Wiedereinführung der Wehrpflicht in Deutschland

Gesellschaftliche Meinungen, politische Perspektiven und rechtliche Aspekte

Seit der Aussetzung der Wehrpflicht im Jahr 2011 steht Deutschland vor der Herausforderung, die Bundeswehr als Freiwilligenarmee personell ausreichend zu besetzen. Aktuelle sicherheitspolitische Entwicklungen, insbesondere der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, haben die Diskussion über eine mögliche Reaktivierung der Wehrpflicht neu entfacht. Befürworter argumentieren, dass eine Wehrpflicht die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands und die gesellschaftliche Verantwortung junger Menschen stärken würde. Kritiker hingegen befürchten Einschränkungen der individuellen Freiheit und hohe Kosten für den Staat.

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Andreas Jäckel Landtagsabgeordneter, CSU Statement unten nach dem Artikel
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Cemal Bozoğlu Landtagsabgeordneter, Bündnis90/Die Grünen Statement unten nach dem Artikel
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Eric Beißwenger Staatsminister für Europaangelegenheiten, CSU Statement unten nach dem Artikel
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Alexander Hold Landtagsabgeordneter Freie Wähler Statement unten nach dem Artikel
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Andreas Kaufmann Landtagsabgeordneter, CSU Statement unten nach dem Artikel
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Bernhard Pohl Landtagsabgeordneter Freie Wähler Statement unten nach dem Artikel
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Joachim Konrad Landtagsabgeordneter, CSU Statement unten nach dem Artikel
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Fabian Mehring Landtagsabgeordneter, Freie Wähler Staatsminister für Digitales Statement unten nach dem Artikel
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Klaus Holetschek Landtagsabgeordneter, Vorsitzender der CSU-Fraktion Statement unten nach dem Artikel
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Simone Strohmayr Landtagsabgeordnete, SPD Statement unten nach dem Artikel
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Stephanie Schuhknecht Landtagsabgeordnete, Bündnis90/Die Grünen Statement unten nach dem Artikel
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Peter Tomaschko Landtagsabgeordneter, CSU Statement unten nach dem Artikel
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Max Deisenhofer Landtagsabgeordneter, Bündnis90/Die Grünen Statement unten nach dem Artikel
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Ulrike Müller Landtagsabgeordnete, Freie Wähler Statement unten nach dem Artikel
Voraussetzungen für eine Wiedereinführung der Wehrpflicht
Gemäß Artikel 12a des Grundgesetzes kann die Wehrpflicht in Deutschland im Spannungs- oder Verteidigungsfall wieder aktiviert werden. Eine allgemeine Wiedereinführung im Friedenszustand würde jedoch eine politische Entscheidung erfordern, die sowohl gesetzliche Anpassungen als auch gesellschaftlichen Konsens voraussetzt. Rechtlich wäre dies mit Änderungen im Grundgesetz verbunden, da die bisherige Regelung nur Männer zum Wehrdienst verpflichtete.

 

Gleichheitsgrundsatz: Wehrpflicht für Männer und Frauen?
Die ursprüngliche Wehrpflicht in Deutschland galt ausschließlich für Männer. Eine Wiedereinführung müsste jedoch den heutigen Gleichheitsgrundsätzen entsprechen. Artikel 3 des Grundgesetzes garantiert die Gleichberechtigung von Männern und Frauen, was bedeutet, dass eine geschlechtspezifische Dienstpflicht rechtlich problematisch wäre. Allerdings sieht Artikel 12a GG derzeit nur die Verpflichtung von Männern zum Wehrdienst vor, während Frauen nicht zum Dienst mit der Waffe verpflichtet werden dürfen.

Um eine verfassungskonforme und geschlechtergerechte Lösung zu finden, könnte die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht für alle Geschlechter diskutiert werden. Diese würde sowohl militärische als auch zivile Dienste umfassen und somit dem Gleichheitsgrundsatz entsprechen. Ein Blick auf andere Länder zeigt verschiedene Ansätze: Schweden führte 2017 die Wehrpflicht wieder ein, wobei sowohl Männer als auch Frauen zum Dienst herangezogen werden können. Dieses Modell könnte als Inspiration für Deutschland dienen, um eine geschlechtergerechte Dienstpflicht zu etablieren.

 

Gesellschaftliche Meinungen zur Wehrpflicht
Die Diskussion über die Wiedereinführung der Wehrpflicht ist nicht nur in politischen Kreisen präsent, sondern spiegelt sich auch in der öffentlichen Meinung wider. Aktuelle Umfragen zeigen ein differenziertes Bild, insbesondere wenn man die Altersgruppen betrachtet. Eine Umfrage des Marktforschungsinstituts YouGov vom März 2025 ergab, dass 58 Prozent der Deutschen eine Wiedereinführung der Wehrpflicht befürworten, während 34 Prozent dagegen sind. Diese Zahlen verdeutlichen eine Mehrheit zugunsten der Wehrpflicht. Dabei zeigen sich jedoch Unterschiede zwischen den Altersgruppen:

 

    Jüngere Generation (18 bis 29 Jahre): In dieser Altersgruppe, die direkt von einer möglichen Wiedereinführung betroffen wäre, lehnen 61 Prozent die Wehrpflicht ab, während nur 33 Prozent dafür sind.

    Ältere Generation (ab 60 Jahre): Hier steigt die Zustimmung deutlich an, mit 59 Prozent, die eine Wiedereinführung der Wehrpflicht unterstützen.

 

Auch eine Umfrage auf dem Instagram-Channel von TRENDYone zeigt ein ähnliches Bild: Rund zwei Drittel der Befragten sprechen sich für die Wiedereinführung der Wehrpflicht aus, während ein Drittel dagegen ist.

 

Politische Einschätzungen zur Wehrpflicht
Wir haben Politiker unterschiedlicher Parteien nach ihrer Meinung zur Wiedereinführung der Wehrpflicht befragt. Dabei zeigte sich ein breites Meinungsspektrum:

 

Fazit
Die Diskussion über die Wiedereinführung der Wehrpflicht in Deutschland ist komplex und erfordert eine sorgfältige Abwägung von sicherheitspolitischen Notwendigkeiten, verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen und gesellschaftlichen Erwartungen. Eine moderne und gerechte Lösung könnte in der Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht liegen, die sowohl militärische als auch zivile Dienste umfasst und für alle Geschlechter gilt. Dies würde nicht nur dem Gleichheitsgrundsatz entsprechen, sondern auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken.




Alexander Hold
Landtagsabgeordneter Freie Wähler 
„Ich habe selbst Söhne im wehrfähigen Alter und möchte sie nun wirklich nicht in einer kämpfenden Armee sehen. Es gilt nun aber genau die Freiheit und den Wohlstand der kommenden Generation zu sichern. Nur durch die Fähigkeit, sich zu verteidigen werden wir angesichts des russischen Imperialismus einen Krieg und die Unterwerfung unter autoritäre Regime verhindern können. In der veränderten Sicherheitslage zeigt sich mehr denn ja, dass hierzu eine Wehrpflicht notwendig wäre. Das teils vorgebrachte Argument, eine moderne Armee brauche für ihre komplexen Waffensysteme nur noch berufsmäßige Spezialisten, ist falsch: Es gibt genügend Aufgaben vom Kraftfahrer über Schreibtischarbeiten, die Verpflegung, die zunehmend wichtiger werdende Sicherung von Liegenschaften und Infrastruktur, für die wir gar nicht mehr ausreichend Zeit- und Berufssoldaten anwerben können. Für die allgemeine Dienstpflicht ist jedoch eine Grundgesetzänderung notwendig. Die dazu erforderliche 2/3-Mehrheit ist nicht absehbar. Wir haben aber keine Zeit zu verlieren. Daher wird die Rückkehr zur klassischen Wehrpflicht (für die es keine Grundgesetzänderung braucht) der einzig gangbare Weg sein.“

 




Andreas Jäckel
Landtagsabgeordneter, CSU 
„Ein sorgfältiger Abwägungsprozess von Pro und Contra muss der Entscheidung vorausgehen. In der Summe komme ich zu folgendem Ergebnis: Die Wiedereinsetzung der Wehrplicht ist aus meiner Sicht eindeutig zu befürworten. Ergänzend sollten wir die Weiterentwicklung zu einem Gesellschaftsjahr für alle im Blick behalten. Warum: Die Sicherheit gegenüber externen Bedrohungen ist für unser Land Voraussetzung für eine Freiheit in Frieden;  all das was wir die letzten Jahrzehnte gottlob in Mitteleuropa sichern und weiterentwickeln konnten. Dazu benötigen wir einen wehrhaften Staat. Allein der Personalbedarf für diese Wehrhaftigkeit ist weit höher als der jetzige Stand in unserer Bundeswehr. Gesellschaftlich ist die Verankerung der Wehrplicht für die Dienstleistenden mit sozialem und praktischem Kompetenzerwerb verbunden, ebenso wird die Armee mitten in der Gesellschaft verankert. Fehlende bauliche, logistische und personelle Voraussetzungen stehen als Contrapunkte entgegen, diese müssen konsequent nach und nach behoben werden. Überbrückungen mit heimatnaher Verwendung und ein Vorangehen Schritt für Schritt wären ein guter Anfang. Zusätzlich muss das Thema Wehrgerechtigkeit gelöst werden. Insgesamt möchte ich aber keine Argumente für ein Contra sammeln, sondern Lösungen ermöglichen für das Gelingen einer Wiedereinsetzung der Wehrpflicht. Für Frieden und Sicherheit in Freiheit!“







Andreas Kaufmann
Landtagsabgeordneter, CSU
„Die sicherheitspolitische Lage in Europa hat sich drastisch verändert. Deutschland steht vor der Herausforderung, seine Verteidigungsfähigkeit zu stärken, um der veränderten Bedrohungslage gerecht zu werden. Daher befürworte ich die Einführung einer aufwachsenden Wehrpflicht, die jungen Menschen die Möglichkeit gibt, erste Berührungspunkte mit der Bundeswehr zu sammeln und so die Hemmschwelle für eine langfristige Verpflichtung zu senken. Denn die Erfahrung zeigt, dass viele junge Menschen erst durch den Grundwehrdienst unmittelbar mit der Bundeswehr in Kontakt kommen und sich aufgrund der praktischen Erfahrungen für eine Weiterverpflichtung entscheiden. Früher war dies ein bewährtes Modell, das nicht nur die Streitkräfte stärkte, sondern auch das gesellschaftliche Bewusstsein für Sicherheitspolitik und den Verteidigungsauftrag Deutschlands förderte. Heute allerdings steht die Bundeswehr vor einem akuten Personalproblem: Sie benötigt zehntausende zusätzliche Soldaten, um ihre NATO-Verpflichtungen zu erfüllen und ihre Einsatzbereitschaft zu sichern: Aktuell verfügen wir über 180.000 Soldaten, benötigt aber mindestens 203.000. Ein rein freiwilliges Modell hat bisher nicht genügend Nachwuchs generieren können. Ein verpflichtendes Modell mit klaren Anreizen ist daher notwendig, um langfristig ausreichend Personal zu gewinnen. Abhilfe für dieses bekannte Problem kann eine aufwachsende Wehrpflicht schaffen: Statt einer flächendeckenden Einberufung, wie sie früher bestand, sollen zwar alle jungen Menschen gemustert werden, aber nur ein Teil der als tauglich Befundenen und auch motivierten auch tatsächlich eingezogen werden. Eine schrittweise Einführung ist daher der richtige Weg, denn er erlaubt sowohl eine gezielte Personalgewinnung als auch die Stärkung der gesellschaftlichen Verankerung der Bundeswehr. Perspektivisch sollte aus der Wehrpflicht ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr entstehen, das allen jungen Menschen offensteht – sei es im Militär, im Katastrophenschutz oder im sozialen Bereich. So wird nicht nur die Bundeswehr gestärkt, sondern auch der gesamtgesellschaftliche Zusammenhalt gefördert.“







Bernhard Pohl
Landtagsabgeordneter Freie Wähler
„Die faktische Abschaffung der Wehrpflicht 2011 durch den damaligen Verteidigungsminister zu Guttenberg war ein schwerer Fehler. Ich befürworte die Wiedereinführung der Wehrpflicht, allerdings nur als Übergangslösung bis wir die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen für ein Gesellschaftsjahr geschaffen haben. Was ist der Unterschied? Bei der Wehrpflicht gibt es nur die Möglichkeit, aus Gewissensgründen zu verweigern und dann Ersatzdienst zu machen. Das Gesellschaftsjahr ist zwar auch verpflichtend, gibt aber die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Betätigungsfeldern zu wählen. Es soll 12 Monate dauern und Männer und Frauen gleichermaßen treffen. Es ist auch nicht beschränkt auf deutsche Staatsbürger, sondern müsste von allen abgeleistet werden, die dauerhaft hier leben. Wir brauchen Wehrdienstleistende. Frieden und Freiheit sind keine Geschenke, die vom Himmel fallen, wir werden sie nur dann erhalten, wenn wir nach außen deutlich machen, dass wir für verteidigungsfähig und verteidigungsbereit sind, und zwar nicht nur einige Berufssoldaten, sondern die gesamte Bevölkerung. Machen wir uns nichts vor: Die Gefahr eines russischen Diktators Putin, der sich als Nachfolger des kommunistischen Massenmörders Josef Stalin bezeichnet, ist mehr als real. Russland möchte, und das hat Putin öffentlich geäußert, die alte Sowjetunion wiederherstellen und die Länder Osteuropas, vielleicht auch Deutschland, in seine Machtsphäre eingliedern. Er betreibt eine massive Aufrüstung und wird die NATO angreifen. Wer das nicht erkennt, ist blauäugig. Darauf brauchen wir eine Antwort. Wir benötigen moderne Geräte und Waffensysteme, aber insbesondere auch gut ausgebildete, leistungs- und verteidigungsbereite Soldaten – neben Berufs- und Zeitsoldaten sind dies auch die Wehrpflichtigen, die künftig wieder dafür sorgen werden, dass die Zahl der Reservisten bedarfsgerecht aufwächst.“

Cemal Bozoğlu
Landtagsabgeordneter, Bündnis90/Die Grünen
„In Zeiten, in denen Autokraten die regelbasierte Weltordnung infrage stellen, wird Verteidigung für uns wichtiger. Doch die Wiedereinführung einer allgemeinen Wehrpflicht lehne ich im Moment ab. Statt auf Zwang zu setzen, brauchen wir eine professionelle, gut ausgerüstete und freiwillige Bundeswehr sowie insbesondere auch Lösungen auf europäischer Ebene. Die Wehrpflicht hat in der Vergangenheit Ressourcen gebunden, die anderswo effektiver hätten eingesetzt werden können. Dennoch muss natürlich ein modernes Sicherheitskonzept flexibel bleiben. In einer unsicheren Welt können wir nichts grundsätzlich ausschließen, sondern müssen gegebenenfalls auf neue Gefährdungen reagieren können.“




Eric Beißwenger
Staatsminister für Europaangelegenheiten, CSU
„Wegen der wachsenden Bedrohungslage könnte eine Reaktivierung und mittelfristig auch eine Weiterentwicklung der Wehrpflicht notwendig werden. Das frühere Wehrpflichtmodell könnte verfassungsrechtlich einfach reaktiviert werden. Besser wäre aus meiner Sicht aber eine allgemeine Dienstpflicht, ein sogenanntes Gesellschaftsjahr für Männer und Frauen bei der Bundeswehr, in Vereinen oder sozialen Einrichtungen. Die Durchsetzung einer solchen Reform wäre politisch herausfordernd, weil es hierfür im Bundestag eine Zweidrittelmehrheit braucht. Mit AfD und Linken funktioniert das nicht. Wir sollten deshalb erstens umgehend den freiwilligen Wehrdienst attraktiver machen zum Beispiel durch einen Bonus beim Numerus Clausus oder durch Ausbildungsverkürzungen. Zweitens bräuchten wir wieder eine vollständige Wehrerfassung, um wieder die Voraussetzung für künftige Einberufungen zu schaffen. Auf dieser Grundlage könnte dann drittens die bestehende Wehrpflicht reaktiviert oder eine Kontingentwehrpficht geschaffen werden, bei der passgenau so viele junge Menschen einberufen werden, wie für die Bundeswehr gebraucht werden.“




Fabian Mehring
Landtagsabgeordneter, Freie Wähler
Staatsminister für Digitales

„Dass die Wehrpflicht ersatzlos abgeschafft wurde, statt den traditionellen Dienst am Staat zeitgemäß zu modernisieren, halte ich für einen Fehler. Stattdessen werbe ich, seit ich Politik mache, für ein – für Frauen und Männer gleichermaßen verpflichtendes – Gesellschaftsjahr. Neben einem Engagement im sozialen Bereich, im Katastrophenschutz, der Pflege oder zugunsten des Vereinslebens in unserer Heimat sollte eine Option, ein solches „Deutschlandjahr“ abzuleisten, der Dienst in unserer Bundeswehr sein. Kurzum: Ich finde, dass alle Menschen in Deutschland entweder zusammenhängend oder im Verlauf ihres Lebens einen persönlichen Pflichtbeitrag zu unserem Gemeinwesen leisten sollten. Wer möchte, sollte dies in Zukunft auch wieder in der Bundeswehr tun können. Im Grunde handelt es sich dabei um die Idee einer zeitgemäßen Erweiterung und Modernisierung der früheren Kombination aus Wehrdienst oder Zivildienst um weitere Aktivitäten und mit flexiblen Zeitmodellen.“




Joachim Konrad
Landtagsabgeordneter, CSU
„ich bin für ein allgemeines verpflichtendes Gesellschaftsjahr für alle Frauen und Männer ab 18 Jahren. Damit hätten wir drei Probleme gelöst. Zum einen die Gerechtigkeitslücke geschlossen, zum anderen genügend Nachwuchskräfte für die Bundeswehr und schließlich wieder dringend benötigte Kräfte in Pflegeheimen und anderen wichtigen sozialen Einrichtungen.“




Klaus Holetschek
Landtagsabgeordneter, Vorsitzender der CSU-Fraktion
„Um unsere Gemeinschaft zu stärken, müssen wir Herausforderungen auch gemeinschaftlich angehen. Unser Ziel ist ein Pflichtjahr, das entweder als Wehrdienst oder als Gesellschaftszeit zum Beispiel bei einer sozialen oder ökologischen Einrichtung absolviert werden kann. Die Dauer sollte grundsätzlich ein Jahr betragen. Lassen es die jeweiligen Aufgaben der Einrichtungen zu, soll es flexible Modelle geben, um verschiedene Lebensentwürfe abzudecken. Junge Menschen, die sich über einen längeren Zeitraum für das Gemeinwohl engagieren, sollen davon auch mehr profitieren als bisher. Umfragen zeigen: Eine Mehrheit der Menschen in Bayern ist für eine verpflichtende Gesellschaftszeit. Ich bin überzeugt: Unsere Gesellschaft lebt von Menschen, die mehr tun als ihre Pflicht. Gerade das Engagement der Bürgerinnen und Bürger macht das Leben in Bayern so lebenswert.“




Max Deisenhofer
Landtagsabgeordneter, Bündnis90/Die Grünen
„Eine Wehrpflicht ist immer ein krasser Eingriff in die Freiheit junger Menschen. Deshalb muss die Entscheidung über die Wiedereinführung gut abgewogen werden. Angesichts der weltpolitischen Lage wird jedoch immer deutlicher, dass die Bundeswehr deutlich mehr Personal rekrutieren muss. Sollte es tatsächlich zu einer „Pflicht“ kommen, plädiere ich für ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr für alle Geschlechter, das neben der Bundeswehr auch in sozialen Einrichtungen oder beispielsweise im Sportverein abgeleistet werden kann.“




Peter Tomaschko
Landtagsabgeordneter, CSU
„Angesichts der wachsenden sicherheitspolitischen Herausforderungen muss unsere Gesellschaft resilienter werden. Deshalb macht die Wiedereinführung der Wehrpflicht Sinn. Perspektivisch kann sie als eine von mehreren Optionen in eine allgemeine Dienstpflicht eingebettet werden, die in einer breiten gesellschaftlichen Debatte zu diskutieren ist. Die aktuelle Bedrohungslage zeigt, dass die Bundeswehr personell gestärkt werden muss – sowohl im Hinblick auf die Aufwuchsfähigkeit als auch die Durchhaltefähigkeit. Die Wiedereinführung der Wehrpflicht kann hierzu einen wesentlichen Beitrag leisten. Allerdings kann dies nicht über Nacht geschehen. Es ist entscheidend, dass der Verteidigungsminister zunächst die notwendigen strukturellen Anpassungen vornimmt, um eine realistische Umsetzung zu ermöglichen. Dazu bedarf es eines klaren Konzepts, das Planungssicherheit für die Bundeswehr schafft, den betroffenen Jahrgängen Orientierung gibt und in der Gesellschaft auf Akzeptanz stößt.

Die Bundeswehr leistet einen essenziellen Beitrag zum Schutz unserer freiheitlichen Demokratie. Ihre Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit muss gestärkt werden, insbesondere durch mehr Aufklärung über ihre verantwortungsvolle Aufgabe, beispielsweise an Schulen. Bayern geht hier mit dem bayerischen Bundeswehrgesetz bereits voran, um die Kooperation mit der Bundeswehr zu intensivieren und sie in der Gesellschaft stärker zu verankern. Dieses Gesetz hat Vorbildcharakter für Deutschland und weitere Bundesländer.“




Simone Strohmayr
Landtagsabgeordnete, SPD
„Ich bin für ein Gesellschaftsjahr – also ein verpflichtendes Jahr für junge Frauen und Männer, im sozialen Bereich oder bei der Bundeswehr. Es ist zwingend notwendig, dass unsere Bundeswehr vollständig einsatzbereit ist, und dafür braucht es viel Geld und Personal. Eine Wehpflicht ist m. E. derzeit nicht umsetzbar, es fehlen Unterbringungsmöglichkeiten für Wehrpflichtige in Kasernen und Ausbildungspersonal. Statt einer Wehrpflicht setze ich mich daher für ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr für alle ein!“




Stephanie Schuhknecht
Landtagsabgeordnete, Bündnis90/Die Grünen
„Ich persönlich und auch wir als GRÜNE sind gegen eine Wiedereinführung der alten Wehrpflicht. Erstens fehlt uns mittlerweile die komplette Infrastruktur dafür, zweitens müsste schon bei aktuellem Personalmangel ein erheblicher Anteil des Personals sich wieder um Musterungen und die Ausbildung kümmern und drittens braucht die Bundeswehr keine einfachen Soldaten mit kurzer Grundausbildung, sondern in den meisten Bereichen hochspezialisierte Kräfte, die sich lange an die Bundeswehr binden.

Wir sind daher für das skandinavische Modell einer freiwilligen Wehrpflicht. Hier werden junge Menschen angeschrieben und um Beantwortung eines Fragebogens gebeten (aufgrund des Grundgesetzes könnte die Beantwortung nur für Männer verpflichtend sein). Hierdurch gerät die Bundeswehr wieder stärker ins Bewusstsein junger Menschen und man gewinnt Personal, dass sich aus Überzeugung und auch langfristig für den Dienst als Soldat*in entscheidet. Gleichzeitig müssen wir die Lebens- und Arbeitsbedingungen bei der Bundeswehr mit neuen Investitionen und besserer Bezahlung anheben, damit das Personal auch dauerhaft bei der Stange bleibt.“




Ulrike Müller
Landtagsabgeordnete, Freie Wähler
„Ich konnte die Aussetzung der Allgemeinen Wehrpflicht noch nie nachvollziehen. Wir brauchen mehr Resilienz in unserem Land. Die sicherheitspolitische Lage hat sich verschärft. Wir müssen unsere Bürgerinnen und Bürger befähigen, unser Land zu verteidigen und für spürbare Sicherheit – sowohl nach außen als auch nach innen – zu sorgen. Eine wehrhafte Demokratie braucht Menschen, die Verantwortung übernehmen können. Die Wehrpflicht bringt auch jungen Menschen Vorteile. Sie fördert Disziplin, Teamgeist und Durchhaltevermögen – wichtige Eigenschaften für das Berufsleben und die persönliche Entwicklung. Zudem gibt sie Orientierung in einer Lebensphase, in der viele noch nicht wissen, welchen Weg sie einschlagen wollen. Gesellschaftlicher Zusammenhalt wird gestärkt. Der Dienst – sei es in der Bundeswehr oder im sozialen Bereich – bringt Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen zusammen. Das fördert gegenseitiges Verständnis, stärkt den Gemeinschaftssinn und schafft ein Bewusstsein für das Gemeinwohl. Ich würde sogar so weit gehen, die Wehrpflicht für alle (w/m/d) einzuführen. Sicherheit und Verantwortung gehen uns alle an – unabhängig vom Geschlecht. Ein verpflichtender Dienst stärkt nicht nur unsere Landesverteidigung, sondern auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die Wiedereinführung der Wehrpflicht wäre ein wichtiger Schritt für mehr Sicherheit, Verantwortungsbewusstsein und Gemeinschaft in Deutschland.“