„Brotreform“ Gründer Sven Jansky aus Ulm setzt auf Nachhaltigkeit

Die etwas andere Interpretation einer Bäckerei

Auf Bio sowie vegane Produkte setzt nun ein 26-jähriger Bäckermeister. Sven Jansky reformiert mit seinem neuen Betrieb „Brotreform“ das Bäckerhandwerk und geht in Bezug auf Nachhaltigkeit mit gutem Beispiel voran. Wir trafen den sympathischen jungen Mann und sprachen mit ihm über seinen beruflichen Werdegang, über die Eröffnung seiner Bäckerei sowie über viele weitere spannende Themen.

cropped-1644934537-bildschirmfoto-2022-02-15-um-15.15.14
Bild: Sven Janksy
TRENDYone: Welche Gedanken und Hintergründe stecken hinter dem Namen „Brotreform“?

Sven Janksy: Der Name entstand tatsächlich spontan. Während der Namensfindung war für mich immer eines klar: Ich werde die Bäckerei nie nach meinem Namen benennen, sondern unter einem „fiktiven“ Namen laufen lassen. Ich möchte mich nicht selbst mit dem Namen der Bäckerei in den Vordergrund stellen, ich will die Idee und das Konzept in den Vordergrund stellen. Daraufhin bat ich einen sehr guten Freund, mir bei der Namensfindung zu helfen. Wir trafen uns bei mir zu einem geselligen Abend und fingen an zu grübeln. Je später es wurde, desto lustiger wurden unsere Ideen, bis wir auf den Namen Brotreform kamen – keine Verenglischung, keine Fremdwörter und Vermischungen von Beschreibungen. Der Name setzt sich aus Brot und Reform zusammen. Bei dem Wort Reform ist das Spannende, dass es auch in den Wörtern Reformation und Reformhaus enthalten ist. Genauso spiegelt der Name „Brotreform“ wider, dass das Unternehmen zum einen – wie in der Reformation – den Status quo in Frage stellt und zum anderen Nachhaltigkeit – wie ein Reformhaus – als wichtigen Wert vertritt.
 
Du hast Deinen beruflichen Werdegang mit einem Informatikstudium begonnen. Wie kam es dazu, dass Du letztendlich einen Abschluss zum Bäckermeister erlangt hast?

Nach dem Abitur fing ich zunächst ein Informatikstudium an, merkte dann aber schnell, dass mich das Studium nicht erfüllt. Als ich dann mein Studium abgebrochen hatte, wusste ich, wie es ist, mit leeren Händen dazustehen. Daher hatte ich das Ziel, bevor ich mein nächstes Studium anfange, einen Beruf erlernt zu haben. Nach einem Praktikum in einer Bäckerei fing ich meine Bäckerlehre an, bemerkte jedoch schnell, dass die Arbeitszeiten nicht mein Fall waren. Zunächst wollte ich direkt danach Lebensmitteltechnologie studieren, entschloss mich dann aber dazu, noch schnell meinen Meister und Betriebswirt zu machen, um wirklich abgesichert zu sein. Das Konzept für die Bäckerei „Brotreform“ entstand als meine Innovationsarbeit im Betriebswirt. Auf Anraten eines Dozenten beschloss ich, mit der Idee zur Bank zu gehen. Ursprünglich hatte ich nicht die Intension, selbständig im Bäckerhandwerk zu werden, für mich war es eher eine „Lebensabsicherung“, um beruhigt studieren zu können. Jetzt weiß ich aber, dass ich für mich die Eröffnung von Brotreform der richtige Weg war und ist.
 
Was waren beim Eröffnen der ersten eigenen Bäckerei Deine größten Bedenken?

Anfangs hatte ich keine wirklichen Bedenken, tatsächlich war die ganze „Gründungsphase“ sehr surreal für mich. Ich bemerkte erst mit der Zeit, wie ernst die Gründung wurde. Bis heute habe ich keine Angst, dass mein Konzept nicht gut ankommen wird, vielmehr steht die finanzielle Sorge im Vordergrund. Beim Arbeitsamt bekam ich weder einen Gründerzuschuss noch „Arbeitslosengeld“, um die Gründungsphase zu überleben, also musste ich meine Eltern bitten, mich monatlich zu unterstützen. Zudem konnte ich keine andere Arbeitsstelle aufnehmen, weil mich die Gründung komplett einspannte. Selbst mein Sozialleben blieb sehr oft auf der Strecke. Letztlich bleibt bis heute die Angst vor einer möglichen Insolvenz, aber das ist auch gut so! Denn das treibt mich an, jeden Tag mein Bestes zu geben und das zu schätzen, was bereits ich habe.
 
Wie kam es zu der Entscheidung, rein vegane Produkte und Bioprodukte anzubieten?

Bio war für mich keine Entscheidung, sondern ein Muss! Seither wurde mir beigebracht, mit Lebensmitteln sorgfältig umzugehen und deren Anbau Art zu hinterfragen – sei es in meiner Familie oder während meiner Ausbildung in einer Demeter-Bäckerei. Für mich sind nachhaltig produzierte Lebensmittel keine Entscheidung, sondern meine Lebenseinstellung. Anfangs war meine Idee nicht eine rein vegane Bäckerei zu gründen. Die Produkte komplett
vegan zu backen, entschied ich erst mit der Zeit. Da tierische Produkte schädliche Treibhausgase wie Methan erzeugen, beschloss ich, diese aus meinen geplanten Produktionsschritten zu verbannen. Erst dann erkannte ich: Hey, das wird ja eine vegane Bäckerei! Brotreform soll schließlich eine Bäckerei werden, deren Ziel es ist, in allen Prozessen nachhaltig zu agieren und das direkt vor den Augen der Kunden.
 
Deine Bäckerei unterscheidet sich beispielsweise in Öffnungszeiten und der produzierten Brotmenge stark von den Standards anderer Betriebe. Warum ist das so?

Ich möchte nicht der typische Bäcker sein und auch nicht das typische Bäckerleben führen. Denn ich will auf der einen Seite die Überproduktion vermeiden, um so am Ende keine Lebensmittel wegschmeißen zu müssen und auf der anderen Seite will ich meinen Mitarbeitern und mir ein soziales Leben ermöglichen – mit ganz „normalen“ Arbeitszeiten. Deswegen öffnen wir unter der Woche auch erst um 10 Uhr und haben bis 18 Uhr offen, beziehungsweise bis zum „letzten“ Brot. Das Unternehmen soll familiengerecht sein! Ich will einfach weg von den alten gesellschaftlichen Strukturen und Mustern in meiner Brache. Nicht ohne Grund wechseln viele Bäcker in die Industrie, da die Arbeitszeiten und die niedrigen Löhne in meiner Branche einfach nicht mehr attraktiv sind.
 
Du stehst mit Deiner Eröffnung noch ganz am Anfang. Was sind die nächsten großen Schritte Deiner Bäckerei? Welche Produktvielfalt soll künftig noch hinzugefügt werden?

Nach der Eröffnung wird das Wichtigste sein, dass wir als Team unsere eigene Harmonie in den Arbeitsabläufen finden. Es wird am Anfang nicht immer alles glatt laufen, was auch völlig normal ist! Die Anfangsphase ist aber auch die spannendste von allen, denn da zeigt sich, ob alles, was wir uns überlegt haben, auch funktioniert. Eine Produktvielfalt wird es wie bei einem typischen Bäcker nicht geben, denn mit unserem Motto: „Back to the roots/ zurück zum Ursprung“ werden wir minimalistisch im Produktangebot unterwegs sein, um unsere hohe Produktqualität auch aufrechtzuhalten. Dennoch wird es regelmäßig wechselnde Produkte geben, sprich ein „Mittwochsbrot“ oder Ähnliches, sodass es niemals eintönig für den Gaumen unserer Kunden werden wird.
 
Du vertrittst mit Deiner Haltung und mit Deinem Angebot stark das Thema der Nachhaltigkeit. Wie empfindest Du die Aufmerksamkeit, die diesem Thema in Deiner Branche entgegengebracht wird?

Tatsächlich sehe ich in meiner Branche noch viel Ausbaubedarf gegenüber dem Thema Nachhaltigkeit. Tagtäglich werden immer noch viel zu viele Backwaren weggeschmissen. Wenn riesige Container voll Backwaren einfach so in den Müll wandern, frage ich mich schon, warum? – Warum werden 2022 immer noch so viele Lebensmittel weggeschmissen, obwohl der Klimawandel kontinuierlich voranschreitet? Eigentlich sollten wir jetzt lernen, mit unseren Lebensmitteln vorsichtig umzugehen und nur das zu verarbeiten, was auch letztendlich benötigt wird!
 
Hast Du eine Lieblingsbrotsorte?

Tatsächlich habe ich kein richtiges Lieblingsbrot. Je nach Phase habe ich – wie wahrscheinlich die meisten – Gelüste auf unterschiedliche Brotsorten.