Ist das noch Sport?!

Heiße Debatte um E-Sport

Für viel Aufsehen und hitzige Diskussionen sorgte kürzlich ein Gutachten, das vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) in Auftrag gegeben wurde: Dieses kommt nämlich zu dem Schluss, dass E-Sport grundsätzlich kein Sport ist. Doch warum dann der ganze Hype? Weil es sich wie Sport anfühlt, aber keiner ist? Was spricht denn eigentlich dafür – und was dagegen?

Bereits im Frühjahr 2018 hatte die Bundesregierungdie Förderung von E-Sport in ihren vorläufigen Koalitionsvertragaufgenommen und sogar von der „Schaffung einer olympischen Perspektive“ gesprochen. Seitdem herrscht Streit um die Anerkennung von E-Sportals Sport, zumal die Politik wenig später zurückruderte und auf die Autonomie der Verbände bei der Anerkennung von Sportarten verwies.

Zwei Arten von E-Sport

Grundsätzlich unterscheidet der DOSBzwischen Sportartensimulationen und den als eGaming bezeichneten sportfernen Spielen (virtuelle Kartenspiele,League of Legendsetc.). Das bekannteste Beispiel für eine Simulation ist das Fußballspiel FIFA, das sich eng am eigentlichen Sport orientiert und Potenzial für die Weiterentwicklung von Vereinen und Verbänden bietet.
 

Hohe Beliebtheit

E-Sport gilt mittlerweile als weltweites Phänomen, das Millionen Spieler und Fans zusammenbringt, sogar Stadien füllt und teilweise lukrativer als viele traditionelle Sportarten ist. Beispielsweise erhielten die Gewinner des jährlichen Dota-2-Turniers The International stolze 15,6 Millionen US-Dollar.  Auch in Deutschlandwird das Interesse von Sponsoren, Zuschauern und Medien immer größer. Zuletzt traten E-Sportler in Kölnbeim Counter-Strike gegeneinander an – in der ausverkauften Lanxess-Arenaund mit Millionen Zuschauern zuhause.
 
Zudem steigt die Akzeptanz von E-Sport in der Bevölkerung. Nach Umfragen des Branchenverbands Game kennen inzwischen zwei Drittel der Bundesbürger E-Sport, etwa jeder fünfte deutsche Gamer kann sich darüber hinaus vorstellen, in Zukunft selbst bei E-Sport-Events anzutreten.
 

Gutachten verhindert gemeinnützigen Status

Das bereits erwähnte 120 Seiten umfassende Rechtsgutachten wurde vom DOSB bei einem Düsseldorfer Juristen in Auftrag gegeben. Das Ergebnis: Konsolenspiele stellen „keinen Sport im Sinne des geltenden Rechts“ dar, weil die körperlichen Anforderungen zu gering sind.
 
Aufgrund dieser Einschätzung wird dem Verlangen des E-Sports, als gemeinnützig anerkannt zu werden, eine deutliche Absage erteilt. Dieser Status brächte nicht nur steuerliche Vorteile und zusätzliche Fördermittel, sondern würde auch die Organisation von Turnieren erheblich erleichtern.
 

Was für eine Anerkennung spricht

E-Sport-Befürworter bemängeln bei den Argumenten des DOSB vor allem die Definition des Begriffes Sport durch die Körperlichkeit. So kann davon bei anerkannten Sportarten wie Dart, Billard, Schach oder Minigolf nicht wirklich die Rede sein. Verdeutlicht wird dies am Beispiel des Schützensports: Das Schießen mit echten Waffen scheint sportethisch in Ordnung zu sein, Strategie- oder Shooter-Spiele hingegen nicht. Auch in anderen Sportarten stehen weniger die Körperlichkeit, sondern vielmehr Geschick, kognitive Leistung und viel Training im Mittelpunkt – so wie beim E-Sport auch. Zudem bestätigen sowohl Fitness-Trainer als auch Ärzte, dass E-Sport mental und körperlich fordernd ist. 

Clubs gründen eigene E-Sport-Mannschaften

Darüber hinaus weist die Szene schon längst ähnliche Organisations- und Fanstrukturen auf wie andere Sportarten – immer mehr traditionelle Sportvereine gründen mittlerweile eigene E-Sport-Abteilungen. Eine starke Entwicklung verzeichnet auch der Amateurbereich: Laut dem eSport-Bund gibt es alleine in Deutschland mittlerweile mehr als 200 eingetragene E-Sport-Vereine. Die Spieler können von zuhause aus an Turnieren oder Trainingseinheiten teilnehmen. Zuschauen kann man auf Plattformen wie YouTube oder Twitch, allerdings fehlen eben gemeinsame Emotionen wie das kollektive Raunen oder der tosende Applaus im Stadion.

Was dagegen spricht

Neben diesem Aspekt wird von Kritikern oftmals angeführt, dass eben auch Gewalt verherrlichende Spiele oder das fernab der Realität handelnde Fantasy-Spiel League of Legends involviert sind. Laut den DOSB-Kriterien für Sport muss eine Sportart zudem eine „motorische Aktivität eines jeden zum Ziel haben, der sie betreibt". Die Bewegungen zum Steuern eines Controllers reichen daher bei weitem nicht aus – schließlich könnte man dann auch das Schreiben als Sport bezeichnen. Ein weiterer Punkt, der gegen die Gemeinnützigkeit spricht: Das Ausführen einer Sportart sollte eigentlich in der wirklichen Welt und nicht vor dem Bildschirm stattfinden.
 
Grundsätzlich ist die Debatte um E-Sport aber auch mit dem neuen Gutachten keineswegs beendet – es bleibt also spannend, wie es bei diesem kontroversen Thema weitergehen wird. |Text: Vera Mergle

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