Die Geschichte der süßen Eisverführung

Zum Dahinschmelzen

Speiseeis ist für viele die Krönung eines heißen Sommertages. Es werden immer mehr Sorten angeboten, es gibt eine harte Konkurrenz zwischen industriell produziertem und von Hand hergestelltem Eis, auch gibt es inzwischen günstige Eismaschinen für Privathaushalte. Doch wo liegt der Ursprung des süßen Genusses und was sind aktuelle Trends?

Das essbare Schnee-Sorbet

Die Ursprünge des Speiseeises sind nicht ganz geklärt. Im asiatischen Raum soll schon in der Antike eine Art Eis produziert worden sein. Doch dadurch, dass Schnee als Basis für diese Leckerei verwendet wurde, dürfte es eher einem Sorbet geglichen haben. Der Schnee wurde mit Früchten, Honig oder aromatisierten Wässern vermischt. Eine große Eiskultur war jedoch nicht verbreitet und selbstverständlich konnte Eis nur dort produziert werden, wo die natürlichen Rahmenbedingungen passten. Eis wurde also im Gegensatz zu heute vorwiegend in den kalten Jahreszeiten konsumiert oder die Grundzutat musste schnellstmöglich aus den Bergen, zum Beispiel von Gletschern, geholt werden, was sich nur wohlhabende Familien leisten konnten.

Fruchteis aus der Renaissance

Wer das erste Fruchteis und Milcheis wann produzierte, ist nicht bekannt. Grob eingeordnet werden diese beiden „Erfindungen“ in das 15. und 16. Jahrhundert. Grundzutat war auch hier der Schnee, welcher verfeinert wurde. Als Beigaben wurden Gewürze, Früchte, Zucker, Salz und Milchrahm verwendet. Doch auch dieser Brei unterschied sich noch deutlich von der festen, zartschmelzenden Konsistenz des heute geliebten Genussmittels.

Vom Eiscafé bis zur Eismaschine

Im 18. Jahrhundert wurde Eis ein Kulturgut, immer mehr Kaffeehäuser boten Eiscreme an. Dieser Trend setzte in Europa zuerst ein und wurde bald, um die Zeit der Gründung der vereinigten Staaten von Amerika, auch in Übersee populär. Die aufwändige, komplett händische Herstellung des Speiseeises wurde durch die Erfindung der stromlosen Eismaschine um 1850 deutlich einfacher. Bald gab es auch die erste Fabrik für Speiseeis. Doch immer noch musste man in Eiskellern große Eisblöcke aus dem Winter lagern, um bei Plusgraden noch produzieren zu können.

Der Durchbruch zur Massenproduktion

Zum Ende des 19. Jahrhunderts wurden verschiedene Kältemaschinen und unterstützende Geräte zur Eisproduktion entwickelt. Damit konnte endlich das ganze Jahr über unbegrenzt Eis hergestellt werden und man war weder an das Wetter noch an Gletschereis gebunden. Die Herstellung wurde deutlich günstiger und in allen größeren Städten in Mitteleuropa konnte Eis gekauft und genossen werden. Um 1900 wurde auch die Eiswaffel erfunden, das Eis am Stiel gab es erst in den zwanziger Jahren. Der Siegeszug des Eises begann und es entwickelte sich eine große Vielfalt an unterschiedlichen Sorten, während die industrielle Produktion stets kostengünstiger wurde.

Unterschiede in der Herstellung: Industrielle und händische Produktion

Die händische Produktion ist – vorausgesetzt die technischen Gegebenheiten sind vorhanden – sehr leicht und doch nicht einfach. Die Kunst besteht darin, das perfekte Aromenspiel zu finden. Milchspeiseeis besteht aus Milch und Sahne, dazu kommt ein Süßungsmittel und ein Emulgator, dies kann zum Beispiel Eigelb sein. Lediglich das Aroma wird ergänzt und das Produkt ist fertig zum Genuss. Beim Fruchteis wird nebst Säure und Zucker idealerweise nur ein Bindemittel verwendet. Meist werden in der industriellen Eisproduktion noch Stabilisatoren, Verdickungsmittel, Konservierungsstoffe und Aromen hinzugefügt. Zudem werden aus Kostengründen oft lebensmitteltechnisch verarbeitete Produkte verwendet. So werden statt Sahne zum Beispiel gerne Butterreinfett und entrahmte Milch beigemischt. Das prominenteste Beispiel ist das Vanilleeis, welches mit teurer, geschmackvoller Bourbon-
vanille oder mit extrahierten gemahlenen Vanilleschoten und künstlichem Aroma hergestellt werden kann. Ein genauer Blick lohnt sich und die Preisunterschiede beim Endprodukt sind so auch oftmals nachvollziehbar. 

Von der „Zehn Pfennig Kugel“ zum teuren Gaumenschmaus

Bei kaum einem anderen Lebensmittel wiegt der gefühlte Preisanstieg derart hoch. Dies hängt sicherlich auch damit zusammen, dass die erste Kugel Speiseeis in der Regel schon in jungen Jahren selbst gekauft wird, sodass es bereits Teenager gibt, die den Eispreis seit über zehn Jahren beobachten können. Obwohl es in den letzten 30 Jahren zu einem durchschnittlichen Preisanstieg von über 600% bei Eis kam, hat Deutschland im Vergleich geringe Preise für die wohlschmeckende Kugel. Neben der stetigen Preiserhöhung wiegt auch ein anderer Trick der Eisindustrie schwer, besser gesagt leicht, denn in der Regel wird die Eismenge nicht in Gramm, sondern in Litern angegeben. So kann ein Liter Eis ein Kilogramm auf die Waage bringen, oder auch nur 600 Gramm. Es ist deshalb nicht einfach, die genaue Preissteigerungsrate zu identifizieren. Dennoch bleibt das Gefühl, dass beim Speiseeis der Preisanstieg immens ist.

Der Eispreis unter der Lupe

Dass beim Eispreis verbotene lokale Preisabsprachen getroffen werden, liegt nahe. Zuletzt ermittelte die Landeskartellbehörde Baden-Württemberg, da drei Tübinger Eisdielen zeitgleich den Preis auf 1,50 Euro pro Kugel erhöht haben. Die Eispreiserhöhung betrifft jedoch nur das Eis, das in Eisdielen verkauft wird. Industriell hergestelltes Speiseeis hat sich in den letzten zehn Jahren im Preis kaum verändert. Die Höhe der Produktionskosten einer Kugel Eis im Allgemeinen ist kaum festzustellen, denn es macht einen sehr großen Unterschied, ob es sich um handwerklich herstellende Betriebe handelt oder ob das Eis zugekauft wird. Die Zahl der selbst produzierenden Betriebe nimmt ständig ab. Hier kann man grob von 50-90 Cent Herstellkosten ausgehen, wobei die höchsten Kosten die Personalkosten sind. Die Unterschiede sind hierbei abhängig davon, welche Zutaten verwendet werden und wie groß die Eiskugel ist. Eine tischtennisballgroße Eiskugel aus billigsten Zutaten kann nicht verglichen werden mit einer großen Kugel, welche aus Bioprodukten hergestellt wird. Ebenso macht es einen großen Unterschied, ob sich die Eisdiele in einem gemieteten Objekt am Münchener Promenadenplatz befindet oder im 500-Seelen-Dorf in einer alten Scheune, die sich im Eigentum des Betreibers befindet. Letztlich muss jeder selbst entscheiden, ob die gebotene Qualität zum Preis passt. Mit einem Stagnieren des Preises von handgemachtem Speiseeis ist jedenfalls in nächster Zeit nicht zu rechnen.

Eistrends und exotische Eissorten

Während früher lediglich die Sorten Vanille, Schokolade und Erdbeere voll im Trend lagen, gibt es heute in den meisten Eisdielen ein breiteres Sortiment. Während man sich langsam an die Geschmäcker Bier, Riesling, Safran oder Basilikum gewöhnt hat, lassen manch einem die Kreationen Weißwurst oder Cheeseburger nicht unbedingt das Wasser im Munde zusammenlaufen. In Japan dürfte man über die Scheu, die in Deutschland gegenüber neuen Eissorten besteht, nur lachen, denn dort lässt sich in der einen oder anderen Eisdiele auch Tintenfisch- oder Knoblaucheis finden. Ein weiterer Trend, welcher auch bei anderen Lebensmitteln im Kommen ist, ist „functional food“. Neben einem leckeren Geschmack sollen diese Eisprodukte einen positiven Einfluss auf die Gesundheit haben. So soll zum Beispiel ein spezielles Proteineis Sportler beim Muskelaufbau unterstützen. Der „verrückte Eismacher“ in München nimmt diese Entwicklung nicht ganz so ernst und serviert ein Fasteneis, hergestellt aus hundert Prozent Leitungswasser. Mit der Sorte „Grubenglück“ gibt es im Ruhrgebiet auch ein sehr regionales Eis. Zwar wird hier vermutlich keine echte Steinkohle verwendet, jedoch erinnert die schwarze Farbe an die Zeit des Kohlebergbaus. 

Eis für Tiere und Allergiker

Wer seinen Vierbeiner am Eisgenuss teilhaben lassen möchte, kann auch Spezialeis für Hunde erwerben, denn die Zuckerbombe für den Menschen ist für das geliebte Haustier sehr ungesund. Eine gute Nachricht für alle Laktoseintoleranten, Veganer oder Personen mit Milcheiweißallergie gibt es auch: Vegane Eiscreme wird immer besser und man muss nicht mehr auf die Sojabohne zurückgreifen. Inzwischen gibt es auch Eis auf Kokosnussbasis.

Eisweltmeisterschaft

Mit der Gelato-World-Tour wird ein weltweiter Wettbewerb ausgerufen, Träger ist hier das italienische Außenministerium. Jeder selbst und handwerklich produzierende Betrieb kann sich hier anmelden. Die Sieger kommen hier jedoch nicht ausschließlich aus Italien, 2014 führte Australien den Titel. Zuletzt erreichte eine Karlsruher Eisdiele Platz 11.

Für den nächsten Toskana-Urlaub haben wir einen Tipp: Ein schöner Städtetrip ins beschauliche San Gimignano, denn dort gibt es nicht nur fabelhaften Wein, sondern auch ein bezauberndes Himbeer-Rosmarin Eis in der Gelateria Dondoli, dessen Besitzer einst einen Weltcup im Eismachen in der italienischen Nationalmannschaft gewann.

| Text: Lukas Kalo

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