Fusion Stadtwerke Augsburg und Erdgas Schwaben: Interview mit OB Dr. Kurt Gribl

Das Thema schürt immer mehr. Die Bürgerinnen und Bürger sind verunsichert und wissen nicht genau, um was es eigentlich genau geht. Am Sonntag, 12. Juli sollen sie dann zum Bürgerentscheid gehen. Wir haben mit Oberbürgermeister Dr. Kurt Gribl gesprochen und möchten einen genaueren Einblick in die doch komplexe Materie geben. Denn für Gribl steht einiges auf dem Spiel. Schließlich denkt er an die Zukunft und will eine Sicherheit für die Bürger haben.

eInterview mit Oberbürgermeister Dr. Kurt Gribl - Pro Fusion

TRENDYone: „Sicherheit durch Größe“ sagt ein Mitarbeiter auf einem Plakat, das am Straßenrand hängt! Ist das wirklich so? Die Gegner behaupten das Gegenteil.
Dr. Kurt Gribl: Wir stehen jetzt schon im Wettbewerb mit rund 200 anderen Unternehmen, die ihre Leistungen anbieten und wir unterliegen auch dem Konkurrenzdruck der großen Energieunternehmen. Der Zusammenschluss innerhalb der kommunalen Familie imprägniert uns gegenüber diesem Konkurrenzdruck und deswegen hilft uns die Größe, aber vor allem die Struktur der Thüga sehr gut weiter, weil sie ein Netzwerk darstellt zwischen rund 100 Stadtwerken. 
TRENDYone: Die Werbekampagne transportiert leider keine sachdienlichen Infos. Wäre es nicht besser gewesen, zu transportieren, was die Fusion dem Bürger und der Stadt bringt und warum man wählen gehen soll? 
Gribl: Es gibt unterschiedliche Aussagen innerhalb der Kampagne, es gibt Flyer, dort sind die Argumente für die Fusion im Einzelnen dargestellt. Es ist unmöglich aus unzähligen Unterlagen jedes einzelne Detail in der Kommunikation zu transportieren, aber in den Flyern sind die Informationen enthalten. Die Mitarbeiter sind Bestandteil der Kampagne die nach außen auch sehr wahrnehmbar wird, der Grund liegt darin, dass Mitarbeiter über ein Jahr lang hinweg die Materie genau untersucht haben, die Erkenntnisse selbst erarbeitet haben und deswegen ein besonderes Maß an Glaubwürdigkeit haben. Außerdem haben sie Angst um ihre Arbeitsplätze. 
TRENDYone: Warum wurden gerade die Mitarbeiter so sehr in die Kampagne mit einbezogen. Wessen Idee, die inzwischen ja sehr umstritten ist, war das?
Gribl: Ich bin absolut davon überzeugt, dass es eine gute Idee ist. Die Mitarbeiter sind es schließlich, die über ein Jahr hinweg jetzt genau untersucht haben, in welchen Feldern man Wertschöpfung betreiben kann und das Unternehmen voranbringen kann. Die Mitarbeiter kennen ihr Unternehmen und deswegen haben sie auch die größte Glaubwürdigkeit. Ich glaube, es ist keine politische Frage, sondern eine unternehmerische Frage, um die es hier geht. Und niemand könnte diese Frage besser beurteilen als die Mitarbeiter, deswegen ist diese Aussage richtig. Des Weiteren ist es auch deswegen richtig, weil man den Mitarbeitern ein Forum geben muss, wo sie sich äußern können. Die Mitarbeiter sind ja geradezu traumatisiert gewesen, weil alle möglichen Gruppierungen über das Unternehmen sprechen, sie selbst aber abhängig sind mit ihrem eigenen Arbeitsplatz, sich aber eigentlich nicht zu Wort melden durften. Von daher halte ich es für richtig, dass die Mitarbeiter das Wort haben. 
TRENDYone: Eine Mitarbeiterbefragung vor einigen Monaten ergab, dass eine knappe Mehrheit für die Fusion wäre. Ein großer Teil sprach sich aber auch gegen die Fusion aus. Warum denken Sie, sind die Mitarbeiter doch in der Mehrheit für die Fusion?
Gribl: Die Befragung der Mitarbeiter hat nur stattgefunden bei Erdgas Schwaben und der Energiesparte der Stadtwerke Augsburg, nicht in den anderen Teilbereichen der Stadtwerke. Sie liegt schon etwas zurück auf Anfang April.
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Zwischenzeitlich ist viel passiert, die Informationen sind besser und wir haben aktuelle Stellungnahmen der Betriebsräte der unterschiedlichen Unternehmen, die sich eindeutig für die Fusion aussprechen. Von daher können wir mit Fug und Recht sagen, dass die Mitarbeiter überwiegend für die Fusion sind. 
TRENDYone: Gehen bei einer Fusion Arbeitsplätze verloren oder werden welche geschaffen? Das ist schließlich die zentrale Frage, um die es sich für die Mitarbeiter dreht.  
Die wichtigste Aussage ist, dass die Mitarbeiter bei den Stadtwerken und bei Erdgas Schwaben eine Beschäftigungsgarantie für 8 Jahre bekommen, das heißt, es wird kein einziger Mitarbeiter gekündigt. Mit und ohne Fusion werden wir in den nächsten Jahren aber Stellen abbauen müssen, in einem sehr überschaubaren Umfang. Das hat schlicht und einfach damit zu tun, weil wir ansonsten nicht mehr wettbewerbsfähig wären. Aber ein Stellenabbau bedeutet nicht, dass Mitarbeiter gekündigt werden, sondern es wird Fluktuation, Altersteilzeit, Rente usw. genutzt und von daher ist es falsch, wenn man sagt, dass Mitarbeiter gekündigt werden. 
TRENDYone: Warum sind dann doch so viele (Menschen oder Parteien) gegen diese Fusion? 
Gribl: Weil die Gegeninitiatoren eine andere Ideologie haben, wie die zentrale Energiewende umgesetzt werden soll. Die Initiatoren wollten die Energiewende dezentral umsetzen in der Weise, das nicht mehr die Stadtwerke investieren, sondern viele kleine Unternehmen, was aber zur Folge hat, dass den Stadtwerken ein Geschäftsmodell weggenommen wird. Wenn die Stadtwerke nicht mehr investieren und nicht mehr Energie erzeugen und vertreiben, dann sind sie auf den Platz des Dienstleisters verwiesen und dann kann nicht genügend Geld verdient werden, um andere Leistungen der Stadtwerke bezahlen zu können. 
TRENDYone: Was hat die Stadt Augsburg von der Fusion, gibt es hier finanzielle Aspekte? 
Gribl: Die Stadt Augsburg hat ein hohes Interesse für ihre Bürger die Daseinsvorsorge insgesamt aufrecht zu erhalten. Wenn wir morgen mit der Energiesparte nicht mehr genügend Geld verdienen, dann haben wir erhebliche Probleme mit der Aufrechterhaltung des öffentlichen Personennahverkehrs, also mit Bus und Straßenbahn. Das lässt sich nicht allein über die Ticketpreise regulieren, unser Angebot würde schlechter werden. Von daher hat nicht nur die Stadt Augsburg etwas davon, sondern der Bürger unmittelbar.  
TRENDYone: Würden die Bürger gegen eine Fusion stimmen, könnte diese rechtlich trotzdem stattfinden? 
Gribl: Nein, wenn die Bürger gegen die Fusion stimmen, dann wird sie so nicht vollzogen. Die Bindungswirkung eines Bürgerentscheids dauert mindestens ein Jahr. Aber auch politisch wird es darüber hinaus keinen weiteren Anlauf geben, zumindest kann ich mir das nur schwer vorstellen. Nur dann, wenn es den Stadtwerken wirklich schlecht geht und man handeln muss, weil es gar nicht mehr anders geht. Wenn die Fusion nicht kommt, müssen wir uns anstrengen, auch so den Kopf über Wasser zu halten. 
TRENDYone: Sie denken also, das ist eine schwerere Aufgabe als mit der Fusion?
Gribl: Das ist mit Sicherheit eine härtere Aufgabe als mit der Fusion, weil wir als kleine Stadtwerke viele Herausforderungen überhaupt nicht bewältigen können. Beispiel: die zentrale Energiewende. Wie sollen wir in der Stadt Windräder aufstellen, Solarenergie, Biomassekraftwerke und der gleichen mehr, das ist schlicht und einfach unmöglich. Wir würden von vornherein in unseren Aktionsmöglichkeiten beschränkt sein. 
TRENDYone: Was erwartet den Stromkunden in Zukunft von einem großen Betrieb, sollte die Fusion kommen?
Gribl: Wenn wir die Fusion durchführen, dann sind wir wettbewerbsfähiger. Wettbewerbsfähiger heißt, wir können den Konkurrenzkampf und die Preisschlacht auf dem Markt bestehen und können den Strom damit voraussichtlich wettbewerbsfähiger und günstig für unsere Kunden aufrechterhalten. 
TRENDYone: Haben Sie das Gefühl, dass Augsburg ein schwieriges Pflaster ist für eine solche Fusion oder denken Sie, dass die nun auftretenden Probleme auch in anderen Städten hätten vorkommen können?
Gribl: Die kommunalen Unternehmen der ganzen Republik haben diese Entwicklung. Nicht umsonst gibt es bereits rund 100 Stadtwerkeunternehmen, die bereits mit der Thüga zusammenarbeiten, wie wir übrigens auch mit Erdgas Schwaben bereits seit 60 Jahren. Die Schlussfolgerung überlasse ich Ihnen, es ist in jedem Falle so, dass so etwas wie in Augsburg sonst noch nirgends zu beobachten war.  Vielen Dank für das interessante Gespräch.