Bier-Sommelier Bernhard Sapper von der Schlossbrauerei Unterbaar im Interview

Geschmack ist sein Beruf

„Bierstile“, „Biersprache“ oder auch „Bier und Schokolade“ – diese Ausbildungsfächer klingen nach einem echten Traumberuf. Seit 2004 wird in Deutschland und Österreich die weltweit einzige Ausbildung zum Diplom-Biersommelier angeboten. In Gräfelfing an der Doemens Akademie und im österreichischen Kiesbye´s Bierkulturhaus lernen die Auszubildenden alles über den Herstellungsprozess, die richtige Bierauswahl und die passende Präsentation von Bieren. Einer der Absolventen ist Bernhard Sapper, Gebietsverkaufsleiter in der Schlossbrauerei Unterbaar und: Biersommelier.

Herr Sapper, was war denn ihr Lieblingsfach in der Ausbildung zum Biersommelier?
Das Thema Sensorische Verkostung war schon mein Favorit. Die verschiedenen Bierstile zu erkennen, vor allem die bei uns nicht so geläufigen Biere, war für mich sehr spannend. Es geht dabei um das Aussehen, den Schaum, den Geruch und natürlich auch den Geschmack und das Mundgefühl im An-sowie im Nachtrunk.

Im Ausbildungsplan findet man auch ein Fach mit dem Titel „Bierfehler“. Was lernt man denn da?
B. Sapper: Bierfehler zu erkennen ist gar nicht so leicht. Optisch ist den Bieren nichts anzusehen, aber im Geschmack dominieren Noten, die zu den jeweiligen Biertypen überhaupt nicht passen. Es gibt Biere, die riechen „käsig“ oder nach „nasser Pappe“. Die Schwierigkeit liegt darin, rein sensorisch, das Passende vom Unpassenden zu unterscheiden. Dieses dann genau zu definieren und in Worte zu fassen ist die größte Schwierigkeit – im genannten Fach ‚Bierfehler‘ wird genau das geschult.

Sie haben sich ja auch schon vor Ihrer Ausbildung zum Sommelier mit Bier beschäftigt. Was haben Sie dann noch an neuen Inhalten dazugelernt?
B. Sapper: Früher war meine Vorstellung von Bier doch sehr traditionsgebunden. Ich habe dazugelernt und bin offener und ‚moderner‘ geworden. Biere, die beim ersten Probieren eher ‚fremd‘ schmecken, lehne ich nicht mehr kategorisch ab, sondern betrachte sie mit einer anderen Wertschätzung.  Auch das Thema Rohstoffe wurde sehr ausgiebig behandelt. Und einen umfassenden Überblick gegeben über die außergewöhnliche Vielfalt unterschiedlichster Hopfen-, Malz- und Hefearten. Wir alle hatten die Möglichkeit einen eigenen Biersud einzubrauen und wir lernten vermeintlich profane Dinge, wie die richtige Glaspflege, bzw. das richtige Glas zum richtigen Bier oder auch Themen wie Hygiene und Sauberkeit im Bereich einer Schankanlage.

Weshalb haben Sie sich entschieden, die Ausbildung zum Biersommelier zu machen?
B. Sapper: Bier ist meine große Leidenschaft, schon seit 20 Jahren. Als ich mich entschieden habe, die Ausbildung zu machen, habe ich ja schon lange in der Bier-Branche gearbeitet. Mir ist besonders wichtig, dass Bier ein hochwertiges Produkt ist. Ich möchte anderen das Gespür für diese Qualität näher bringen und ein anderes Verständnis von und für Bier vermitteln. Dafür konnte die Ausbildung für mich eine optimale Basis schaffen.

In welchen Berufen arbeiten andere Biersommeliers?
B. Sapper: Das ist sehr unterschiedlich. Die meisten sind bei einer Brauerei beschäftigt und interessieren sich eben für dieses Thema. Das sind sowohl Inhaber, als auch Angestellte einer Brauerei. Es gibt aber auch eine große Anzahl Privatpersonen, die sich dafür interessieren. Diese Hobbybrauer haben meist auf einer kleinen Microanlage begonnen Bier zu brauen. Und es gibt natürlich auch einen beachtlichen Teil, die diese Ausbildung nutzen möchte, um auf den momentan Trend rund um das Thema Craft-Bier aufzuspringen.

Wie können Sie das, was Sie damals gelernt haben, heute in Ihrem Beruf einsetzen?
B. Sapper: Ich führe häufig Gastronomen, Marktleiter oder andere Kunden der Schlossbrauerei Unterbaar durch unser Unternehmen. Dabei wird natürlich auch verkostet. Ich rege die Gruppen dann an, ihre Sinne für den Geschmack zu schärfen, alles genau wahrzunehmen. Der Geschmack ist am Ende das entscheidende Argument, weshalb sich ein Kunde entscheidet, unser Bier zu verkaufen. Wir machen auch ganze Verkostungsabende bei Gastwirten, bei denen dann die passenden Gerichte zum richtigen Bier serviert werden.

Der Weinsommelier ist natürlich jedem bekannt, der Biersommelier schon weniger. Wo liegen die Unterschiede zwischen diesen beiden Berufen?
B. Sapper: Bei Bier ist die Vielfalt an unterschiedlichen Geschmäckern viel größer. Es enthält 5 bis 7 mal mehr geschmacksaktive Substanzen als Wein. Da gibt es viel zu erschmecken...

Wie kann man auch als normaler Bier-Konsument den Genuss am Bier erlernen, worauf sollte man achten?
B. Sapper: Mit allen Sinnen, Bier kann man sogar hören...

Es gibt ja auch richtige Biersommelier-Weltmeisterschaften. Was wird da getestet?
B. Sapper: Das ist wirklich etwas für die absoluten Freaks. Dabei geht es darum, nationale aber auch internationale Bierstile treffsicher zu erkennen und die dazugehörigen Aromen in möglichst blumiger und ansprechender Sprache zu beschreiben. Über eine Vorrunde und anschließende Hauptrunde führt dann der Weg in ein Finale.

Können Sie bei einer Blindverkostung den Herstellungsprozess und eventuell sogar die Herkunft eines Bieres erkennen?
B. Sapper: Blindverkostung ist wirklich die Königsdisziplin. Die uns geläufigen Bierstile können durchaus erkannt werden. Es kommt dabei natürlich auch auf die Anzahl der blind verkosteten Biere an. Je mehr, desto schwieriger. Den Herstellungsprozess zu definieren ist nicht immer ganz einfach, weil es im technischen Bereich doch Unterschiede gibt. Ob aber ein Bier beispielsweise thermisch behandelt ist oder nicht, lässt sich tendenziell schon erkennen.

Was macht denn ein wirklich gutes Bier aus?
B. Sapper: Geschmäcker sind bekanntlich verschieden. Für mich ist wichtig, dass das Bier einen Charakter hat. Gerade kleine und mittelständische Brauereien bieten eine unglaubliche Vielfalt.  Dort werden Biere noch handwerklich gebraut, die wirklich unterschiedlich sind und jeden Bierliebhaber seine Sorte finden lassen. Großkonzerne die versuchen Biere möglichst „mainstream“ zu produzieren sind nicht meine Welt.