Füssen diskutiert 5-Sterne-Hotel am Ludwigs Festspielhaus
Füssen diskutiert 5-Sterne-Hotel am Ludwigs Festspielhaus
„Sein oder Nichtsein"
Füssen, 17.Juni 2019…Es ist schwülwarm, die Bedienung kommt mit dem Ausreichen der Gertränke kaum nach, zusätzliche Stühle werden in den Saal geschafft und die Stimmung ist spürbar aufgeladen. Rund 400 Füssener Bürgerinnen und Bürger sind in Füssen ins Haus der Gebirgsjäger gekommen, um Teil zu haben an einer Podiumsdiskussion über die geplante Erweiterung des Ludwigs Festspielhaus um ein 5*-Sterne Hotel mit Tagungs- und Kongresszentrum. Es geht um nichts weniger als die Frage: Wird das im Jahr 2000 errichtete Ludwigs Festspielhaus zum schuldenbeschwerten Mühlstein, der die Stadt Füssen in ein schwarzes Loch zieht oder doch noch ein Leuchtturmprojekt, das die Region Ostallgäu in eine blühende touristische Zukunft führt?
Hochkarätige Gesprächsrunde
Geleitet wurde die Podiumsdiskussion von der bekannten Bayern 2 Moderatorin Jutta Prediger. Auf der Bühne konnte diese als Befürworter des Projekts den Eigentümer des Ludwigs Festspielhauses und gebürtigen Ostallgäuer Manfred Rietzler sowie den Unterstützer des Projektes Wolfgang Kühnl begrüßen. Begleitet wurden die beiden durch Dipl.Ing. Astrid Bohne und Dipl.Ing. Tom Krause vom Architekturbüro Architects Planners International aus Aachen, die für die geplante bauliche Erweiterung des Areals rund um das Ludwigs Festspielhaus am Westufer des Forgensees verantwortlich zeichnen. Als Gegner des Projektes waren der 1. Vorsitzende des Bund Naturschutz Ortsgruppe Füssen e.V. Michael Käs und der Pressesprecher und Schriftführer des Kreisfischereivereins Füssen e.V. Alexander Beck eingeladen. Ergänzt wurde die Gesprächsrunde durch die Rechtsanwältin Lisa Eberlein von der Kanzlei Meisterernst aus München.
Optimistische Befürworter
Die noch junge Geschichte des Festspielhaus Füssen ist keine glückliche. Bereits drei Insolvenzen von Betreibern des Musiktheaters, sind seit seiner Eröffnung mit der weltweit beachteten Uraufführung „Ludwig II.-Sehnsucht nach dem Paradies" zu verzeichnen. Ohne grundlegende Änderung am Gesamtkonzept ist ein weiterer Betrieb des Festspielhauses aus der Sicht der meisten Experten und Füssens 1. Bürgermeisters Paul Iacob nicht denkbar. Nun trat in der jüngsten Vergangenheit der Eigentümer des Ludwigs Festspielhauses Manfred Rietzler mit der Idee an die Öffentlichkeit, das Gelände rund um das Theater um ein 5*-Hotel mit eigenem Tagungs- und Kongresszentrum zu erweitern. Aus der Sicht des möglichen Investors könnte eine solche Ergänzung Füssen als überregionalen Kulturstandort weiterentwickeln und das Festspielhaus mit angeschlossener 5*-Premium-Hotellerie ein Vorbild als Musicalstandort für ganz Bayern werden. „Ein solcher Tagungs- und Kongresstourismus könnte die gesamte Stadt und die Region stärken.", ist sich Manfred Rietzler sicher. Naturschutzrechtliche Bedenken hatten die Befürworter des Projektes im Vorfeld nicht. Das Areal auf dem zur Jahrtausendwende das Ludwigs Festsspielhaus errichtet wurde, besteht aus künstlich aufgeschüttenem Kies und Biotope konnten sich dort auch deshalb nicht wirklich ausbilden, da das Wasser des Forgensees bekanntlich im Winter abgelassen wird. Erst im Frühjahr wird der See durch das Schmelzwasser des Lechs und der kleineren Ach wieder aufgefüllt. Im vergangenen Jahr blieb der größte künstlich angelegte Staussee Deutschlands aufgrund von Sanierungsarbeiten ohnehin trocken. „Selbstverständlich werden wir für den Fall des Hotelbaus entsprechende Ausgleichsflächen schaffen", so der Unterstützer des Projektes Wolfgang Kühnl am Abend im Soldatenheim. Rund 3.000 Quadratmeter Fläche sind vom Neubau des Hotels mit Tagungszentrum im 58.520.000 Quadratmeter großen Landschaftsschutzgebiet betroffen. Die Neuplanung des Hotels greift mit 28 Quadratmeter ins Landschaftsschutzgebiet ein. Dass das Hotel nicht von Füssen aus zu sehen sein wird, liegt an seiner geplanten Höhe, die drei Meter unter der Traufe des eigentlichen Festspielhauses liegt, wie es die Architekten Astrid Bohne und Tom Krause am Abend verdeutlichten.
Unterstützung durch Wirtschaftsbeirat Ostallgäu
Der Argumentation des Investors schließt sich neben Bürgermeister Paul Iacob auch der Wirtschaftsbeirat des Ostallgäus an. Sprecherin Ulrike Propach und Sprecher Josef Ambros befürworten den Bau eines 5*-Sterne Hotels am Westufers des Sees uneingeschränkt. Sie sagen: „Ein erneutes Scheitern des Festspielhauses hätte einen nicht gutzumachenden europaweiten Imageverlust für Füssen und den gesamten Landkreis zur Folge. Reizvolle Landschaft, intensive Naturerlebnisse und eine stark entwickelte Wirtschafts- und Tourismusstruktur stellen im Ostallgäu keine Gegensätze dar, sondern bedingen sich gegenseitig. Ein nachhaltiger Betrieb des Festspielhauses ohne weiteres wirtschaftliches Standbein wäre ohne das geplante Hotel wohl nicht möglich, wie es die vorangegangenen Insolvenzen auf tragische Weise gezeigt haben. Ein einheimischer Investor verdient es, unterstützt zu werden. Wir als Wirtschaftsbeirat fordern Bürgermeister Paul Iakob und den gesamten Füssener Stadtrat dazu auf, das Projekt positiv zu begleiten."
Gegner kommen zu Wort
Auch die Gegner des Hotelneubaus kommen am Abend zu Wort und legen ihre Bedenken gegen das Projekt dar. Für sie ist eine Bebauung der Landzunge am Zufluss der Ach ein zerstörerischer Eingriff in die bestehende Natur und fragen deshalb die Bevölkerung Füssens in ihrer Iniatiative: „Wollen wir das wirklich?". Sie befürchten, dass ein „riesengroßer Hotelbau von der Größe eines Kreuzfahrtschiffes" am Ufer des Forgensees, der zudem aus ihrer Sicht deutlich in das Landschaftsschutzgebiet hineinragt, das Landschaftsbild negativ beeinflussen wird. Für sie ist das betroffene Gebiet ein ökologisches Kleinod mit Auwald an der Mündung der Füssener Ach mit reicher Pflanzen- und Tierwelt. Eine Mehrheit im Saal mochte sich dieser Einschätzung nicht wirklich anschliessen. Axelander Beck, Sprecher des Kreisfischereivereins Füssen e.V. gibt zu bedenken, dass insbesondere das Unterwasserleben am Ufer der Füssener Ach massiv in Mitleidenschaft gezogen würde. „Es ist zu befürchten, dass es hier zum Verlust wertvoller Biotope für Kies-Laicher, Jungfische, Muscheln und Krebsen kommt.". Der Fischereiverein Füssen wäre mit seinem Fischereihafen ein zukünftiger Nachbar des 5*-Hotels. Insbesondere stört es die Naturschützer, dass aus ihrer Sicht die Debatte zum Bau eines 5*-Hotels bisher wenig transparent verlief. Konkret werfen Michael Käs und Alexander Beck dem Füssener Stadtrat vor, die wahre Grenze des Naturschutzgebietes und die Biotopkartierung entlang der Ach verschwiegen zu haben. Zudem bezweifeln sie, ob grundsätzlich ein rentabler Betrieb eines Festspielhauses dieser Größe mit der gegenwärtigen Programmqualität möglich sei. Sie werfen den Befürwortern vor, mit der Ausrichtung des lang gezogenen, überdimensionierten Baukörpers lediglich auf einen langen Schlossblick abzuzielen und fordern deshalb vor Ort die Errichtung eines Phantomgerüstes zur Veranschaulichung der wahren Größe des Baukörpers. Eine Besucherin im Saal fragt: „Was ist so schlimm daran, einen schönen Blick auf's Schloss zu haben?" Ihr Sitznachbar antwortet etwas ironisch: „Ich bin dafür, dagegen zu sein." Am Abend waren die Befürworter eines Hotelbaus in der Überzahl, wenngleich es am Abend auch eine beträchtliche Menge von Projektgegnern im Haus der Gebirgsjäger gab. Die Diskussion rund um das Ludwigs Festspielhaus geht somit in die nächste Runde.