Digitale Raumplanung: Räume gestalten per Fingertipp

Funktioniert das wirklich?

Manche Menschen haben es einfach drauf: Sie sehen einen leeren Raum wie ein frohlockendes weißes Blatt Papier und können es kaum erwarten zu planen und mit Farben zu jonglieren. Solche Menschen seufzen bei verschiedenen Abstufungen von Wandfarben entzückt auf und haben einen Raum innerhalb von Sekunden mental eingerichtet. Und dann gibt es da noch die anderen. Die, die einen leichten Knacks bekommen, wenn sie einen Stuhl umstellen sollen. Diejenigen unter uns, die als Dekoration einen Raumduft aus dem Supermarkt im Zimmer haben – und bei dessen Platzierung Nächte lang schweißgebadet wach liegen. Und nun stellen Sie sich vor, solche Menschen ziehen um. Oder sanieren ihre Wohnung. Das muss sie höchst wahrscheinlich an die Grenzen ihres Verstandes bringen. Doch eben für diese Exemplare gibt es digitale Unterstützung: In Form von Apps, Online Plattformen und virtual Reality. 

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Bild: stock.adobe / Robert Kneschke
Wir erklären, was es mit den verschiedenen, virtuellen Varianten auf sich hat, wobei ein Raumplaner überhaupt hilft und beschreiben das Grundprinzip. Also: Lufterfrischer antippen, durchatmen, auf geht’s! 

Wobei hilft ein Raumplaner?
Die meisten der digitalen Raumplaner sind kostenlos. Sie funktionieren entweder direkt im Browser oder können kostenlos auf den Rechner geladen werden. Viele Einrichtungsplaner können auch als Küchen- oder Badplaner verwendet werden. Es gibt jedoch auch Anbieter, die sich auf bestimmte Wohnräume spezialisiert haben, wie zum Beispiel der Küchenplaner von Carat und die Badplaner von den Herstellern Duravit oder Villeroy & Boch.

Es gibt simple Planer in 2D, mit deren Hilfe sich Proportionen gut im Raum abschätzen lassen. 3D-Versionen haben den Vorteil, dass diese zusätzlich das Raumgefühl realistisch erlebbar machen, da sie die Möbel und das komplette Zimmer ausgesprochen real wiedergeben. Eine Steigerungsform davon ist die Darstellung per Virtual Reality (VR). Hier kann sich - dank einer VR-Brille - im eingerichteten Raum bewegt werden, Texturen, Oberflächen und sogar verschiedene Lichtsituationen begutachtet werden.

Neben den verschiedenen Nutzungsvarianten, Darstellungsformen und Bedienungsarten unterscheiden sich die Planer beim Mobiliar. Einige von ihnen bieten standardisierte Möbel-Module an, die Nutzer in Farbe und Größe individualisieren können. Andere haben ein Möbelsortiment „echter“ namhafter Möbelmarken im Programm. 

Ein 2D- und 3D-Raumplaner hilft Ihnen also dabei, eine ungefähre Ahnung davon zu bekommen, wie ein einzelnes Möbelstück oder eine komplette Einrichtung von Größe und Proportion zusammenpasst. Mit visueller Hilfe können Tische, Stühle und Betten „verrückt“ werden, ohne sich einen Hexenschuss zu holen. Ein digitaler Raumplaner ist demnach ideal, um sämtliche Stellmöglichkeiten durchzuprobieren und am Ende die Schönste herauszufiltern.

Was ein Raumplaner nicht kann
Was ein 2D- bzw. 3D-Raumplaner nicht sonderlich gut kann, ist das Ausprobieren von Wandfarben, Texturen und Oberflächen. Diese sind in vielen Planern zwar konfigurierbar, das Ergebnis ist jedoch nicht realistisch. Und: Er überlässt Ihnen die Qual der Wahl.

Unterschiede zur herkömmlichen Raumplanung
Es gibt Profis, die in der Lage sind, aus jedem Raum das Beste herauszuholen. Dafür haben sie gelernt, studiert und viele Praxiserfahrungen sammeln können. Ein Profi gibt Struktur und grenzt die Möglichkeiten ein – denn ein „zu viel“ kann überfordern. Sie werden bei der herkömmlichen Raumgestaltung also behutsam an die Hand genommen. Durch gezielte, individuelle Gespräche können menschliche Raumplaner die Persönlichkeit der Besitzer in Räumen darstellen und viele Ideen beisteuern. Für dieses Prozedere gibt es bestimmte Zeiten, Termine und Absprachen. Es ist also kein „freies Spiel“, wie bei der virtuellen Raumgestaltung, die teilweise eher an ein Einrichtungsspiel erinnert, sondern hat festgesetzte Beratungskosten. Die Online-Raumgestaltung ist jedoch für das erste herantasten an das Thema gut geeignet – sei es im Bett, auf der Toilette oder am Küchentisch: Von überall haben Sie die Möglichkeit, auf virtuelle Raumplaner zuzugreifen und Ihre eigenen vier Wände zu gestalten (vorausgesetzt, Sie verfügen über Netz auf dem heimischen Lokus).

Das Grundprinzip der Raumplaner-Apps
Auf Ihrem Smartphone, Tablet oder PC können Sie mit nur wenigen Klicks individuelle Grundrisse gestalten.  Sie können aus virtuellen Katalogen der jeweiligen Anbieter verschiedene Möbelstücke auswählen. Oder sind Sie gewillt in neue Möbel zu investieren? Mit den Einrichtungs-Apps finden Sie zahlreiche Inspirationen für neue Betten, Sofas, Sessel und vieles mehr. Zudem helfen die Apps Ihnen beim Positionieren der Möbelstücke: Soll die Couch dem Raum Struktur geben oder dezent in einer Ecke stehen? Sie können alle Möbel per Fingertipp verrücken und so verschiedene Möglichkeiten ausprobieren. Manche Apps bieten zudem eine Individualisierung der Räume mit Wandfarben und Bodenbelägen an. Hier können Sie im Ansatz sehen, welcher Farbgebung dem Raum schmeicheln könnte oder wie Fliesen oder Parkett im Zimmer wirken. Jedoch sind diese Tools – wie bereits erwähnt – meist weniger aussagekräftig. Viele Apps verfügen über eine 3D- Panorama-Ansicht, mit welcher der Raum realistischer wirkt und das Raumgefühl besser zur Geltung kommt. Auch gibt es in manchen App-Ansichten die Augmented Reality (AR) – Funktion, sprich: die erweiterte Realität. Diese funktioniert oft über die Smartphone-Kamera.

Ist AR das Gleiche wie VR? 
Wir geben einen kurzen Exkurs. Augmented Reality erweitert Ihre Umgebung, indem einer Live-Ansicht (zum Beispiel über Ihre Smartphone-Kamera) digitale Elemente hinzugefügt werden, wie Tische oder Schränke. Virtual Reality – die moderne Technik im Brillenformat – ist eine allumfassende, virtuelle Erfahrung, die eine Realumgebung durch einen simulierte Raumumgebung ersetzt, ergo: Sie befinden sich direkt in Ihrem gestalteten Raum und können sich darin bewegen, sich umdrehen, nach oben und nach unten sehen und Ihren neuen Raum visuell vollkommen erfahren. 

Vor- und Nachteile der Raumplaner-Apps
Wir können in einem Meer aus Möglichkeiten ertrinken. Eine Auswahl zu haben ist nett, aber zu viel Varianten, Formen, Farben und Möbelstücke können schlichtweg den Atem nehmen und das Projekt größer und unerreichbarer machen, als es ist. Zudem ist ein virtueller Raumplaner nur so gut, wie Sie selbst. Sind Sie eher der Typ „Raumduft-Dekorateur“, wie oben erwähnt, dann könnte es - trotz Ihrer hohen Kompetenz auf vielen anderen Gebieten - schwierig werden mit dem Einrichten. Auch die Technik darf nicht unterschätzt werden: Zwar sind die meisten Programme bedienungsfreundlich, jedoch kann es auch hier zu Problemen der Handhabung kommen. Auch kann es sein, dass Sie nicht aus der Spiel- und Probierphase rausfinden und Sie viel Zeit und Muße für einen Entwurf entwickeln, der nie umgesetzt wird. Absolut ein Plus: Es macht Spaß mit verschiedenen Stilen zu hantieren, umzustellen, verrückte Sachen auszuprobieren und dann wieder etwas ganz neues zu starten – wann und wo Sie wollen! Auch wenn ein Meer an Möglichkeiten überfordern kann, so eröffnet sie in angemessener Dosierung eine völlig neue Welt an Einrichtungsideen und bringt Ihnen dabei vielleicht die ein oder andere Neuerung in Ihr zu Hause.

Welche Apps eignen sich zum Einrichten?
Hier kommen drei Planungsoptionen, die verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten mitbringen.

1. Roomle – der kostenlose, intuitive 3D-Raumplaner. Die eigene Wohnung einrichten mit iPad und Co. am PC, Laptop, iPad oder Smartphone - mit Roomle zeichnen Sie dreidimensionale Grundrisse und wählen im virtuellen Katalog aus über 2.500 Möbelstücken aus. Darunter finden Sie auch Einrichtungsgegenstände von bekannten Herstellern wie IKEA, Stressless und Küchenquelle. Roomle arbeitet mit der Augmented-Reality-Funktion. Außerdem können Sie Ihre erstellte Traumwohnung auf Social Media oder per E-Mail mit Familie und Freunden teilen. Highlight für Apple-Nutzer: Mit der Roomle-App für iOS können Sie Ihre neue Wohnung scannen und bekommen von der App einen passenden Grundriss präsentiert. Finanzieller Hinweis: In der kostenlosen Roomle-Version für iOS sind nicht alle Funktionen verfügbar - mehr Optionen bietet die Version für den Browser. 

2. Homestyler – echte Fotos einbinden. Am PC oder Laptop erstellen Sie mit Homestyler einen Grundriss Ihrer Wohnung in 2D. Wandhöhe oder -dicke kann individuell angepasst werden. Im nächsten Schritt gestalten Sie die Räume nach Ihren Wünschen. Denn auch der Katalog von Homestyler greift auf Produkte realer Anbieter zurück. Fotos ihrer neuen Wohnung können Sie als Hintergrundbild hochladen. Zudem ist es ebenfalls wie bei der App Roomle möglich, Ihren erstellten 2D-Grundriss und Ihr 3D-Design mit Familie und Freunden zu teilen. Für iOS und Android gibt es ein besonderes Schmankerl der mobilen Homestyler-Variante: Sie können mit Ihrem Smartphone ein Foto Ihres neuen Zimmers aufnehmen und es virtuell einrichten. Fügen Sie einfach die dreidimensionalen Objekte aus dem Katalog Ihrem Foto hinzu. Die Basisversion ist kostenlos.

3. Houzz – Inspirationsquelle für Ihre Einrichtung. Für alle, die noch auf Inspirationssuche für die eigene Möblierung sind, ist die Houzz-App für Android und iOS genau das Richtige. Sie haben Zugriff auf über 18 Millionen Interior-Fotos anderer Nutzer – von Farbschemen über Stauraum-Ideen bis hin zu individuellen Möbelinspirationen. Der Clou: Die besten Ideen speichern Sie in Ihren Ideenbüchern ab. Houzz ist eine App zum Stöbern. Denn niemand kann einen Raum ohne Ideen planen. Entdecken Sie neue Wohntrends, Vorher-Nachher-Vergleiche, Badezimmer-Makeover und weitere Wohninspirationen. Auch bei Houzz können Sie Ihre neue Wohnung virtuell einrichten. Für die Sketch-Funktion laden Sie eigene Fotos hoch und fügen Produkte oder Maßangaben hinzu. Die Houzz-App für private Gestaltungsprojekte ist kostenlos.

Das Grundprinzip der Raumplaner Online-Plattformen
Browserbasierte Gestaltungsvarianten können online im Browser von PC oder MAC aufgerufen werden. Das Prinzip ist ähnlich der Apps: Durchklicken, Raumplan erstellen und speichern. Fast immer ist dafür eine kostenlose Anmeldung erforderlich. Eine 3D-Darstellung des entworfenen Raumes gehört bei den meisten Planern mittlerweile zum Standard. Oftmals bieten Browser-Versionen mehr Optionen, die am PC/Laptop umgesetzt werden können als in den dazugehörigen Apps.

Raumplaner-Online-Plattformen
Roomsketcher: Mit dieser deutschsprachigen Variante können professionelle 2D- und 3D-Entwürfe erstellt werden. Mit konfigurierbaren Standard-Möbeln (keine Markenmöbel) sind Sie mit dem Drag & Drop-Prinzip in der Lage, eine erste Vorstellung von Ihrem Raumprojekt zu bekommen. Zudem hat Roomsketcher eine Kamera-Funktion: Bewegen Sie dazu das kleine Icon der Software im Raum hin und her und machen Sie somit Momentaufnahmen Ihrer Einrichtung. Die Grundversion ist kostenlos und bis zur 2D-Darstellung ohne Anmeldung möglich. Darüber hinaus ist eine Anmeldung für die 3D-Darstellung erforderlich. Zudem gibt es kostenpflichtige Profifunktionen, die jedoch für den privaten Gebrauch eher unüblich sind.

Roomstyler: Diese Plattform arbeitet ähnlich wie Roomsketcher und Homestyler. Hier können Sie Ihr zu Hause mit „echten“ Markenmöbel einrichten. Gestalten Sie hier Ihr eigenes Moodboard. Dies ist eine gute Basis zum Ausprobieren, ob Farben, Muster, Möbel und Accessoires später in der Wohnung zusammen passen. Schwerpunkt liegt bei Roomstyler auf „Inspire and be Inspired“ - einer Community, in der jeder seine Raumplanung zeigen darf. Kleiner Haken: Nur englischsprachig, soll sich jedoch intuitiv bedienen lassen.

Raumplanung mit Virtual Reality
Dank unseres Exkurses können wir direkt loslegen. Mit Roomle ViewR - für Tablets (Apple und Android). Was benötigen Sie dafür? Die Roomle-App, den regulären Roomle Raumplaner und eine VR-Brille, zum Beispiel Google Cardboard. Für die Virtual Reality-Funktion registrieren Sie sich und planen Ihren Raum per Browser, Tablet oder Smartphone mit dem regulären Roomle Raumplaner. Im Anschluss können Sie sich mit dem gleichen Account bei der Roomle ViewR-App einloggen und all Ihre Pläne virtuell begutachten. Die Optik: nicht sonderlich fotorealistisch, da sich die Technik noch in den Kinderschuhen befindet, aber ein 360-Grad-Blick und diverse Winkel-Ansichten sind möglich.

FAZIT:
Digitale Raumplaner helfen Ihnen dabei, sich Ihr Gestaltungsprojekt visuell vorstellen zu können, neue Inspirationen zu finden und sich auszuprobieren. Die Grundversionen sind meist kostenlos und halten eine mannigfaltige Auswahl an Einrichtungsstücken bereit. Ideal, um sämtliche Stellmöglichkeiten durchzuprobieren und am Ende Ihren Favoriten auszusuchen. Ob Sie auf eine App oder eine browserunterstützende Version zurückgreifen möchten, liegt ganz in Ihrer Entscheidung. Achten Sie darauf, Ihr Projekt wirklich anzugehen, anstatt sich in den Möglichkeiten der Platzierung zu verlieren. Und: Raumduft nicht vergessen! |Text: Stefanie Steinbach