Kurzarbeit wegen Corona: Was Arbeitnehmer jetzt wissen müssen

Bewährtes Mittel während der Corona-Krise

Aufgrund der Corona-Krise ist Kurzarbeit derzeit für Arbeitnehmer das beherrschende Thema – bereits Mitte April hatte laut der Bundesagentur für Arbeit etwa ein Drittel aller dazu berechtigten Unternehmen Kurzarbeit für ihre Mitarbeiter oder zumindest einen Teil davon beantragt.

Bereits während der Finanzkrise wurde vielfach auf Kurzarbeitergeld zurückgegriffen. Allerdings hat der Gesetzgeber im Vergleich zu damals für weitere Erleichterungen gesorgt – schließlich geht die Bundesregierung davon aus, dass wegen der Corona-Krise über zwei Millionen Arbeitnehmer in Kurzarbeit gehen müssen. Vor allem die Eventbranche sowie die Bereiche Gastronomie, Tourismus und der Einzelhandel sind besonders stark betroffen.

Den neuen Regelungen zufolge ist die Beantragung von Kurzarbeitergeld bereits möglich, sobald zehn Prozent der Beschäftigten eines Betriebes vom Arbeitsausfall betroffen sind – davor musste mindestens ein Drittel der Mitarbeiter betroffen sein. Außerdem wird auf den Aufbau negativer Arbeitszeitkonten verzichtet. Darüber hinaus können auch Beschäftigte in Zeitarbeit Kurzarbeitergeld beziehen und der Urlaubsanspruch bleibt davon unberührt.

Was ist Kurzarbeitergeld?
Kurzarbeitergeld ist grundsätzlich eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung. Ein Anspruch darauf besteht unter der Voraussetzung, dass der entsprechende Arbeitsgeber die regelmäßige Arbeitszeit kürzt und dies der zuständigen Agentur für Arbeit angezeigt hat. Für gewöhnlich wird aus konjunkturellen Gründen auf Kurzarbeitergeld zurückgegriffen, also aufgrund einer schlechten wirtschaftlichen Lage des Betriebs. Durch das Kurzarbeitergeld soll zumindest teilweise der Verdienstausfall ausgeglichen werden – gleichzeitig kann so der Arbeitsplatz erhalten bleiben, obwohl der Betrieb aufgrund der Lage normalerweise Mitarbeiter entlassen müsste.

Zudem können Arbeitgeber das sogenannte Saison-Kurzarbeitergeld beantragen, beispielsweise wenn in Baubetrieben aufgrund von mangelnden Aufträgen oder schlechtem Wetter nicht gearbeitet werden kann. Des Weiteren gibt es auch noch das Transfer-Kurzarbeitergeld, in einzelnen Fällen kann die Arbeit sogar ganz eingestellt werden („Kurzarbeit auf Null“).

Wie beantrage ich Kurzarbeitergeld?
Als Arbeitnehmer müssen Sie nicht selbst das Kurzarbeitergeld beantragen – der Arbeitgeber zeigt nämlich die Kurzarbeit an. Demzufolge zahlt auch der Arbeitgeber und nicht die Agentur für Arbeit das Kurzarbeitergeld ganz normal auf Ihr Konto ein.  Bestimmte Personengruppen haben in der Regel keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld: dazu zählen Auszubildende, Rentner, Bezieher von Krankengeld sowie Minijobber.

Wie hoch ist das Kurzarbeitergeld?
Die Höhe des Kurzarbeitergeldes richtet sich danach, wie hoch der finanzielle Verlust nach der Zahlung von Steuern ausfällt. Grundsätzlich werden etwa 60 Prozent des ausgefallenen Nettoentgelts bezahlt, wenn mindestens ein Kind mit im Haushalt lebt, beträgt das Kurzarbeitergeld rund 67 Prozent. Im Internet lässt sich die genaue Höhe des Kurzarbeitergeldes ganz einfach berechnen.

Ein Rechenbeispiel
Ein kleines Beispiel zur Veranschaulichung: Familienvater Felix Müller verdient in seinem Beruf 3.000 € brutto, was etwa einem Nettolohn von gut 2.000 Euro entspricht. Wegen der Corona-Krise meldet sein Chef nun Kurzarbeit an und reduziert die Arbeitszeit von Felix um 50 Prozent – damit verdient er nur noch 1.500 Euro brutto, also etwa 1.100 Euro netto. Das ergibt eine Differenz von rund 900 Euro, die wiederum von der Bundesagentur für Arbeit teilweise ersetzt wird – in Felix‘ Fall zu 67 Prozent, da er Kinder hat. Somit bekommt er 603 Euro und liegt insgesamt bei 1.703 Euro. Wenngleich sich seine Arbeitszeit also um 50 Prozent gemindert hat, entsteht dem Familienvater auf seinem Konto lediglich eine Differenz von knapp 300 Euro.

Wie lange kann Kurzarbeitergeld bezogen werden?
Kurzarbeitergeld kann seit Januar 2016 für höchstens zwölf Monate bezogen werden. Falls Betriebe beispielsweise kurzfristig einen größeren Auftrag zu bearbeiten haben, können sie ihre Mitarbeiter vorübergehend wieder voll beschäftigen. Wenn im Anschluss erneut Kurzarbeitergeld ausgezahlt wird, hat sich die Bezugsdauer aber auch um diesen Zeitraum verlängert. Bei einer Unterbrechung der Kurzarbeit für mehr als drei Monate erneuert sich die Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes. Wenn der Arbeitgeber also die regelmäßige Arbeitszeit wieder kürzt, besteht ein weiterer Anspruch auf bis zu zwölf Monate Kurzarbeitergeld.

Kann ich mir etwas dazuverdienen?
Falls eine Nebentätigkeit bereits vor Beginn der Kurzarbeit ausgeübt wurde, erfolgt keine Anrechnung auf das Kurzarbeitergeld. Wenn Beschäftigte allerdings während des Bezugs von Kurzarbeitergeld eine Nebenbeschäftigung aufnehmen, liegt eine Erhöhung des tatsächlich erzielten Entgelts vor – dementsprechend wird das aus der Nebentätigkeit erzielte Entgelt entsprechend angerechnet. 

Allerdings gibt es hierbei eine neue Regelung, und zwar dann, wenn eine Nebentätigkeit in einem systemrelevanten Bereich aufgenommen wird. Dazu zählen unter anderem die medizinische Versorgung, Labordiagnostik und Apotheken, die Versorgung von Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sowie Güterverkehr, Lieferdienste, Lebensmittelhandel und -herstellung. In der Zeit vom 1. April 2020 bis zum 31. Oktober 2020 bleibt das Nebeneinkommen aus einer derartigen Tätigkeit anrechnungsfrei, soweit dieses Entgelt mit dem verbliebenen Ist-Entgelt das Soll-Entgelt nicht übersteigt. Ein Minijob, also auf 450 Euro-Basis, bleibt übrigens vollständig anrechnungsfrei.

Wie sieht es mit den Versicherungen aus?
Die Sozialversicherungsbeiträge werden bei Kurzarbeit von der Bundesagentur für Arbeit erstattet. Auch bei der Krankenversicherung gibt es keine Nachteile für Kurzarbeiter. So besteht der Versicherungsschutz von gesetzlich Versicherten während der Kurzarbeit weiter. Dies gilt auch dann, wenn während der Kurzarbeits-Monate die Arbeit ganz ruht und überhaupt kein Lohn fließt und ein Arbeitnehmer selbst keine Versicherungsbeiträge zahlt. 

Wenn Sie vor der Kurzarbeit in einem Unternehmen der privaten Krankenversicherung (PKV) versichert waren, dann bleiben Sie auch in der Kurzarbeit weiterhin privat versichert – selbst wenn sich durch die kürzere Arbeitszeit das Gehalt so verringert, dass Sie sich eigentlich (wieder) gesetzlich versichern müssten.

Übrigens: Wenn Sie während der Kurzarbeit krank werden, haben Sie Anspruch auf eine Fortzahlung des Kurzlohns für sechs Wochen – und zusätzlich auf die Fortzahlung des Kurzarbeitergeldes. Im Anschluss zahlt die Kasse dann Krankengeld: Dieses wird so berechnet, wie die Leistung auch in der Zeit vor der Kurzarbeit berechnet worden wäre.

Und wenn das Geld nicht reicht?
Wer besonders große finanzielle Probleme hat, kann auf ergänzende Sozialleistungen zurückgreifen. Dazu zählen etwa der Kinderzuschlag, die Grundsicherung (Arbeitslosengeld II) oder das Wohngeld, wobei sich die Leistungen gegenseitig ausschließen können. Hierfür empfiehlt sich eine genauere Beratung bei Experten.

Was müssen Eltern beachten?
Für Eltern gibt es weitere spezielle Regelungen, etwa für das Elterngeld. Dieses entspricht normalerweise 67 Prozent des durchschnittlichen Nettoentgeltes der letzten zwölf Monate. Dabei werden Lohnersatzleistungen, zu denen auch das Kurzarbeitergeld zählt, eigentlich nicht berücksichtigt. Das bedeutet, dass bei Kurzarbeitern der monatliche Durchschnittsverdienst, anhand dessen das Elterngeld berechnet wird, eigentlich geringer ist. Bundesfamilienministerin Giffey hat sich jedoch mit den Koalitionsfraktionen darauf geeinigt, dass das Kurzarbeitergeld nicht in die Berechnung des Elterngeldes mit einfließen soll. 

Was ist der Progressionsvorbehalt?
Kurzarbeitergeld an sich ist steuerfrei, aber eben unter Vorbehalt – dem sogenannten Progressionsvorbehalt. Progression heißt eigentlich, dass bei steigendem Einkommen auch mehr Steuern gezahlt werden müssen. Weil Kurzarbeitergeld zu den normalen Einkünften hinzugerechnet wird, sieht das Finanzamt hierbei ein steigendes Einkommen – der Steuersatz erhöht sich also.

Tipps für Arbeitnehmer
Ein Tipp lautet demnach, sich bereits jetzt eine Art Notgroschen zurückzulegen, damit eine eventuell fällige Steuernachzahlung im nächsten Jahr keine größeren Probleme verursacht. Am besten rechnen Sie sich mit dem Progressionsvorbehalt-Rechner vom bayerischen Landesamt für Steuern bereits jetzt aus, was in etwa auf Sie zukommen wird. Dieser Rechner eignet sich jedoch vor allem für eher einfache Sachverhalte, doch auch bei komplexeren Fällen haben Sie damit immerhin einen ungefähren Anhaltspunkt. Weitere Details kann dann ein Lohnsteuerhilfeverein oder ein Steuerberater klären. 

Wenn Ihnen das Sparen besonders schwer fällt, können Sie im Internet (beispielsweise auf finanztip.de) ebenfalls recherchieren, wie Ausgaben effektiv verringert und selbst mit einem schmalen Budget Rücklagen gebildet werden können. 

Wie geht das mit der Steuererklärung?
Weil Kurzarbeitergeld nicht von der Bundesagentur, sondern vom Arbeitgeber überwiesen wird, steht es auch auf der jährlichen Lohnsteuerbescheinigung. Alle Lohnersatzleistungen, die hier genannt sind, müssen in Anlage N der Steuererklärung eingetragen werden: Dort gibt es eine Zeile explizit für Kurzarbeitergeld bzw. andere Zuschüsse, Zuschläge und Aufstockungsbeiträge. Wenn Sie Kurzarbeitergeld von mehr als 410 € im Jahr erhalten haben, dann müssen Sie auf jeden Fall eine Steuererklärung abgeben – auch wenn Sie dies vorher noch nie gemacht haben.

Tipps für Kurzarbeiter:
  • Reserven für eventuelle Steuernachzahlungen zurücklegen
  • Mehrbelastung bereits im Vorfeld berechnen (mit dem Progressionsvorbehalt-Rechner vom bayerischen Landesamt für Steuern)
  • Nebenjob in Erwägung ziehen (vor allem in einem systemrelevanten Bereich)
  • Über ergänzende Sozialleistungen informieren (Kinderzuschlag, Grundsicherung, Wohngeld)
  • Ausgaben verringern und Rücklagen bilden (Tipps etwa auf finanztip.de)
  • Bei komplizierten Sachverhalten: Experten zu Rate ziehen