Digitale Echtheitszertifikate: NFTs boomen – was ist das genau?

Vom Nischenthema in den Mainstream

Sogenannte NFTs sind aktuell heiß begehrt – die digitalen Echtheitszertifikate sorgen bei Promis, Unternehmen und Privatanlegern für Furore. Doch was genau sind NFTs und warum boomen sie derzeit?

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Bild: stock.adobe
Wer den Begriff NFTs so gar nicht einordnen kann, ist damit nicht allein: Laut einer Umfrage von Bitkom Research haben über zwei Drittel (68 Prozent) der Menschen in Deutschland davon noch nie gehört oder gelesen. Immerhin 11 Prozent geben an, den Begriff NFT zu kennen, aber trotzdem nicht wirklich zu wissen, was dahintersteckt. Wer mitreden möchte, liest einfach weiter!

Was genau sind NFTs?

Die Abkürzung NFT steht für Non Fungible Token, also übersetzt: „nicht ersetzbare Kennzeichen“. Sie werden teilweise auch Nifties genannt und sind digitale Echtheitszertifikate – sie bescheinigen also den Besitz einer bestimmten Datei. 

Ein Beispiel zur Erklärung sind digitale Bilder, die jeder im Internet anschauen und herunterladen kann. Wer nun ein bestimmtes digitales Bild als NFT erwirbt, kann somit nachweisen, dass er oder sie der Besitzer ist – auch wenn sich andere das Bild weiterhin abspeichern können. Ein NFT ist aber nicht auf Bilder oder Videos beschränkt, sondern kann grundsätzlich alles sein, was sich digitalisieren lässt: Von Tweets und Memes über Musik und Gemälde bis hin zu virtuellen Grundstücken, Domain-Namen oder gar realen Dingen! Dabei ist der NFT einzigartig und verifizierbar – das bedeutet, dass es ihn wie ein einmalig gemaltes, individuelles Gemälde nur ein einziges Mal von einer einzigen Person gibt.

Was kann man mit NTFs machen?

Egal, ob Musiker oder Künstler – auf digitalen Marktplätzen kann man seine Werke zu Geld machen. Eine hohe Bekanntheit ist nicht zwingend notwendig: Viele Menschen kaufen NFTs in der Hoffnung, dass die Preise steigen.

Auch in der Industrie haben NFTs Potenzial, da sie eben nicht nur einzigartig, sondern auch rückverfolgbar sind. Beispielsweise nutzt die Food Trust-Blockchain von IBM etwa NFTs, um Lieferketten transparenter zu machen. Jeder Produktionsschritt lässt sich damit nämlich sehr gut digital abbilden – so können Verbraucher nachvollziehen, auf welchem Weg die Erdbeeren oder die Avocado ins Supermarktregal gekommen sind. 

Warum sind NFTs so gefragt?

NFTs gibt es zwar schon seit 2014, doch erst in letzter Zeit gelangte das Ganze in den Mainstream, weil immer öfter Rekordsummen bei Auktionen oder im Verkauf erzielt wurden. Schließlich besteht die Möglichkeit für enorme Kursgewinne, weil der richtige NFT innerhalb kurzer Zeit bei entsprechend hoher Nachfrage und Seltenheitswert mehrere Millionen Dollar wert sein kann. Besteht allerdings keine Nachfrage, gibt es keinen Interessenten, der den NFT für den aktuellen Kurs kaufen würde – das würde zu einem fallenden Kurs und damit verbundenen möglichen Verlusten führen. Denn nur die Tatsache, dass es einen NFT gibt, garantiert im Zweifel weder, dass dahinter wirklich das angebliche Eigentumsrecht steckt, noch, dass dieses werthaltig sein muss. Hinzu kommt, dass der aktuelle Boom natürlich auch Betrüger sowie zwielichtige Geschäftemacher anlockt. Aus diesen Gründen eignet sich der Kauf von Non Fungible Token eher für risikobereite Anleger, die finanziell etwas mehr Spielraum haben. Doch auch die sollten sich vorab ausführlich informieren – besonders, wenn sie wenig Erfahrung mit solchen Produkten haben. Denn das Risiko kann bei NFTs wegen der extremen Preisschwankungen noch höher ausfallen als bei den eh schon volatilen Kryptowährungen.

Was haben NFTs mit Kryptowährungen und Blockchain zu tun?

NFTs basieren ebenso wie Kryptowährungen (z. B. Bitcoin, Ether) auf der sogenannten Blockchain-Technologie. Die Blockchain kann man sich wie eine Art Datenbank vorstellen, in der Transaktionen von digitalen Gütern – wie etwa Kryptowährungen – in Blöcken gespeichert und auf vielen Rechnern weltweit verteilt werden. Bitcoin liegen zum Beispiel auf einer Blockchain, die wegen ihrer Architektur fälschungssicher ist.

Anders als bei Kryptowährungen stehen NFT in einer Blockchain aber nicht für einen austauschbaren Vermögenswert, der von einer zur nächsten Person überwiesen wird, sondern für einen konkreten Vermögensgegenstand – quasi wie ein einzigartiges digitales Kunstwerk, das sowohl mit einem Wert als auch mit einem Besitzer verknüpft wird. Oder einfach ausgedrückt: Durch die Speicherung der Non Fungible Token in der Blockchain werden digitale Güter zu Dingen, die einem wirklich gehören.

Aktuell ist die offene Ethereum-Blockchain am wichtigsten für den Handel mit NFTs. Wer virtuelle Güter kaufen möchte, braucht dafür in der Regel Ether, das ist die am zweithöchsten dotierte Kryptowährung.

Wo und wie kann man NFTs kaufen?

Möchte man einen NFT kaufen, dann muss man sich zunächst bei einer entsprechenden Plattform anmelden. Es gibt mehrere Handelsplätze, auf denen man NFTs kaufen und verkaufen kann – Beispiele dafür sind Binance, Rarible, FTX, Super Rare, Opensea oder Nifty Gateway. Auch hier wird eine gewisse Vorkenntnis vorausgesetzt – der Handel mit NFTs dürfte vor allem für Anfänger auf diesen Plattformen kompliziert sein. 

In jedem Fall wird ein Krypto-Wallet mit Guthaben benötigt – zum bevorzugten Zahlungsmittel zählt hier aktuell Ether. Die Kryptowährung kann auf Plattformen wie Coinbase, Etoro, Finanzen.net Zero, Justtrade, Binance oder Scalable Capital gekauft werden. Von dort aus lässt sich Ether an die Wallet schicken. Nach dem Kauf wird der NFT automatisch in der Wallet gespeichert, die wiederum mit der Blockchain verbunden ist – so ist der NFT immer verfügbar. Aber Achtung: Beim Kauf fallen zusätzlich zum Kaufpreis Transaktionsgebühren für den Blockchain-Eintrag an.

Auf den Marktplätzen kann man auch ein eigenes NFT herstellen, was als „Minting“ bezeichnet wird und ebenfalls Transaktionsgebühren verursacht. Ist der NFT „geminted“, kann die auf der Blockchain gespeicherte Datei nicht mehr bearbeitet werden. Das garantiert dann die Unveränderlichkeit und Einzigartigkeit.

Welche NFTs sind aktuell besonders wertvoll?

Sehr hoch im Kurs stehen seit dem letzten Jahr die NFTs der „CryptoPunks“- oder der „Bored Ape Yacht Club“-Kollektionen. Beide Kollektionen sind nämlich auf 10.000 einzigartige digitale Sammelobjekte limitiert – so hat beispielsweise der US-Rapper Eminem Anfang des Jahres einen Bored Ape Yacht-NFT namens „EminApe“ für umgerechnet ca. 450.000 Dollar gekauft. Sänger Justin Bieber legte sogar noch einen drauf und hat sich für 1,2 Millionen Dollar ein digitales Kunstwerk aus der „Bored Ape Yacht Club“-Kollektion gekauft. Wenn solche bekannten Stars involviert sind, erhöht das natürlich den Seltenheitsgrad des NFT und somit auch den Preis.

Ebenso empfehlen sich sogenannte Utility-NFTs, die dem Kunstwerk eine Verwendung zuweisen – also etwa den Zugang zu einer Veranstaltung, Assets in einem Spiel oder auch exklusive persönliche Mitgliedschaften. Denn das dürfte dafür sorgen, dass diese NFTs auch noch lange in der Zukunft an Wert gewinnen werden.

Warum bieten sogar Promis und Unternehmen NFTs an?

Digitale Unikate zu verkaufen, ermöglicht den Herstellern noch einmal ganz neue Geschäftsmodelle. Das britische Auktionshaus Christie‘s hat beispielsweise NFTs als Kunst entdeckt und das erste rein digitale NFT-Werk des Künstlers Mike Winkelmann für stolze 69,3 Millionen US-Dollar versteigert. Hinzu kommt, dass auch in virtuellen Welten und im Gaming-Bereich großes Potenzial zu sein scheint. Und genau dort tummeln sich besonders viele Jugendliche, die noch dazu in der heutigen Zeit oftmals Wert auf Marken und Individualität legen. So verwundert es nicht, dass etwa der Sporthersteller Nike schon jetzt digitale Schuhe als NFTs verkauft. 

Auch Promis springen auf den Zug auf: Die kanadische Künstlerin und Sängerin Grimes versteigerte 2021 auf der Plattform Nifty Gateway digitale Kunst und nahm damit in nur 20 Minuten etwa 6 Millionen Dollar ein. Währenddessen kündigte die US-Band Kings of Leon an, ihr neues Album als limitierte NFT-Edition zu veröffentlichen.

Für die Erschaffer von Krypto-Kunst bieten NFTs eine neue potenzielle Einnahmequelle. Denn anstatt ihre Werke klassisch im Internet zu verkaufen, locken sie mit der Verknappung auf wenige Kopien Sammler, Spekulanten und Fans an. Außerdem besteht die Möglichkeit, am Weiterverkauf von NFTs beteiligt zu werden. Besonders die Künstler, die es bisher auf dem traditionellen Markt schwer hatten, bekommen dadurch eine neue Möglichkeit, ihre Arbeiten zu verkaufen.

Kritik und Tipps

Neben den großen Krypto-Kursschwankungen gibt es speziell an NFTs aber auch weitere Kritikpunkte: Einer davon betrifft mögliche Copyright-Verletzungen, denn es wird beispielsweise problematisch, wenn nicht nachgeprüft wird, ob ein Verkäufer auf der Blockchain wirklich die Rechte an dem entsprechenden NFT besitzt. Zudem gehört dem Besitzer das Krypto-Objekt nur auf der Blockchain, auf der es erworben wurde, was in den meisten Fällen die Ethereum-Blockchain ist. Theoretisch könnte aber jedes Objekt auch auf anderen Blockchains, die NFT unterstützen, angeboten werden. Nicht zuletzt sind NFTs Energiefresser – bereits eine einzelne Transaktion der Ethereum-Blockchain benötigt die Rechenleistung zahlreicher Computer. 

Wer trotzdem in NFTs investieren möchte, sollte dabei diese Tipps beherzigen:
  • Nur investieren, wenn man theoretisch auch auf das Geld verzichten könnte
  • Vorab genau über den NFT informieren (Internetauftritt des Projekts, Diskussionsforen von Anlegern, Medienberichterstattung, Statistiken)
  • Nachfrage und Seltenheit des NFT abchecken
  • Namhafte Anbieter auswählen (z. B. haben europäische Krypto-Börsen höhere Sicherheitsstandards als etwa asiatische Anbieter)
  • Auf ausreichend Ether in der Wallet achten und Transaktionsgebühren berücksichtigen
  • In Utility-NFTs investieren, die auch zukünftig weiter an Wert gewinnen dürften
Extra-Tipp: Etwas weniger kompliziert ist die Investition über ein Finanzprodukt wie einen NFT-ETF. Auch mit dem Kauf von verschiedenen Aktien kann man zunächst indirekt an der Entwicklung von NFTs teilhaben. 

FAZIT: 

Die Abkürzung NFT steht für „Non Fungible Token (= nicht ersetzbare Kennzeichen). NFTs fungieren als eine Art digitaler Eigentums- oder Echtheitsnachweis und basieren ähnlich wie Kryptowährungen auf der Blockchain-Technologie. Aktuell sind NFTs meist Bilder oder Videos, sie können aber nahezu alles abbilden und sind daher nicht auf einen Bereich beschränkt. Im Jahr 2021 sorgten vor allem digitale Kunstwerke wegen ihrer rasanten Kursentwicklungen international für Aufruhr, was auch Unternehmen und Promis auf den Zug aufspringen lässt. | Text: Vera Mergle