Experten fordern bessere Diagnostik von Demenz und mehr Forschung

Angesichts der wachsenden Zahl von Demenzkranken in Deutschland haben Experten eine bessere Diagnostik und mehr Anstrengungen in der Forschung gefordert. "Leider wird die überwiegende Zahl demenzerkrankter Menschen nicht fachgerecht diagnostiziert", erklärte Michael Rapp, Präsident der deutschen Alterspsychiater (DGGPP), am Dienstag in Berlin zum bevorstehenden Weltalzheimertag. Eine zielgenaue Behandlung mit Medikamenten, aber auch Gedächtnistraining und Ergotherapie, die nur bei einem geringen Anteil der Patienten angeboten würden, "können die Zeit bis zur Pflegebedürftigkeit um viele Monate verzögern".

Die DGGPP - Deutsche Gesellschaft für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie -, die Hirnliga und die Deutsche Alzheimergesellschaft mahnten erneut einen Ausbau der klinischen Forschung zu Demenz und Alzheimer an. Angesichts der steigenden Zahl der Betroffenen "gilt es dringend, die Forschung zur Vorbeugung und Behandlung zu verstärken", erklärte Isabella Heuser, Vorsitzende der Hirnliga. Es gebe bis heute noch kein Medikament zur Heilung von Alzheimer - "und es sieht auch nicht so aus, als ob wir zeitnah damit rechnen können".

Eine der wichtigsten Forschungsleistungen der vergangenen Jahre besteht demnach darin, dass die Erkrankung heute mit Hilfe von sogenannten Biomarkern schon im Stadium einer leichten kognitiven Störung erkannt werden kann, deutlich bevor die geistigen Fähigkeiten so stark eingeschränkt sind, dass bereits eine Demenz vorliegt.

Die klinische Forschung direkt am Patienten ist den Verbänden zufolge enorm aufwändig. Die Erkrankung verläuft über viele Jahre, die meisten Patienten sind schon älter und auch noch wegen anderer Leiden behandlungsbedürftig. Um wirkliche Fortschritte zu erreichen, müsse die klinische Forschung "personell und finanziell nachhaltig ausgebaut werden", forderte Heuser.

In Deutschland gelten etwa 1,7 Millionen Menschen als demenzkrank. Ungefähr zwei Drittel davon haben Alzheimer, die häufigste Form der Demenz. Aufgrund der steigenden Lebenserwartung rechnen Experten bis zum Jahr 2050 mit rund drei Millionen Betroffenen.

Die Erkrankung des Gehirns führt zum Verlust von geistigen Funktionen wie Denken, Sprache, Urteilsfähigkeit und Orientierung sowie zum Absterben oder einer starken Schädigung von Gehirnzellen vor allem in der Hirnrinde. Vergesslichkeit ist demnach nicht immer ein Hinweis auf eine Demenzerkrankung. So hat jeder Siebte mit Gedächtnisstörungen eine andere körperliche Erkrankung, die die Merkfähigkeit stört, zum Beispiel eine nicht richtig behandelte Schilddrüsenerkrankung.

Der Weltalzheimertag am Samstag steht in diesem Jahr in Deutschland unter dem Motto "Demenz - einander offen begegnen". Damit soll dafür geworben werden, dass Menschen trotz Demenz am normalen Leben teilhaben und etwas Sinnvolles tun können.

"Wir brauchen in der breiten Bevölkerung mehr Wissen über das Krankheitsbild und mehr Verständnis für die Erkrankten", betonte Monika Kaus, Vorsitzende der Deutschen Alzheimergesellschaft. Nötig sei auch eine konkrete Unterstützung der Angehörigen, die die Hauptlast der Pflege und Betreuung von Demenzerkrankten tragen.