In unserer immer schnelllebigeren Zeit bleibt der Genuss oft auf der Strecke. Es wird immer wichtiger sich bewusst Zeit zu nehmen um den Lärm der Welt zu vergessen. Für das eigene Wohlergehen zu sorgen kann sich auch auf den eigenen Gesundheitszustand positiv auswirken. Dabei stellt sich die Frage, was Genuss eigentlich ist und was er in uns bewirkt.
Genuss ist eine positive Einwirkung auf ein oder mehrere Sinne des Menschen. Genuss ist höchst subjektiv, es ist wichtig sich auf das Genießen einlassen zu können. Das Bewusstsein darüber ist erforderlich, denn sobald etwas zur Routine wird, fällt es vielen schwer, dies noch zu genießen. So kann der ursprüngliche Genuss, wenn dieser nicht mehr mit besonderer Freude verbunden wird, nur noch Ablenkung für das Gehirn sein oder sogar zur Sucht führen.
Geschmäcker sind unterschiedlich
Was als Genuss empfunden wird, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Genuss wird oft mit Kulinarik in Verbindung gebracht, doch er ist wesentlich vielfältiger. So stimuliert es bei einer Person den Sehsinn, wenn diese ein Kunstwerk betrachtet, welches für andere mit einer Beleidigung für das Auge gleichzusetzen ist. Andere Menschen genießen Massagen, unterschiedliche Musikstile, eine gute Zigarre oder eine Bergwanderung. Daher gibt es kein Patentrezept, wie man am besten genießt. Durch ausprobieren sammelt man Erfahrung, was das Genießen für einen selbst bedeutet. Kann man eigentlich nicht genießen? Es gibt Menschen, die sich bewusst dem weltlichen Genuss verschließen und Askese praktizieren. Darunter versteht man den bewussten Verzicht. Begierde, die auf sinnlichen Genuss gerichtet ist, soll unterdrückt, die Fähigkeit zur Selbstkontrolle hingegen gestärkt werden. Doch dadurch, dass auf die Sinne wenige Reize ausgeübt werden, entsteht eine innere Ruhe. Diese kann auch genossen werden, wodurch der Asket im Licht eines „alternativen Genießers“ erscheint. Personen hingegen, die sich an nichts mehr erfreuen können, haben ein stark erhöhtes Risiko Depressivität zu entwickeln.
Genießen ist erlernbar
Da das menschliche Gehirn sehr gut darin ist, Muster zu erkennen und zu lernen, wird es sich bei vielen Formen des Genusses weiterentwickeln. Dies ist einerseits wünschenswert, da die eigenen Sinne geschult werden, andererseits sind Enttäuschungen vorprogrammiert. Wer gerne gereifte Spitzenweine, alte Single Malt Whiskys, edle Schokolade oder Gerichte von Sternegastronomen genießt, den führt der Standard auf dem Teller oder im Glas nicht mehr zur Begeisterung, da sich der Geschmackssinn entwickelt hat. Eine zweitklassige Massage, ein schlecht gemaltes Kunstwerk oder ein musikalisches Stück, das nur aus drei Standardakkorden besteht kann für den Kenner ein Graus sein. Genießen ist daher ein permanenter Lernprozess, bei dem es darauf ankommt, Neues auszuprobieren, seinen Horizont zu erweitern, Abwechslung zu erleben, andere Stimmen zu akzeptieren, sich nicht nur mit dem Besten zufrieden zu geben und nicht alles mit ernster Miene zu betrachten. So bleibt die Freude am Genuss erhalten.
Genuss und Gesundheit
Die gesundheitlichen Auswirkungen des Genusses sind noch ein breites Forschungsfeld, jedoch legen Erkenntnisse nahe, dass „kleine Sünden“ im Alltag auch ihre positiven Seiten haben. Wer sein Lieblingsgericht verzehrt, sorgt dafür, dass im Körper Glückhormone ausgeschüttet werden. Diese Glückshormone haben Auswirkungen auf den Verdauungstrakt und können die Mahlzeit „bekömmlicher“ machen. Wer zum Beispiel ohne innere Überzeugung seine Ernährung komplett auf gesunde Kost umstellt, füllt seine Vitaminspeicher zu Lasten seines Glückshormonspiegels. Genuss ohne Übertreibung und gute Gesundheit spielen Hand in Hand. Es ist daher für jeden Menschen eine Gratwanderung, auf sich zu achten und dabei die Freude am gelegentlichen Genuss nicht zu verlieren.
Geteilte Freude ist doppelte Freude
Wer sich mit Freunden zusammenschließt, die Genuss ähnlich interpretieren wie man selbst, kann man den positiven Einfluss des Genießens noch verstärken. Ein Glas Wein in geselliger Runde zu genießen, über das neuste Kunstobjekt zu philosophieren, den Wellnesstag oder die Bergwanderung mit dem Partner zu verbringen macht oftmals noch mehr Freude, als wenn man sich dem Genuss im Alleingang widmet, denn irgendwie ist es auch eine Form von Genuss, wenn man die Freude und Begeisterung in anderen Augen sieht. | Text: Lukas Kalo