Zeitzeug*innen-Aufruf: Litauische Geflüchtete im Kempten der Nachkriegszeit
Ausstellung mit Fotografien von Kazys Daugėla 2023 im Bürgerinnen- und Bürgerraum im Kempten-Museum geplant
Hintergrundinformationen zu litauischen Emigrant*innen in Kempten
Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs hatte Kempten ungefähr 28.000 Einwohner*innen. Im August 1945 lebten außerdem in der Stadt über 9.000 Ausländer*innen, die von der amerikanischen Militärregierung als „Displaced Persons“ (DPs) anerkannt waren. Unter ihnen befanden sich viele Menschen aus Weißrussland, der Ukraine und Polen, die als Zwangsarbeiter*innen oder als Häftlinge in Außenkommandos des Konzentrationslagers Dachau ins Allgäu gekommen waren. Eine weitere große Gruppe bildeten die etwa 2.500 Angehörigen der von Stalin annektierten baltischen Staaten, sich auf der Flucht vor den sowjetischen Truppen auf den Weg nach Westen begeben hatten. Ein kleiner Teil der DPs lebte in Privatwohnungen. Die meisten wurden jedoch in Lagern untergebracht, getrennt nach ihrer Herkunft. Diese Camps, die vor allem in ehemaligen Schulen oder Kasernen eingerichtet waren, unterstanden der Militärregierung. Die Stadtverwaltung musste ihnen Lebensmittel, Brennstoff, Einrichtungsgegenstände usw. liefern. Ab Sommer 1946 waren die Litauer*innen u.a. in der ehemaligen Schlosskaserne im Ostflügel der Residenz untergebracht. In vielen Lagern entwickelte sich trotz der schwierigen äußeren Bedingungen ein bemerkenswertes kulturelles Leben. Die Litauer*innen organisierten Gottesdienste, Schulunterricht, Erwachsenenbildung, Theateraufführungen, Folkloreveranstaltungen, Sportwettkämpfe usw. Es gab auch eigene Lagerzeitungen. Im März 1947 lebten immer noch 1.300 litauische Emigrant*innen in Kempten. Allerdings verließen die meisten der im Kemptener Lager lebenden Litauer in den folgenden Jahren Europa und emigrierten in die USA, so auch der Fotograf Kazys Daugėla.
Weitere Informationen zum den Ausstellungen im Bürgerinnen- und Bürgerraum finden sich auf der Website: Sonderausstellungen | KEMPTEN-MUSEUM - IM ZUMSTEINHAUS