Herilo – Die Rockoper begeistert beim großen Finale in Kaufbeuren
Ein musikalisches Gesamtkunstwerk über Frieden, Liebe und die Kraft des Zusammenhalts – mit Herzblut inszeniert und emotional gefeiert
Ein Hauch von Gänsehaut lag am Sonntagabend in der Luft, als sich der Vorhang zum letzten Mal für Herilo – Die Rockoper hob. Die Energie Schwaben Arena, eigentlich Heimspielstätte des ESV Kaufbeuren, verwandelte sich an diesem Abend erneut in ein modernes Musiktheater – und bot den perfekten Rahmen für eine Inszenierung, die mit künstlerischer Wucht, emotionaler Tiefe und technischer Raffinesse nachhaltig beeindruckte.
Bereits beim Betreten der Arena spürte man, dass hier etwas Außergewöhnliches auf das Publikum wartete. Die monumentalen LED-Wände, das fein abgestimmte Lichtkonzept und der opulente Sound aus Live-Orchester, Rockband und Chor schufen eine fast cineastische Atmosphäre – kraftvoll, mitreißend, aber nie überladen. Die Zuschauer, rund 1.500 an der Zahl, erlebten eine Inszenierung, die mit viel Herzblut, lokalem Bezug und professioneller Umsetzung zum Leben erweckt wurde.
Im Zentrum der Handlung steht Herilo, ein junger Mann aus dem 9. Jahrhundert, der im Krieg alles verliert und sich daraufhin als Einsiedler in den Wäldern niederlässt – nahe jenem Ort, der später zu Kaufbeuren werden sollte. Diese historische Erzählung wurde klug mit einer modernen Gegenwartsgeschichte verwoben, in der eine Rocksängerin auf Spurensuche in einem alten Wirtshaus auf den Mythos Herilo stößt. Vergangenheit und Gegenwart verschmelzen – musikalisch wie inhaltlich – zu einem stimmungsvollen Gesamtkunstwerk.
Darstellerisch überzeugte vor allem Danny Wohlrab in der Titelrolle mit Präsenz und Ausdruckskraft. Ihm zur Seite standen unter anderem Dan Lucas, der mit seiner kraftvollen Stimme glänzte, sowie Thomas Wohlfahrt, dessen Performance unter die Haut ging. Gitarrist Frank Pané (von der Band Bonfire) verlieh der Produktion echtes Rock-Feeling, während Christian „Adi“ Adolf nicht nur die musikalische Leitung übernahm, sondern als Erzähler auch emotional durch die Handlung führte.
Sehr stark präsentierten sich Julia Haug und Lydia Pané , deren stimmliche Brillanz, emotionale Tiefe und beeindruckende Bühnenpräsenz die Inszenierung auf ein noch intensiveres Niveau hoben – kraftvoll, sensibel und absolut überzeugend
Besonders charmant: Zwei Spieler des ESV Kaufbeuren traten als Mönche auf – ein liebevoller Seitenhieb auf die ungewöhnliche Spielstätte. Dieser Humor, gepaart mit der tiefen Emotionalität der Musik und Geschichte, trug maßgeblich zur dichten Atmosphäre bei, die das Publikum spürbar berührte. Die stehenden Ovationen am Ende des Abends sprachen Bände – hier ist etwas gewachsen, das weit über ein einmaliges Event hinausweist.
Doch Herilo ist weit mehr als eine historische Erzählung. Die Themen, die hier mitschwingen, könnten aktueller kaum sein. Gerade in einer Zeit, in der die Welt von Kriegen, Unsicherheit und gesellschaftlicher Spaltung geprägt ist, entfaltet die Geschichte eine ganz neue Strahlkraft. Es geht um Frieden, um Menschlichkeit, um Verantwortung – für sich selbst, für andere, für die Gemeinschaft. Es geht um Selbstbestimmung, um die Frage, wie sehr wirtschaftliche Verhältnisse unser Leben prägen – und natürlich um die Liebe. Eine Liebe, die nicht nur zwischen zwei Menschen existiert, sondern auch im Miteinander, im Team, im gemeinsamen Schaffen.
Diese Energie war auch nach der Show spürbar. Die Künstler*innen blieben nahbar, tauschten sich mit dem Publikum aus – keine Spur von Glamour-Distanz. Im Gegenteil: Man spürte, dass hier aus Kollegen eine Familie geworden ist. "Ich bin einfach unglaublich glücklich", sagte Christian Adolf, Komponist und musikalischer Leiter der Produktion, mit glänzenden Augen. Markus Mölzer, Produktionsleiter, brachte es auf den Punkt: „Wir sind alle unglaublich zufrieden.“ Und Danny Wohlrab, Hauptdarsteller und kreativer Motor hinter Herilo, wurde beinahe sentimental: „Es war unbeschreiblich, aber ich bin auch traurig, weil es zu Ende ist. Es war so ein Spirit zwischen uns im Team. Und wir sind ja fast alle aus einer Ecke… ich glaube fast, dass es nicht das letzte Mal war, dass wir etwas zusammen machen.“
Man wünscht sich als Zuschauer fast instinktiv, dass diese Geschichte weitergeht – auf der Bühne, aber auch in unserer Welt. Denn Herilo ist nicht nur ein künstlerisches Projekt. Es ist ein emotionaler Appell für ein Miteinander statt Gegeneinander. Für ein Zuhören statt Urteilen. Und für die Erkenntnis, dass selbst ein Mann aus dem 9. Jahrhundert heute noch viel zu sagen hat.