Ur-Enkel von Henry Ford, der jedoch keinen Einfluss auf den Verein nehmen möchte.
 
Zielsetzung für die kommende Saison
Das primäre Ziel des SSV in der kommenden Zweitliga-Saison ist natürlich der Klassenerhalt. Als Vorbild könnte hier die SV Elversberg dienen, die ebenfalls den direkten Durchmarsch in die 2. Liga geschafft hat und dort in dieser Saison erfolgreich agierte, ohne tief im Abstiegskampf zu sein. Wir wünschen den Ulmern dafür alles Gute und gratulieren noch einmal ganz herzlich zu dieser tollen Saison!