Bundesgerichtshof erlaubt grundsätzlich Zeithonorare für Rechtsanwälte
Rechtsanwälte dürfen auch mit Verbrauchern Zeithonorare vereinbaren. Das kann sogar dann zulässig und wirksam sein, wenn der Anwalt weder eine Abschätzung der Gesamtkosten genannt noch Zwischenrechnungen zugesagt hat, wie der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Montag veröffentlichten Urteil entschied. Danach muss die abgerechnete Zeit aber "angemessen" sein. (Az. IX ZR 65/23)
Im konkreten Fall hatte ein Rechtsanwalt aus Franken eine Frau bei einem Erbschaftsstreit beraten. Vereinbart wurde ein Stundensatz von 190 Euro, der sich je nach Streitwert erhöhte. Hinzu kamen fünf Prozent des Honorars für Auslagen.
Wie hoch die Rechnungen insgesamt ausfielen, ist dem Karlsruher Urteil nicht zu entnehmen. Mit seiner Klage verlangte der Anwalt noch eine "restliche Vergütung" in Höhe von 132.000 Euro. Die Frau wehrte sich dagegen, das Landgericht Amberg sprach dem Anwalt knapp 90.000 Euro zu.
Hierzu bekräftigte nun der BGH, dass auch die formularmäßige Vereinbarung eines angemessenen Zeithonorars für sich genommen in Ordnung sei. Denn eine solche Klausel diene nicht von vornherein dazu, "wirtschaftliche Vertragsrisiken zu verschleiern".
Zwar seien hier die Anwälte im Vorteil, weil sie den Zeitaufwand besser abschätzen können. Im Gegenzug seien sie bei einem Streit aber generell verpflichtet, "die während des abgerechneten Zeitintervalls erbrachten Leistungen konkret und in nachprüfbarer Weise darzulegen". Zudem müsse das abgerechnete Honorar "in einem angemessenen Verhältnis zu Schwierigkeit, Umfang und Dauer" des Streits stehen.
Wenn ein Anwalt weder vorab eine grobe Kostenschätzung gibt noch zwischendrin über die bislang angefallenen Kosten informiert, kann eine Zeithonorar-Klausel demnach allerdings intransparent sein. Ein Anwalt überschreite seinen Spielraum etwa, wenn er "das Zeithonorar durch eine nicht zeitschonende Mandatsbearbeitung treuwidrig in die Höhe" treibe.
Im Streitfall beanstandete der BGH die streitwertabhängige Erhöhung des Stundensatzes. Die "preistreibende Wirkung" dieser Klausel sei für Verbraucher nicht von vornherein ersichtlich. Sie könne "zu Stundensätzen führen, die mit dem Grundsatz der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung nicht in Einklang zu bringen sind".
Gleiches gelte auch für die prozentuale Auslagenpauschale, führten die Richter aus. Denn es sei nicht erkennbar, dass Nebenauslagen direkt von der notwendigen Bearbeitungszeit abhängen. Im Streitfall hob der BGH auch weitere Klausen als unwirksam auf. Das Landgericht soll nun das Honorar nach den gesetzlichen Regeln neu bestimmen, es könnte also deutlich niedriger ausfallen.
© 2024 AFP