Kaufen oder Mieten – die Grundsatzfrage

Glücklicher im Eigenheim?

Auf die eigenen vier Wände blicken, das Geschaffte bestaunen, alles genau so verwirklichen wie man es sich im optimalen Falle vorstellt: ein Immobilienkauf hat viele Vorteile. Doch sich ein Leben lang um genau dieses Eigentum kümmern – kann das nicht belastend sein? Also doch lieber Mieten? Genau diese Gedankenspiele gehen wohl in zahlreichen Köpfen vor. Wir fassen kompakt zusammen, was sich wann lohnt. 

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Bild: stock.adobe
Steigende Immobilienpreise, ein kräftiger Zinsanstieg – zwei Faktoren, die einen Immobilienkauf in den vergangenen Jahren und Monaten für viele zu einem immer unwahrscheinlicheren Vorhaben gemacht haben. Doch trotzdem scheuen viele den Schritt nicht und investieren in Wohneigentum. Allein der Grundgedanke „lieber jeden Monat in die eigene Tasche wirtschaften, als einen Vermieter zu unterstützen“ leitet viele Menschen, sich für den Wohnungs- oder Hauskauf zu entscheiden. Doch ab wann lohnt sich ein Invest wirklich?

Was ist billiger: Kaufen oder Mieten?

Ganz pauschal ist diese Frage nicht zu beantworten, aber: die Immobilie sollte generell abbezahlt sein, bevor das Rentenalter erreicht ist. Denn nur dann tritt der gewünschte Effekt ein, sich im Alter um Miet- oder Finanzierungskosten keine Gedanken mehr machen zu müssen. Leben Sie allerdings aktuell in einer sehr günstigen Mietwohnung und ist auch kein großer Mietanstieg wahrscheinlich, sieht die Planung schon wieder anders aus. 

Richtwert Kaufpreisfaktor

Um für sich selbst zu analysieren, ob sich ein Kauf lohnt, ist der Kaufpreisfaktor ein guter Indikator. Er vermittelt dem Käufer oder Investoren, in welcher Höhe Einnahmen über welchen Zeitraum mit der Immobilie generiert werden müssen, damit sich ein lohnenswertes Geschäft bietet. Je kürzer der Zeitraum, desto besser. 

Die vereinfachte Berechnungsformel für den Kaufpreisfaktor lautet: 

Voraussichtlicher Kaufpreis / Jahreskaltmiete

Müssten Sie also zum Beispiel 250.000 Euro in eine Immobilie investieren und der (Kalt-)Mietertrag für diese wäre pro Monat 800 Euro, ergibt sich ein Kaufpreisfaktor von 26,04. 

Generell ist bei Anwendung der Formel ein Ergebnis von etwa 20 oder sogar darunter sehr gut. Die finanzielle Belastung durch einen Kauf würde dann in etwa der Mietbelastung entsprechen. Aber: Bei dieser Rechnung liegt das Eigenkapital bei 20 Prozent und über 30 Jahre wird mit mehr als zwei Prozent getilgt. Apropos Eigenkapital: je höher dieses ausfällt, desto geringer wird der Zinssatz bei einer Finanzierung. 

Was diese doch sehr starre Kaufpreisfaktor-Formel jedoch außer Acht lässt, sind weitere Faktoren der Realität, wie: 

  • Mietpreisentwicklung
  • Wertsteigerung der Immobilie
  • Kreditkosten
  • Kaufnebenkosten
  • Instandhaltungskosten und erwarteter Anstieg der Instandhaltungskosten
Um ein wirklich vollumfängliches Bild über die Sinnhaftigkeit eines Immobilienkaufs zu erhalten, ist also eine ausführliche und kompetente Beratung und Berechnung durch einen Finanzierungsprofi angeraten. 

Online-Rechner helfen 

Doch auch online kann man sich bereits ein gutes Bild über die eigenen Optionen machen. Der „Mieten oder Kaufen“-Rechner von Immobilienscout24 zum Beispiel, errechnet anhand verschiedener Parameter die sinnvollsten Optionen. Zu den Faktoren zählen Lage der Immobilie, erwarteter Wohnzeitraum, maximale Warmmiete, die Sie zahlen würden, maximaler Kaufpreis, den Sie zahlen würden, Eigenkapital, Tilgungssatz, Sollzinsbindung, Kaufnebenkosten, Mietpreisentwicklung, Alternative Kapitalanlage, Instandhaltungskosten und Wertsteigerung der Immobilie.

Wieviel Immobilie kann ich mir leisten? 

Wen der Gedanke „Eigenheim“ partout nicht mehr loslässt, den quält schnell die Frage „Wie teuer darf eine Immobilie für mich eigentlich sein?“. Auch hier gibt es keine ganz pauschale Antwort, aber die oben genannte Preisrechner helfen schnell weiter. Wichtig zu wissen: Neben den Finanzierungskosten sollten Sie zwingend auch die Nebenkosten einkalkulieren. In Wohnungseigentümergemeinschaften, also Mehrfamilienhäusern mit einzelnen Wohnungsbesitzern, schlägt monatlich zusätzlich das Hausgeld zu buche. Dies kann – je nach Anlage – schnell mehrere hundert Euro betragen. Wer ohne Wohnungseigentümergemeinschaft alleine für die Nebenkosten aufkommt, muss diese im Vorfeld genau kalkulieren. Gestiegene Energiekosten lassen die monatlichen Zahlungen aktuell nach oben schnellen, dazu gesellen sich Kosten für Abfall und Entsorgung, Wasser, Kabelanschluss und vieles mehr. 

Fünf Fragen neben den „Hard Facts“

Doch neben all diesen vor allem finanziellen Fakten, spielen natürlich auch andere Bedingungen eine Rolle, die je nach Leben und Zukunftsvorstellungen verschieden sein können. Hier einige Fragen, die Sie sich im Zuge einer Immobilienentscheidung stellen sollten:  

1. Flexibilität

Wie flexibel möchten Sie sein? Als Mieter sind Sie das maximal, bei einem Jobwechsel in eine andere Stadt sind „alte Zelte“ schnell abgebrochen. Wechseln Sie also häufig Ihre Homebase oder können Sie sich vorstellen künftig noch in anderen Städten und Regionen zu leben? Dann ist eine Mietwohnung eher eine gute Lösung. Zieht es Sie allerdings meist in Ballungszentren, herrscht dort im Regelfall Wohnungsmangel und die Mieten sind hoch. Die eingeredete Flexibilität ist also schnell dahin. 

2. Reparaturen

Sie haben zwei linke Hände und auch keine Lust auf Handwerken? Als Mieter kein Problem: Sie melden den Schaden, der Vermieter übernimmt Organisation und Kosten der Reparatur. Als Eigentümer sieht das anders aus. Natürlich können Sie auch hier Handwerker beauftragen, die Kosten bleiben jedoch in jedem Falle bei Ihnen hängen. Undichtes Dach, defekte Heizung, tropfender Wasserhahn – eine Immobilie kennt viele Wehwehchen. 

3. Modernisierung

Das eigene Zuhause so gestalten, wie man möchte. Am liebsten auch noch energieeffizient und nachhaltig. Als Eigentümer kein Problem – solange man sich an geltendes Recht hält und bei Umgestaltungsmaßnahmen z.B. auch statische Bedingungen mitbedenkt. Als Mieter sind die Maßnahmen zur Wohnungsverschönerung oder Modernisierung ziemlich begrenzt, selbst bei einer neuen Küche tun sich oft Hürden auf (falls der Vermieter eine Küche bereitgestellt hat und den Ausbau bzw. Tausch nicht genehmigt). Und wenn es um das Thema Energie geht können sich Mieter noch so lange den Mund fusslig reden: wenn der Eigentümer neue Fenster oder alternative Energiequellen für Heiztechnik nicht für notwendig erachtet und kein augenscheinlicher Mangel besteht, werden Ihre Wünsche als Mieter wohl nicht erhört. 

4. Gartenarbeit

Ein eigener Garten ist für viele ein Traum. Aber haben Sie sich schon mal ernsthaft Gedanken darüber gemacht, welcher Aufwand in der Pflege steckt? Für die größeren Aufgaben, wie z.B. einen fachmännischen Baumschnitt, ist nämlich im Regelfall der Eigentümer verantwortlich – also der Vermieter. Auch Schäden im Garten oder an Gartenanlagen werden nicht dem Mieter zu Lasten gelegt. Doch als Eigentümer bleibt die vollständige Instandhaltung der Grünfläche in Ihren Händen – inklusive Maschinen- und Materialbeschaffung zur Pflege. 

5. Nachbarschaft

Warum treffen sich die meisten Deutschen vor Gericht? Wegen eines Nachbarschaftsstreits. Schnell wird aus Themen wie Lärm, Gartenzaun, Baumwuchs oder ähnlichem ein handfester Streit, der sich ohne Richter nicht mehr lösen lässt. Als Mieter sagen Sie nervigen Nachbarn einfach „Adieu“, denn im schlimmsten Falle ziehen Sie einfach um. Als Eigentümer geht das erstens nicht wirklich schnell und zweitens können „höllische Nachbarn“ auch den Kaufpreis Ihrer Immobilie mindern. Bevor Sie sich also für den Kauf einer Wohnung oder eines Hauses entscheiden, prüfen Sie genau, wer sich rechts, links, ober und unter Ihnen tummelt. 

FAZIT: 

Ob ein Immobilienkauf Sinn macht oder nicht, lässt sich nicht ad hoc beantworten. Neben finanziellen Aspekten sind auch Zukunftsplanungen und vor allem auch das Bauchgefühl entscheidend. Möchte ich mich fix an einen Ort binden? Fühle ich mich in der Lage, mich eigenverantwortlich um die Instandhaltung einer Wohnung oder gar eines Hauses zu kümmern? Bleibt mir ausreichend finanzieller Spielraum, damit ich ruhig schlafen kann? Die Berechnung des Kaufpreisfaktors und auch verschiedene Onlinerechner bringen hier schnell Licht ins Dunkel. Aber die finale Entscheidung trifft oftmals nicht nur der Kopf, sondern auch der Bauch. Unsere 5-Fragen-Liste hilft bei der Orientierung.

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