Dating Trend „Consciously Single“

Freiwillig allein?

Die betont mitleidigen Blicke der Familienoberhäupter auf Feiern, das kurze Tätscheln über den Rücken, wenn sich der eigene Sitzplatz zwischen zwei Pärchen befindet. Das theatralische Seufzen von Oma Heidrun, wenn sich andere Frauen sanft den wohl gerundeten Bauch streicheln und sich in einem seligen Lächeln verlieren. Im Anschluss der vorwurfsvolle Blick, der sich durch Mark und Knochen bohrt und übersetzt wird mit „ich lebe nicht ewig und möchte noch viel zu große Socken fürs Enkelkind stricken, also beeil Dich.“ Und der alljährliche Satz auf der Familienfeier: „Du findest auch noch jemanden, warte nur ab!” können Singles das dezente Gefühl verleihen, dass die eigene Person nicht genug ist. Das sie allein unvollständig sind. Doch hingegen der Annahme diverser Leute, Singles müssten zwingend eine Beziehung wollen, hat die Online-Communitiy „Bumble“ einen neuen Dating Trend gekürt: Consciously Single! Wir erklären, was Sie darunter verstehen dürfen, was diesen Trend ausmacht und welch wertvolle Erkenntnis dahinter steckt. Und Oma Heidrun kann zum Beispiel einfach einen Schal stricken. Das macht auch Spaß.

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Bild: stock.adobe / kite_rin
Woher kommt diese Bezeichnung?
Der Begriff „Consciously Single“ bedeutet so viel wie “bewusstes Singledasein”. Angelehnt ist der Begriff an Gwyneth Paltrow, die bei ihrer Scheidung von Chris Martin von „Conscious Uncoupling“ („bewusste Entpaarung“) sprach. Damit möchte sie vermutlich zum Ausdruck bringen, dass sich beide Parteien einvernehmlich und bewusst getrennt haben.  

Das steckt hinter dem Dating-Trend
Im Rahmen einer Bumble-Umfrage, bei der 8.500 Singles nach der Lockdown-Zeit befragt wurden, sagen 53 Prozent, es sei für sie in Ordnung erst einmal für eine Weile allein zu sein. Diese Singles bleiben demnach bewusst allein. 54 Prozent gaben zudem an, achtsamer und bewusster beim Dating zu sein und genau zu überlegen, wen sie an ihrer Seite haben möchten. Viele Singles wollen nicht mehr gesellschaftlichen Normen und Erwartungen entsprechen und das Allein-Sein zur neuen Normalität machen. 

Der Trend des Consciously Single-Seins bedeutet demnach, aktiv allein zu sein, um zunächst für sich selbst herauszufinden zu können, was vom eigenen Leben erwartet und gewünscht wird. Diese bewusste Zeit für sich, stärkt die Beziehung zur eigenen Person und beeinflusst somit die Partnersuche. Es soll dadurch verhindert werden, dass wir uns nur mit dem „bare minimum“ - also nur dem Mindesten zufriedengeben. 

Das macht diesen Trend aus
Es ist völlig normal Ansprüche an den zukünftigen Partner zu stellen. Doch viel zu oft werden diese Ansprüche oder sogar die eigenen Prinzipien irgendwann über Bord geworfen - einfach nur, um diese eine Beziehung zu haben und aufrecht zu erhalten. 

Zu viele Menschen sind unglücklich in einer Beziehung, nur aus Sorge, sie werden noch unglücklicher, wenn sie diese beenden. Doch ist das gemeinsame Unglücklichsein nur, um nicht allein zu sein, das alles wert? Was ist so furchterregend am Alleinsein? Kann dies nicht auch sehr befreiend sein? Außerdem sollte es nicht mit dem Wort „einsam“ verwechselt werden. Denn das Wort „einsam“ bedeutet viel mehr ‚verlassen, ohne Kontakte zur Umwelt und das einzige Wesen seiner Art zu sein. Und diese Definition steht im Gegensatz zum Wesen des Consciously Single-Seins: Denn diese Menschen sind aktiv, gehen raus in die Welt, erfreuen sich ihrer Unabhängigkeit und stärken ihre Liebe zu sich selbst. Sie sind umgeben von anderen Menschen, ohne sich einsam zu fühlen. Sie sind allein, aber nicht verlassen. Sie wollen herausfinden, was das Universum mit ihnen macht, wenn sie sich selbst erkennen. 46 Prozent der befragten Singles sind davon überzeugt, genau das zu finden, wonach er oder sie sich sehnt – mit etwas Geduld und dem Treubleiben gegenüber den eigenen Prinzipien. Ein Single kann glücklich sein. Glück hat nichts mit einer Beziehung zu tun. Es kommt nur darauf an, welchen Wert wir selbst den Dingen geben. Ein anderes Wertesystem ist nicht relevant. 

Also sind viele Singles ab jetzt „Consciously Single” - bewusst allein und zufrieden damit. Denn die wichtigste Beziehung, die wir generell führen können, ist jene zu uns selbst. Das wir uns selbst respektieren, achtsam mit uns umgehen und auf unsere inneren Wünsche und Bedürfnisse eingehen ist mindestens genauso wichtig wie jemanden an unserer Seite zu haben, der uns „vervollständigt”. Alles schön und gut, aber hat die Welt nicht eigentlich vorgesehen, dass aus einem Paar neues Leben entstehen kann? Sollte es nicht immer zwei geben? Ja. Um als Menschen auf der Erde fortzubestehen, brauchen wir einen Mann und eine Frau. Es geht aber eben darum, nicht einen x-beliebigen Partner zu wählen. Es gibt einen Mann und es gibt den Mann! Der eine, der uns ausfüllt und uns so sein lässt, wie wir uns lieben. Und darum geht: Darauf lohnt es sich zu warten und zu vertrauen. Wenn wir dieses Vertrauen haben und uns im Alleinsein finden, dann wird dieser Mensch zu uns kommen. Dafür wird das Universum sorgen. Und Oma Heidrun vermutlich auch.

FAZIT:
Das Wesen des Consciously Single-Seins umfasst mehr als nur die Akzeptanz des Alleinseins. Es soll dazu dienen, die oft vernachlässigte Beziehung zu uns selbst zu stärken und herauszufinden, welches Leben wir führen möchten, um so konkreter bei unserer Partnerwahl sein zu können. Denn die meisten Singles wollen durchaus irgendwann jemanden an ihrer Seite haben. Es geht darum, dass diese Person nicht irgendwer ist. Sondern der, der zu uns passt. Und uns so sein lässt, wie wir uns lieben. |Text: Stefanie Steinbach