Algorithmus im US-Gesundheitswesen benachteiligt Schwarze

Afroamerikaner in den USA werden bei der Krankenhausversorgung aufgrund einer mathematischen Formel für die Verteilung von Leistungen oft deutlich benachteiligt. Der von tausenden US-Krankenhäusern eingesetzte Algorithmus stuft einer Studie zufolge die Gesundheitsrisiken vieler schwarzer Patienten zu niedrig ein, wie das Fachmagazin "Science" berichtet. Die Folge sei, dass Schwarze bei der Auswahl von Patienten, die beschleunigt und besonders intensiv versorgt werden, im Allgemeinen zu kurz kommen.

Ziad Obermeyer von der University of California in Berkeley berichtete, dass er und Kollegen bei der Analyse von Daten eines großen - nicht benannten - großen Krankenhauses auf die Schlagseite in der Formel gestoßen seien.

Mit Hilfe des weitverbreiteten Algorithmus ermittelte das Hospital unter ambulanten Patienten jene mit der angeblich höchsten "Risikoquote", etwa wegen Diabetes oder Herzschwäche. Den drei Prozent der Patienten mit dem laut der Kalkulation höchsten Risiko gewährt das Krankenhaus möglichst schnell Termine und in manchen Fällen auch Hausbesuche.

Bei de facto gleichem Gesundheitsrisiko stufte der Algorithmus den Krankheitsgrad weißer Patienten jedoch der Studie zufolge häufig als höher ein als den von Afroamerikanern. Der Grund war laut Obermeyer, dass in das Computerprogramm nicht Daten über den tatsächlichen Gesundheitszustand der Patienten eingespeist werden, sondern vielmehr über die Kosten, die sie in der Vergangenheit dem Gesundheitswesen verursacht haben.

Diese Daten ergeben aber nach Angaben des Forschers ein verzerrtes Bild: Schwarze erzeugen häufig nur deshalb weniger Gesundheitskosten, weil sie unterprivilegiert sind - also etwa keine oder nur eine schlechte Krankenversicherung haben. Dies führt unter anderem dazu, dass sie im Schnitt seltener zum Arzt gehen als Weiße.

"Bei zwei Patienten mit demselben Risiko - einem weißen und einem schwarzen - war es deutlich wahrscheinlicher, dass der schwarze Patient im darauffolgenden Jahr deutlich größere Gesundheitsprobleme hatte", sagte Obermeyer der Nachrichtenagentur AFP. Obwohl das Programm nicht auf Herkunft oder Hautfarbe der Patienten eingehe, sei es eine Illusion zu glauben, dass es mit "objektiven" biologischen oder physiologischen Kriterien arbeite.

Die Forscher haben inzwischen in Zusammenarbeit mit dem Entwickler des Algorithmus erreicht, dass dieser die Formel um 80 Prozent zugunsten der Afroamerikaner korrigiert. Der nächste Schritt müsse dann aber sein, in den Datenbanken den medizinischen Daten Priorität zu geben, betonte Obermeyer.

"Es ist wirklich seltsam, dass die wichtigste Quelle für medizinische Daten aus finanziellen Vorgängen stammt", sagte der Forscher AFP. Das Gesundheitssystem nehme die "Notwendigkeit, qualitativ hochwertige Gesundheitsdaten zu erfassen, nicht ernst". Die Informationen über den wahren Gesundheitszustand der Menschen hingen somit "fast vom Zufall" ab.