BGH urteilt am Montag über Schadenersatz nach Datendiebstahl bei Facebook
Dreieinhalb Jahre nach Bekanntwerden eines großen Datendiebstahls bei Facebook im April 2021 steht am Montag ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe an. Es geht um Schadenersatz für Betroffene, deren persönliche Daten im Internet verbreitet wurden. Die höchstrichterliche Entscheidung wird maßgeblich für zahlreiche Fälle. (Az. VI ZR 10/24)
Wie sah das Datenleck aus?
Zwischen Januar 2018 und September 2019 nutzten Unbekannte die Suchfunktion von Facebook, um die Daten von Hunderten von Millionen von Facebook-Nutzerinnen und -Nutzern abzugreifen. Damals konnten Nutzer über die Eingabe von Telefonnummern in die Suchfunktion identifiziert werden. Inzwischen ist das nicht mehr möglich.
Die Unbekannten generierten millionenfach zufällige Telefonnummern und riefen über automatisierte Anfragen die Daten von Nutzern ab, deren Nummern darunter waren. Im April 2021 wurden die Daten von 533 Millionen Nutzern im Internet verbreitet.
Auch Daten des Klägers in dem Fall vor dem BGH waren darunter. Bekannt wurde so seine Telefonnummer in Verknüpfung mit seiner Nutzer-Identität. Auch sein Name, Geschlecht und Arbeitgeber waren unter den Daten, diese hatte er allerdings zuvor selbst auf Facebook veröffentlicht.
Was will der Kläger vor Gericht erreichen?
Es geht ihm unter anderem um Schadenersatz von mindestens 1000 Euro. Er macht geltend, dass der Facebook-Mutterkonzern Meta gegen die Datenschutz-Grundverordnung verstoßen und seine Daten nicht ausreichend geschützt habe. Nach dem Scraping-Vorfall würde er deutlich häufiger in betrügerischer Absicht per E-Mail, SMS und Telefon kontaktiert, was ihm Sorgen mache.
Was sagt Meta?
Nach der BGH-Verhandlung vor einigen Tagen zeigte sich Meta optimistisch. Martin Mekat von der Kanzlei Freshfields erklärte für das Unternehmen: "Bei diesem Vorfall wurden keine Facebook-Systeme gehackt und es gab keinen Datenschutzverstoß."
In der Verhandlung argumentierte der Anwalt von Meta, dass der Kläger einen immateriellen Schaden hätte nachweisen und beispielsweise Indizien für seine Sorge angeben müssen.
Wie lief das Verfahren bislang?
Vor dem Landgericht Bonn hatte der Kläger im März 2023 teilweise Erfolg, es sprach ihm 250 Euro zu. In der Berufung änderte das Oberlandesgericht Köln im Dezember die Entscheidung aber und wies die Klage ab. Der Facebook-Nutzer wandte sich an den BGH, um das Urteil prüfen zu lassen. Dieser verhandelte vor einigen Tagen darüber.
Wie könnte der BGH entscheiden?
Zu Beginn der Verhandlung deutete der sechste Zivilsenat in einer vorläufigen Einschätzung an, dass er im Sinne der Nutzer entscheiden könnte. Bleibt es dabei, würde schon der Verlust der Kontrolle über eigene Daten als Schaden gewertet. Ob darüber hinaus noch etwas passiert ist, wäre dann irrelevant.
Was ist das Besondere an dem Verfahren?
Es ist richtungsweisend für tausende anderer Fälle. Nach BGH-Angaben liegen allein beim zuständigen sechsten Zivilsenat in Karlsruhe 25 weitere solcher Verfahren. Insgesamt seien es mehrere tausend Verfahren vor deutschen Gerichten. Den aktuellen Fall erklärte der BGH zum Leitentscheidungsverfahren.
In solchen Verfahren kann er über grundsätzliche Rechtsfragen auch dann entscheiden, wenn die Revision zurückgenommen wird. Wenn der BGH die entscheidenden Rechtsfragen höchstrichterlich geklärt hat, ist das maßgeblich für die Fälle, die noch bei anderen Gerichten liegen. Die ähnlichen Fälle an anderen Gerichten können bis zur Entscheidung des BGH ausgesetzt werden.
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