Hochkarätige Referenten sprechen im Klinikum Memmingen über Therapiemethoden
Wenn Kinder bereits vor der Geburt operiert werden
Noch ungeborene Kinder mit einer schweren Rückenmarksschädigung, im Volksmund „offener Rücken“ genannt, können heutzutage bereits im Mutterleib operiert werden, um spätere körperliche Behinderungen zu vermeiden. Über diese Operationen am Lebensanfang und weitere Krankheiten im Früh- und Neugeborenenalter sprachen hochkarätige Referenten beim Herbstsymposium des Perinatalzentrums Allgäu unter Federführung des Klinikum Memmingen
Der Ductus
Oberarzt Dr. Bernd Beedgen von der Neugeborenen-Intensivstation des Universitätsklinikums Heidelberg informierte über Neu- und Frühgeborene, bei denen sich der Ductus, also die Verbindung zwischen Lungenschlagader und Körperschlagader, die im Kreislauf des ungeborenen Kindes normal und lebensnotwendig ist, nach der Geburt nicht automatisch verschließt. Über den Ductus wird im Mutterleib das Blut aus der rechten Herzkammer unter Umgehung der Lunge in die Körperschlagader gepumpt. Normalerweise verschließe sich bei reifen Neugeborenen dieser Ductus innerhalb von Stunden bis Tagen nach der Geburt von selbst. Bei sehr unreifen Frühgeborenen bleibe er dagegen in vielen Fällen offen. „Es gibt Kinder, die tolerieren diesen offenen Ductus ohne negative Folgen, bei anderen wiederum treten schwere Komplikationen auf, wie Lungen- oder Hirnblutungen, spastische Bewegungsstörungen bis hin zu erhöhter Sterblichkeit“, so Beedgen. Deswegen sei es wichtig, diese Risikokinder schon sehr früh zu identifizieren.„Bei Kindern, die erst fünf Stunden alt sind, kann man schon ziemlich genau vorhersagen, welches Probleme bekommen wird und welches nicht“, erklärte Beedgen, der sich dabei der Blutdruckmessung und einer Ultraschalluntersuchung des Herzens bedient. Therapiert, also verschlossen, könnte der Ductus mit Hilfe von hochdosierten Medikamenten werden, die zwar zu einer vorübergehenden Einschränkung der Nierenfunktion führen würden, „aber nicht zu einer dauerhaften Niereninsuffizienz“. Auch hätten die Kinder keine langfristigen, negativen Folgen dieser Hochdosistherapie. Hingegen kann das Offenbleiben des Ductus überlebensnotwendig sein für Neugeborene mit kritischen Herzfehlern, wie Kinderkardiologe Prof. Dr. Markus Khalil vom Universitätsklinikum Gießen erklärte. „Denn mit Verschluss des Ductus verschlechtert sich meist der Zustand eines Neugeborenen oder wird sogar lebensbedrohlich“, so Khalil, der über die Behandlung kritischer Herzfehler im Früh- und Neugeborenenalter referierte. „Zum Überleben dieser Kinder ist oft ein chirurgischer Eingriff oder ein Eingriff mittels Katheter notwendig“, so der Oberarzt.