Hausarrest: Ist das noch zeitgemäß?

Hinter verschlossener Tür

Oma Renate hat es damals so gemacht. Aber bei Oma Renate gab es auch vier Mal in der Woche in Fett getunkte Kartoffelpuffer, im Wohnzimmer durfte geraucht werden und alles erdenklich Essbare wurde in Alufolie gewickelt. Besonders in den 60er Jahren war auch der Stuben- oder auch Hausarrest eine bewerte Erziehungsmaßnahme. Aber heute wird fast nirgends mehr im Wohnbereich gequalmt. Heute achten wir auf Aluminium selbst in unseren Deodorants. Und statt Kartoffelpuffer gibt es veganes Avocado-Carpaccio. Wir nehmen dies zum Anlass, die Pädagogik des Hausarrestes zu hinterfragen und ob diese Methode gesetzlich überhaupt noch erlaubt ist. Ein paar Tipps und Alternativen zum Freiheitsentzug als Erziehungsmaßnahme haben wir ebenfalls bereitgelegt. Das interessiert vielleicht auch Oma Renate.

Die Gesetzeslage

Der Staat und das Gesetz schreiben Eltern nicht vor, wie sie ihre Kinder „richtig“ zu erziehen haben. Nur einige bestimmte Maßnahmen sind nach dem Gesetz verboten.
Der § 1631 Abs. 2 des BGB regelt, dass Kinder ein Recht auf eine gewaltfreie Erziehung haben. Unter Strafe stehen körperliche Züchtigung wie Schläge, aber auch psychische Bestrafungen. Hausarrest als Strafe bewegt sich in der rechtlichen Grauzone und kann unter Umständen strafbar sein. Dies ist dann gegeben, wenn der Hausarrest entwürdigend ist. Was genau darunter zu verstehen ist, regelt das Gesetz allerdings nicht. Wird das Kind eingeschlossen, auch nur über einen kurzen Zeitraum hinweg, dann ist dies gesetzeswidrig. Besonders kritisch wird es, wenn das Kind von gemeinsamen Mahlzeiten mit der Familie ausgeschlossen werden soll.

Was gibt es zu beachten?

Pädagoginnen und Pädagogen raten davon ab, einen Hausarrest zu verhängen. Die Gefahr einer solchen Strafe besteht darin, dass Kinder sich nur noch mit der von ihnen als ungerecht empfundenen Bestrafung beschäftigen und sich nicht damit auseinandersetzen, dass eigentlich ihr Verhalten Auslöser der elterlichen Maßnahme war.

Der Hausarrest verbleibt in der Regel ohne positive Wirkung. Im Gegenteil: Sie können Ihrem Kind damit sogar schaden. Durch die Ausgangssperre des Kindes wird es in seinem Bewegungsdrang gebremst. Anstatt sportliche Betätigung im Freien zu fördern, ist das Kind gezwungen, sich Tätigkeiten im Haus oder gar im Zimmer zu suchen. Stundenlange TV-Sessions sind häufig Folge der in Frage gestellten Erziehungsmaßnahme.

Viele Kinder fühlen sich zudem ungerecht behandelt, da es keinen logischen Zusammenhang zwischen schlechtem Benehmen und dieser Strafe gibt. Sollten Sie eine Ausgangssperre verhängen, legen Sie in jedem Fall Ihre Gründe offen und sprechen Sie mit dem Kind darüber.

Beim Hausarrest handelt es sich um eine reine Demonstration von Macht, die von Erziehenden gegenüber dem Kind ausgeübt wird. Häufig werden mit dieser Maßnahme nicht nur die unmittelbar betroffenen Kinder vorgeführt, sondern auch Geschwister oder Freunde. Dürfen durch den Arrest Freunde nicht besucht werden oder ist der Familienausflug gestrichen, werden Unbeteiligte mit in die Strafe hineingezogen.

Wann ist Hausarrest sinnvoll?

Hausarrest kann dann sinnvoll sein, wenn es sich nicht um eine Bestrafung, sondern um eine Schutzmaßnahme handelt. Soll Ihr Kind vor schlechtem Umgang bewahrt werden, ist ein Hausarrest möglicherweise angebracht. Diese Maßnahme sollte aber nicht angewendet werden, wenn Eltern der Umgang des Kindes nicht passt, sondern nur dann, wenn wirklich Gefahr im Verzug ist. Kinder müssen ihre eigenen Erfahrungen sammeln, auch negative Erlebnisse gehören zum Älterwerden dazu. Um negative Einflüsse zu erkennen, müssen diese erlebt werden. Aus der Summe aller Erfahrungen bilden Kinder ihre Persönlichkeit, Eltern können diesen Prozess nicht abnehmen, indem sie negative Erlebnisse und Kontakte vorenthalten.

Tipps und Alternativen

Bei der Kindererziehung ist eine Konsequenz einer Strafe vorzuziehen.
1. Konsequenz für ein unaufgeräumtes Zimmer könnte sein, dass, solange die Unordnung besteht, nichts Neues gespielt werden kann. Erst wenn das Zimmer aufgeräumt wurde ist wieder Platz für ein gemeinsames Spiel.
2. Ihr Kind wehrt sich gegen Hausaufgaben? Dann kann es ohne diese in die Schule geschickt werden und dort direkt die Konsequenz (er)tragen.
3. Kommt Ihr Kind regelmäßig nach der Schule nicht wie vereinbart direkt nach Hause, holen Sie es von der Schule ab. Ihr Kind möchte mit Sicherheit selbstständig sein und nicht von der Mama oder dem Papa abgeholt werden.

Extratipp mit einem Schmunzeln: Aufs Taschentuch spucken und vor dem Einsteigen einen imaginären Krümel vom Gesicht des Kindes wischen. Wirkt Wunder.

Um Fehlverhalten zu vermeiden, sollten auch die geltenden Regeln überprüft werden. Sind alle aufgestellten Gebote logisch und nachvollziehbar? Zudem sollten Eltern nur an Regeln festhalten, die unbedingt nötig sind und nicht an solchen, die „aus Prinzip“ gelten. | Text: Stefanie Steinbach