Die Liebe im Alter - Vorteile & Nachteile

Schmetterlinge im Bauch mit 50+

Wir verteilen rosarote Brillen für die folgende Übung: Liebe. Machen Sie mit: Was fällt Ihnen als Erstes dazu ein? Ewig. Absolut. Leidenschaft. Wärme. Geborgenheit. Zuhause. Gefühl. Haben Sie es gesehen? Das Wort „alt“? Natürlich nicht. Liebe ist allgegenwärtig und kümmert sich nicht darum, ob wir mit dem Fahrrad oder dem Rollator unterwegs sind. Wie wunderbar sind die Geschichten der ersten Liebe. Mindestens genauso schön sind auch die der letzten. Wie sich die Liebe im Alter ausdrückt, welche Vor- und Nachteile sie haben kann und was an ihr so anders ist, erfahren Sie hier bei uns.

Liebe im Alter

Wir stellen uns ein Häuschen vor, in dem zwei Menschen leben, die sich jeden Morgen und jeden Abend einen Kuss geben. Zwischendurch wird gegessen, gelacht, im Garten gearbeitet und Tatort geschaut. Die Kinder sind aus dem Haus. Die Liebe ist da. Nur wo war sie noch gleich? Die Liebe im Alter erkennen wir meist erst auf den zweiten Blick. Junge Menschen fallen übereinander her, sind übermütig und hungrig nach Leidenschaft. Im Haus unserer beiden Menschen – nennen wir sie Hansi und Selma – ist es hingegen stiller. Gediegener.  

Glauben wir aber Statistiken und Soziologen, dann ändert sich gerade etwas fundamental: Die Älteren entdecken die Liebe. Vor allem für Frauen bedeutet das, dass sie auch jenseits der Menopause eine andere Rolle annehmen können, als die der reduzierten Oma – ein asexuelles Wesen, dessen Zuneigung sich auf Kinder und Enkel zu beschränken hat.
Die charismatische Schönheit in grau macht es vor: Die deutsche Fernsehmoderatorin Birgit Schrowange ist mit 60 Jahren frisch verliebt. Geht „frische“ Liebe denn ab 50 Jahren aufwärts? Die Hälfte der Deutschen ist über 45 Jahre alt. Es sehe ganz schön düster aus, wenn wir in der zweiten Lebenshälfte keinen Ausblick mehr auf die wahrhaftige und leidenschaftliche Liebe hätten. Aber den gibt es. Hansi, Selma: Aufpassen, bitte.

Was ist anders?

Die Zeit. Mit 50 Plus sehen Menschen der Welt mit einer reichhaltigen Lebenserfahrung zu, wie sie sich dreht. Auch die Liebe hat an Erfahrung dazugewonnen. Diese Liebe ist meist keine Heißsporn-Liebe, die unsere Gefühle in Stücke reißt und sie wieder neu zusammensetzt. Die gereifte Liebe geht tiefer – unter die Haut sozusagen. Aber sie wird auch für viele Paare zur Gewohnheit. Anstrengen braucht sich niemand mehr, die Sache ist sozusagen bis zum Lebensende gebongt. Oder?
Zudem kommt noch hinzu, dass das Umfeld von Hansi und Selma auf Paare gepolt ist. Während in der Jugendzeit noch allerhand Singles und Experimentierfreudige die Gegend unsicher machen, geht es in der Generation Ü50 überspitzt gesagt zum gemeinsamen Bingo-Abend. Ist da wirklich schon die Luft raus? Mitnichten.

Vorteile & Nachteile

Das Bedürfnis nach Liebe hört auch im Alter nicht auf. Wir müssen es nur aus seiner Komfortzone etwas hervorlocken. Hansi und Selma haben einen entscheidenden Vorteil auf ihrer Seite: die Zeit. Junge Paare mit Kindern sind häufig hundemüde, wenn sie abends im Bett liegen. Nicht Hansi und Selma. Sie können morgens, mittags und abends Sex haben. Klingelt die Nachbarin, lässt man sie halt mal vor der Tür stehen. Schreit dagegen ein Kind, ist es meistens günstig, wenn man als Mama oder Papa da mal vorbeischaut. Die Ü50er müssen sich zudem auch nichts mehr beweisen. Sie haben den Sex, so, wie sie ihn haben möchten. 
Die Rush-Hour des Lebens ist vorbeigerauscht. Für Liebe, Unternehmungen, eigene Träume und Wünsche steht wieder mehr Zeit zur Verfügung. Ältere Paare sind also offener in der Gestaltung, was sie selbst als bereichernde Beziehung empfinden.
Wir beleuchten auch die Schattenseiten: Ein interessantes und leidiges Problem in älteren Beziehungen ist der Optimierungswahn. Eine Frau „muss“ nach wie vor jung und attraktiv aussehen. Und auch Frau erwartet, dass der Bierbauch beim Mann sich in Grenzen hält. Und vorhin haben wir es schon angedeutet: manchmal ist einfach die Luft raus, die Liebe unter einer Staubschicht begraben. Sie wird als etwas wahrgenommen, dass da ist und sich nicht bewegt. Dabei ist Liebe ständig in Bewegung. Das sollte sie zumindest sein, sonst rostet sie ein.

Tipps für eine gefestigte Liebe im Alter

  • Ausbrechen! Nicht aus der Ehe, sondern aus den Gewohnheiten. Machen Sie etwas anderes. Fernseher aus und gucken, was passiert.
  • Lernen, mit den körperlichen Unvollkommenheiten, die ab einem gewissen Alter unvermeidbar sind, entspannter umzugehen und sich klar machen, dass auch Models mal auf‘s Klo müssen. Medien spiegeln nicht die Realität wieder. 
  • In den Ring steigen – heißt: ausgehen. Gemeinsam.
  • Das Leben nach den eigenen Wünschen gestalten. Seien Sie verrückt! Fangen Sie Schneeflocken mit der Zunge.
An alle Hansi‘s und Selma’s: Gemeinsam alt zu werden, die Liebe in ihren verschiedenen Phasen erleben zu dürfen, ist ein Geschenk. Viel Spaß beim Auspacken. | Text: Stefanie Steinbach